Rad-Rowdys: Tatsächliche Gefahr oder Trugbild?

Geht ein Nebeneinander von Radler und Fußgänger?
Geht ein Nebeneinander von Radler und Fußgänger?(c) Presse (Bruckberger)
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Die Wiener ÖVP fordert strenge Kontrollen gegen aggressive Radler. In der Statistik scheinen diese jedoch gar nicht auf. Nur eine Fata Morgana?

Die Wiener ÖVP schlägt mit ihrer neuesten Kampagne hohe Wellen. Sie hat für sich ein neues Feindbild entdeckt. Nicht Hunde oder Feinstaub - diemals sind die Radfahrer der Stadtpartei ein Dorn im Auge. Genauer gesagt, jene Radfahrer, die sich nicht an die Verkehrsordnung halten. Rad-Rowdys nennt die ÖVP diese Verkehrsteilnehmer und fordert schärfere Kontrollen. Nur wer ist nun wirklich ein Rad-Rowdy? In der Statistik scheinen sie auf jeden Fall nicht auf.

Nummernschilder für Radfahrer

Wenn jemand mit dem Rad unterwegs ist und mit seiner Glocke klingelt - ist das ein aggressiver Rowdy, oder einfach ein Radler, der die anderen Verkehrsteilnehmer auf sich aufmerksam machen will? Eher ein Rowdy, meint die Wiener ÖVP. Das Problem sei, "dass es immer mehr Rowdies auf den Verkehrswegen gibt, die zu immer mehr Schaden gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern wie Fußgängern aber auch Autofahrern führen", sagt der Wiener ÖVP-Verkehrssprecher Wolfgang Gerstl im Ö1-Morgenjournal. Er fordert eine Reihe von Maßnahmen, so sollen Radwege ausgebaut werden. Der Verkehrsminister soll aber auch die Einführung eines Rad-Nummernschildes prüfen, außerdem soll die Polizei öfter kontrollieren und mehr bestrafen. Überhaupt für einen Rückbau der Radwege ist die FPÖ.

Kein Hinweis in der Statistik

In der Unfallstatistik lassen sich auf jeden Fall keine Spuren von Rad-Rowdies finden. Obwohl der Fahrradverkehr zunimmt sinken die Unfallzahlen: Vor fünf Jahren gab es noch 5.900 Radunfälle, voriges Jahr nur mehr 5.400. Wie gefährlich und rowdyhaft Fahrradfahrer tatsächlich unterwegs sind, läßt sich laut Verkehrspsychologe Ralf Riesser nicht sagen. Die letzte wissenschaftliche Untersuchung dazu stammt nämlich aus den frühen 90er Jahren.

Kein toter Fußgänger durch Radfahrer

Die häufigste Kritik ist, dass aggressive Radfahrer die Fußgänger gefährden. Auch hier lässt sich in der Unfallstatistik des Kuratoriums für Verkehrssicherheit kein Beleg finden - im Gegenteil: Im vergangen Jahr wurden 4.033 Fußgänger bei Verkehrsunfällen verletzt, nur 252 davon bei Unfällen mit Radfahrern. Das sind gerade sechs Prozent. Und von den 110 getöteten Fußgängern hat nicht einen einzigen ein Radfahrer auf dem Gewissen. Gefährlich wird es im Straßenverkehr erst dann, wenn Autos und Lkw ins Spiel kommen.

Politiker sollten Radfahren

Dass das in der Öffentlichkeit anders wahrgenommen wird, habe einen einfachen Grund, sagt Verkehrspsychologe Riesser: "Die Repräsentanten, die Praktiker, die Verkehrsplaner, sind zum Großteil autofahrende Menschen und sie repräsentieren damit Gruppen in der Bevölkerung, die mit dem Auto unterwegs sind und sich auch nichts anderes vorstellen können; und denen nimmt man "etwas weg", wenn man die Verkehrsumwelt mehr gestaltet, so dass sie für Radfahrer und Fußgänger besser geeignet ist." (Red)

Radland Österreich

Österreich ist generell kein besonders radfreundliches Land. Nur 6 Prozent aller Wege werden per Rad zurückgelegt. In der Schweiz sind es neun, in Deutschland 10, in Dänemark 18 und in den Niederlanden sogar über 20 Prozent.

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