Alles wie geschmiert

(c) EPA (Herbert P. Oczeret)
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Nova Rock 2007. Das Rock-Festival bei Nickelsdorf hat die dritte Auflage ohne Verkehrschaos überstanden – aber auch ohne musikalische Highlights.

Im besten Fall eine solide Darbietung, im schlechtesten eine Enttäuschung – zwischen diesen Polen bewegte sich das Konzert-Programm des Nova Rock an den ersten beiden Tagen. Die adrett gekleideten Schweden-Punker „The Hives“ etwa – eigentlich berühmt für eine ekstatische Bühnenshow, bei der der Schweiß in Sturzbächen fließt – verließen die Bühne fast unversehrt, trotz brütender Hitze. Bis dahin hatten weder der miserabel gemischte Sound noch der eigenwillige Humor von Frontmann Pelle Almquist das Publikum erreicht.

Dass es auch anders geht, zeigten die US-Alternativ-Rocker „Incubus“. Klar und druckvoll erreichten die musikalisch anspruchsvollen Stücke das Publikum. Dass die komplexen, von der sanft-eindringlichen Stimme des Sängers Brandon Boyd getragenen Stücke manchmal etwas vom Wind verwehrt wurden, schadete der Intensität des Auftritts kaum. Weit mehr mit dem Wind zu kämpfen hatten da die Bands auf der chronisch unterbeschallten „Red Stage“. Mit einer energiegeladenen Performance, derben Ansagen und einfach gestrickten Songs spielten die Kanadier „Billy Talent“ gegen die Brise an und machten dort weiter, wo die „Hives“ aufgehört hatten. Das Publikum belohnte es, indem es der Versuchung „Smashing Pumpkins“ widerstand.

„Smashing Pumpkins“ sind zurück

Die Indie-Rock-Veteranen – oder: das, was übrig blieb – versuchten zeitgleich auf der größeren „Blue Stage“ mit einer bizarren Bühnenshow zu beeindrucken: Unter düsterer Neo-Dekoration lieferte ein weiß gewandeter Billy Corgan ein dramaturgisch unausgegorenes, aber technisch brillant vorgetragenes Gemisch aus Klassikern wie „Tonight“ und Nummern aus dem kommenden Album „Zeitgeist“. Dass die „Smashing Pumpkins“ mittlerweile zum Solo-Projekt von Leadsänger Corgan mutiert sind, der nun auch optisch einen Gott-Komplex zu entwickeln scheint, konnte an der dichten Atmosphäre kaum kratzen. Den Vergleich mit den Vorjahres-Headlinern „Metallica“ sollte der pumpkin samt Gefolge aber scheuen.

Am Samstag hielten die Veranstalter überwiegend härtere Kost für das konditionell leicht angeschlagene Publikum bereit: Die Pyro-Show der Kostüm-Monster „Lordi“ verpuffte – wie auch der überwiegende Rest des Auftritts – in der Nachmittagssonne. Erst bei „Stone Sour“, dem unmaskierten Nebenprojekt von „Slipknot“-Sänger Corey Taylor, kam wieder Bewegung in die müde Masse. Taylor kreischte, schwitzte und zuckte als gäbe es kein Morgen. Dem Publikum gefiel's.

Weit weniger Verständnis wurde da Marilyn Mansons musikalisch aufbereitetem Liebeskummer zuteil. Die ruppig-melancholischen Songs des aktuellen Albums „Eat me drink me“ wurden in stoischer Ruhe ausgesessen. Wenig Schminke, dezente Kostüme, keine halbnackten Mädchen – Manson bot eine auf Musik reduzierte Show. Beides war aber schon einmal besser. Nur Songs wie „Mobscene“ und Coverversionen von „Tained Love“ und „Sweet Dreams“ retteten die Stimmung vor dem absoluten Nullpunkt.

Ganz anders gingen eine Stunde zuvor „Linkin Park“ zu Werke. Das Crossover-Sextett aus Kalifornien ist, zumindest was die Live-Performance betrifft, erwachsen geworden und brachte mit wuchtig-klarem Sound die dicht gedrängte Masse zum Kochen. Und ließ selbst den Finalisten „Pearl Jam“ alt aussehen. Die Band um Eddie Vedder ereilte ein Schicksal, das paradigmatisch für das diesjährige Nova Rock Festival scheint: Trotz eines technisch einwandfreien Auftritts wollte der Funke nicht so recht überspringen. Aber vielleicht liegt es ja daran, dass das Nova Rock erwachsen geworden ist? War letztes Jahr noch ein Kraftakt nötig, um das Konzertgelände überhaupt zu erreichen, lief dieses Jahr alles wie geschmiert: Keine Staus, keine überfüllten Parkplätze, kein organisiertes Chaos – aber eben auch kaum musikalische Highlights.

FESTIVAL: Nova Rock 2007

Das Nova Rock ist das größte österreichische Rock-Festival. Dieses Jahr sollen insgesamt 160.000 Besucher auf die „Pannonia Fields II“ gekommen sein.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 18.06.2007)

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