"Invasion": Keine Chance für den Weltfrieden

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Ab Freitag: Eine missglückte „Invasion“ der Körperfresser. In den Hauptrollen zu sehen: Nicole Kidman und Daniel Craig.

Nicole Kidman ist weniger das Problem, obwohl für die Rolle ungeeignet: In The Invasion, der vierten Verfilmung von Jack Finneys Sci-Fi-Roman „The Body Snatchers“, spielt die so unterkühlte Aktrice eine Ärztin, die keine Emotionen zeigen darf, um nicht aufzufallen unter den seelen- wie ausdruckslosen außerirdischen Invasoren. Das sorgte in den vorigen Verfilmungen für Spannungsmomente, hier sorgt es für Achselzucken: Wo ist die Herausforderung? Spielt sie schon?

Aber man kann Kidman kaum vorwerfen, dass sie eben Kidman ist, es passt aber zum generell akuten Mangel an Gefühl: Die Neuverfilmung beraubt sich der wirksamen organischen Zentralmetapher. Statt interplanetarischer Schoten, die die Menschheit buchstäblich im Schlaf übernehmen, indem sie humanoide Körper nachbilden, gibt es (im Stil von TV-Infomercials animierte und kommentierte) Mikroben in der Blutbahn. Übertragen durch Körperflüssigkeit: So es ganz schnell gehen muss, übergibt sich der Invasor ins Gesicht des Opfers – bezeichnend für die Subtilität des Films.

Verfilmung immer nach einem Krieg

Unheimlich an Finneys Allegorie war gerade ihre Wandelbarkeit samt gewachsener Bedrohung, auch in den Verfilmungen, alle ganz unterschiedlich trotz einer bemerkenswerten historischen Gemeinsamkeit: Sie kamen gleich nach einem Krieg. Don Siegels B-Film-Klassiker Invasion of the Body Snatchers erschien 1956, zwei Jahre nach Finneys Stoff, drei Jahre nach dem Koreakrieg. Philip Kaufmans gleichnamiges Remake folgte 1978, drei Jahre nach dem Fall von Saigon. 1993, zwei Jahre nach Ende der Operation Desert Storm, bedrohten Abel Ferraras Body Snatchers gleich eine Militärbasis.

In The Invasion ist nun zwar der Irak-Krieg samt Folgen via TV-Nachrichten omnipräsent, bleibt aber beinahe bedeutungslos. Aus gutem Grund war die mitschwingende Bedeutung der Alien-Körperfresser als „veränderte“ Heimkehrer (in etwa wie die gehirngewaschenen Korea-Veteranen in The Manchurian Candidate, 1962) nie die ausschlaggebende: Siegels Film wurde als antikommunistische wie als Anti-Kommunistenjäger-Parabel interpretiert (sogar als Allegorie auf Hollywoods Starsytem); bei Kaufman sah man New Age und Post-Watergate-Paranoia; bei Ferrara griff man zur Aids-Metapher.

Applaus für „postmoderne Feministin“

In The Invasion ist aber alles Oberfläche ohne Resonanz: Patriot heißt sogar überdeutlich das Raumschiff, das die Mikroben bringt. Ihre Verbreitung erzeugt unter anderem Weltfrieden, erst der Griff zur Waffe stellt wieder den „menschlichen“ Normalzustand her. Satirische Absicht ist da zu erahnen, die grobschlächtige Ausführung richtet aber nicht nur sie zu Grunde. Regisseur Oliver Hirschbiegel, der nach Der Untergang in Hollywood debütierte, ist nicht allein schuld.

Sein Film war 2006 fertig, nach Testvorführungs-Unmut überarbeiteten die Matrix-Brüder Wachowski, deren Geschöpf James McTeigue (V for Vendetta) inszenierte Zusatz-Action: vor allem Autostunts, aufgesetzt wie die um (Tempo-)Effekt bemühten Zeitsprünge. Handschrift (der Wachowskis) zeigt nur peinliches „Philosophieren“, etwa wenn sich Kidmans Figur als „postmoderne Feministin“ bezeichnet, dafür Applaus erntet. Der Rest ist so seelenlos, dass er von den Körperfressern stammen könnte. (Im Sucher Seite 31) hub

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.10.2007)

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