Pop

Zum Falco-Jubiläum: Junge Römer? Wiener Parvenüs!

Ist man wirklich nur neidig, wenn man Falco-Songs nicht mag? Zur aktuellen Nostalgie-Vermarktung.

Es wuselt wieder im Tross der Profiteure. Es gilt, den Mann hochleben zu lassen, der nun schon seit neun Jahren ein paar feet under liegt und sie immer noch gut nährt. Sie, das sind ein beleibter Ex-Labelboß, der so gerne Pop-Papst wäre, ein trauriges Filmer-Duo, das seit 30 Jahren die fünf gleichen Geschichten verkauft, ehemalige Mit-Musiker, peinliche Falco-Doubles, falsche Freunde, Medien mit unverstellter Gewinnabsicht. Es sind sie, die den angeblich in Österreich erfundenen Neidkomplex beklagen und dabei die Hand aufhalten. Ausgeübte Verlagsrechte, durchgesetzte Senderechte, Cash durch aufgewärmte Stories über einen, der Österreichs erster internationaler Popstar gewesen sein soll und geistig wie emotional dennoch nie aus Wien wegkam.

Falco brauchte Schulterklopfer, liebte die Gesellschaft von Hausherren-Söhnchen, von Parvenüs mit Working-Class-Background. Von ihnen war kein Ungemach zu befürchten, sie waren aus dem gleichen Stoff wie er, der Überflieger, dem es glückte, mit gelacktem Image und goscherter Attitüde – und unbestreitbarem Sprachgefühl – ein internationales Publikum zu bezirzen.

Fürchten musste er sich eher vor dem launenhaften Souverän namens Fan. Eben noch hatte Falco sieben Millionen Platten von „Der Kommissar“ verkauft und das locker eingespielte Album „Einzelhaft“ nachgeschoben, das ihn in Österreich an die Chartsspitze katapultierte. Dann die Überraschung: 2,8 Millionen Schilling hatte er sich „Junge Römer“ (1984), wieder mit Robert Ponger aufgenommen, kosten lassen. Doch die Platte floppte gewaltig. Das Pikante daran: Es war Falcos musikalisch beste, sie hat auch am wenigsten Patina angesetzt.

Wo ist der kritische Punkt im Leben Hans Hölzels anzusetzen, von dem an es bergab ging? War es der Tag, an dem er seinen Bürojob in der Pensionsversicherung in der Blechturmgasse aufgab? Der Abgang von der Musikhochschule nach einem Semester Bass? Der Pakt mit den schaurigen Brüdern Bolland? Seine Nummer eins in den USA? Das Schlimmste daran: Es war der verhasste Salieri-Mix, der international in die Charts schoss, die Abmischung, auf der Falcos charmante Raps in den Hintergrund verbannt waren. Das schmeckte schal wie Gratulationen zu einer erschummelten Matura.

Die danach aufgebaute Feindkulisse aus Neidern und Taschelziehern hat wohl mehr mit Falcos paranoider Verfasssung als mit der Wirklichkeit zu tun. Denn in der Realität machte der fesche Schmähbruder nicht bloß die schultergepolsterte Jugend kirre, sondern auch die ältere Generation, die stets davon beseelt war, dass Österreich wieder mehr Geltung in der Welt verschafft wird. Und sei es bloß in den Pop-Charts. Wer damals Falcos protzig-pathetische Lieder nicht goutierte, galt als unverbesserlicher Defätist, als Neider, als Anti-Patriot.

Doch es bleibt dabei: Wäre Hölzel nicht vom Kurs seines Meisterstücks „Junge Römer“ abgekommen, hätte er sich wohl den Strudel späterer Geschmacklosigkeiten erspart. So aber verweist die bizarre Hässlichkeit seiner von Ronnie Seunig in Auftrag gegebenen Grabstätte durchaus trefflich auf eine anfangs vielversprechende, letztlich aber grotesk misslungene Karriere. Schade.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 19.02.2007)

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