Rundfunk-Gebühren: ORF zwischen zwei Sesseln

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Der ORF will mehr werben dürfen. Und die Privatsender wollen 2008 an den Gebührengeldern teilhaben.

Donnerstagabend zeigte der ORF eine Sendung von der Werbewirtschaft für die Werbewirtschaft – außerhalb des Werbeblocks: Bei der „Top-Spot-Gala“ gewann die Agentur Lowe GGK dank ihrem Lotto-Spot mit dem treu apportierenden Hund die „Goldene Werbetrommel“.

In den anderen öffentlich-rechtlichen TV-Stationen des deutschsprachigen Raumes dürfen Werbespots oft nicht einmal dann ausgestrahlt werden, wenn die Wirtschaft dafür bezahlt: ARD und ZDF etwa müssen mit einem Werbeverbot ab 20Uhr leben. Die Schweizer SRG erwirtschaftet nur 23Prozent ihrer Einnahmen aus „kommerzieller Tätigkeit“. Der ORF aber finanziert sich je zur Hälfte aus Werbung und Rundfunkgebühren.

Beide Einnahmequellen aber werden Stück um Stück abgegraben: Die Werbebranche will aufgrund der rückläufigen Quote weniger für TV-Spots zahlen. Alternative Erlösmodelle (Online- und Mobile-Bereich) wollte Wrabetz zwar laut seiner Bewerbung zum Generaldirektor (2006) erschließen. Für Handy-TV (DVB-H) prognostizieren Mediaplaner derzeit allerdings magere Werbeerlöse.

„Vertraulich“ mehr Werbezeit

Deshalb verhandelt der ORF nun mit dem Verband Österreichischer Zeitungen (VÖZ) über eine Ausdehnung der Werbezeiten, die Werbezeiten-Vermarktung für Dritte und auch die umstrittene, 2002 verbotene Regionalradio-Ringwerbung (gemeinsame Werbeblöcke für die ORF-Regionalradios), meldet die Austria Presse Agentur. Generaldirektor Alexander Wrabetz bestätigt allerdings nur „vertrauliche Gespräche“, keine Inhalte.

An der zweiten Front, bei den Einnahmen aus den Rundfunk-Gebühren, lassen sich die Erlöse kaum noch steigern: Die Schwarzseherquote von drei Prozent ist in Österreich so niedrig wie kaum anderswo (EU-Schnitt: sieben Prozent). Einer Gebührenerhöhung 2008 wird die Politik wohl nicht zustimmen. Bei einer anstehenden Prüfung durch die EU-Kommission wird der ORF seine Finanzierung über Gebühren überhaupt rechtfertigen müssen. Und nun bestehen auch die Privatsender auf ihrem Anteil an GIS-Geldern: Ein Gebührensplitting ab 2008 wird von dieser Seite gefordert; die für Medien zuständige Ministerin Doris Bures (SPÖ) bastelt jedenfalls an einer neuen Medienförderung, dotiert aus Rundfunkgebühren.

Radarwarnungen bei Schweizern tabu

In der Schweiz wird ein Gebührensplitting bereits angewandt. Laut Schweizer Bundesamt für Kommunikation (Bakom) gehen 96Prozent der Rundfunkgebühren an die öffentlich-rechtliche SRG; vier Prozent bleiben für die Privatsender, das sind 31,3Millionen Euro. Diese werden auf die kommerziellen und freien TV- und Radiosender verteilt. Als Gegenleistung verlangt die Behörde – wie auch in Österreich – die Erfüllung eines Verbreitungs- und Programmauftrags. Dazugehört in der Schweiz aber auch das Verbot von Radarwarnungen im Radio.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 22.09.2007)

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