Georgien: „Moskau verliert alle Freunde“

Außenminister Gela Beschuaschwili: Sind keine russische Provinz mehr.

WIEN (b. b.). „Russland betreibt eine Außenpolitik des 19. Jahrhunderts“, findet Georgiens Außenminister Gela Beschuaschwili. Moskau gehe es darum, die Schwachpunkte anderer Länder zu finden, diese eiskalt auszunützen und so zu versuchen, das westliche Lager zu spalten, erklärte Beschuaschwili im Gespräch mit österreichischen Journalisten in Wien. Im einzelnen führte er aus:

Russlands Nachbarschaftspolitik: „Moskau ist dabei, alle seine Nachbarn als Freunde zu verprellen. Das kommt daher, dass es den Nachbarn gegenüber keine Politik der Anreize, sondern eine Politik der Drohungen, der Erpressung, der Sanktionen und Embargos betreibt. Moskau denkt noch immer: Die Nachbarstaaten sind unsere Provinzen.“

Beziehungen Moskau-Tiflis: „Russland lässt weiter keine Luftverbindung nach Georgien zu, boykottiert unsere Produkte und hält die Grenzen zu uns weiterhin geschlossen. Dennoch ist unser Bruttoinlandsprodukt 2006 um 9,5 Prozent gewachsen, heuer wird ein Anstieg um zwölf Prozent erwartet.“

Kosovo als Präzedenzfall: „Falls Moskau als Reaktion auf eine Unabhängigkeit Kosovos mit der Anerkennung Abchasiens und Südossetiens als souveräne Staaten reagieren würde, wäre das ein gefährliches Spiel mit dem Feuer. Über einen solchen Schritt sollte Russland zweimal nachdenken, denn es ist ja selbst ein föderaler, multiethnischer Staat.“

Nationalismus in Russland: „Der Trend hin zu ethnischer Intoleranz und Fremdenhass ist sehr gefährlich. Ich weiß nicht, wie weit das noch gehen wird. Aber Nationalismus führt in Russland immer ins Schlamassel.“

Beteiligung an US-Raketenabwehr: „Georgien ist von den USA nicht eingeladen worden, bei dem System mitzumachen. Und ehrlich gesagt, brauchen wir auch keinen weiteren Faktor, der die Russen nur irritieren würde. Wir haben schon genug Streitpunkte.“

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.06.2007)

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