Wo Familien vom Opium leben

Koka- oder Mohnbauern in der dritten Welt haben selten Alternativen.

WIEN. Das in Europa verwendete Heroin wird in erster Linie in Afghanistan produziert. Das Land im Mittleren Osten liegt weltweit an der Spitze bei der „Versorgung“ westlicher Staaten mit illegalem Opium. Allein im Jahr 2005 sollen davon 4100 Tonnen produziert worden sein.

Wolfgang Götz, Direktor der Europäischen Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht in Lissabon, erklärte vor kurzem: Afghanistan produziere „Heroin wie die Hölle“. Immer noch sei es nicht gelungen, den Lebensstandard der weitgehend armen Bauern zu heben und sie von Alternativen zum Mohn zu überzeugen.

Doris Buddenberg, Afghanistan-Expertin des UN-Büros für Drogen und Kriminalität (UNODC), schätzt, dass der Trend beim Anbau nach unten gehe. „Vorausgesetzt, die Heroin-Nachfrage steigt nicht.“ Zwar habe sich der Absatz in Europa und den USA stabilisiert, die Märkte in Russland und China würden aber anwachsen.

Im südostasiatischen Myanmar(bis 1989: Burma) leben rund 190.000 Familien nach wie vor von der Opium-Produktion. Zwar geht die Zahl zurück, doch vom Rückgang des Opium-Anbaus sind in erster Linie die ärmsten Bauernfamilien betroffen. Laut UNODC sei die Versorgung mit Lebensmitteln gefährdet, mit dem Verlust der Einkommensquelle Opium stehe aber auch die Schulausbildung der Kinder und die Gesundheitsversorgung auf dem Spiel.

Vernichtung durch Unkrautmittel

Kolumbien, des Land mit der weltweit größten Kokainproduktion vor Peru und Bolivien, geht – mit enormer finanzieller Unterstützung der USA – hart gegen den Drogenanbau vor. Allein seit dem Jahr 2000 haben die USA mehr als vier Milliarden Dollar für den Kampf der kolumbianischen Regierung gegen Suchtgiftanbau zur Verfügung gestellt. Weiterhin werden in Kolumbien aber rund 600 Tonnen Kokain produziert.

Hilfsorganisationen kritisieren immer wieder, dass die Regierung zu wenig zur Schaffung alternativer Einkommensquellen für die Koka-Bauern beiträgt. Da Armut und Elend in dem südamerikanischen Staat aber weiter anhielten, werde auch weiter Koka („Rohstoff“ für die Droge Kokain) angebaut. Zur Jahreswende führte eine großflächige Sprühaktion von Unkrautvernichtungsmitteln auf Koka-Felder zu einem Grenzstreit mit dem südwestlichen Nachbarstaat Ecuador.

In Bolivien zwingt die extreme Armut ebenfalls die Menschen zum Koka-Anbau. Zwar versuchen Hilfsorganisationen auch dort, die Bauern zu Alternativen zu bewegen, jedoch sind die Einnahmen dann deutlich geringer. Laut einer von der EU mitfinanzierten Studie geht man davon aus, dass 18.000 bis 19.000 Hektar der insgesamt 27.000 Hektar Produktionsfläche für den in Bolivien legalen Koka-Konsum verwendet werden.

Die Regierung von Boliviens Präsident Evo Morales, selbst ehemaliger Koka-Bauer, will den Kampf gegen den Drogenhandel verschärfen und die nicht für den legalen Gebrauch benötigte Überschussproduktion freiwillig vernichten. „Koka ist grün, nicht weiß wie Kokain“, sagte Morales auf der UNO-Vollversammlung im September 2006.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.02.2007)

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