Fall Alijew: Kasachstan beharrt auf Auslieferung

(c) EPA (Dragan Tatic)
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Kasachen wollen vor Internationalem Gerichtshof um Übergabe des Ex-Botschafters in Wien kämpfen.

Wien/Astana/London. Mit Österreichs Entscheidung, den ehemaligen kasachischen Botschafter Rakhat Alijew nicht an Kasachstan auszuliefern, will sich die Regierung in Astana nicht zufrieden geben. Der Sprecher des kasachischen Innenministeriums, Bagdat Kozhakhmetov, sagte am Donnerstag, man sei „perplex“ über die Haltung Österreichs und werde alle rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen – „bis hinauf zum Internationalen Gerichtshof.“

Die Staatsanwaltschaft Wien hatte das Gesuch der kasachischen Behörden am Mittwoch mit der Begründung abgelehnt, dass für Alijew in Kasachstan kein faires Verfahren gewährleistet sei. Dem ehemaligen Schwiegersohn von Präsident Nursultan Nasarbajew werden in seiner Heimat Entführung und Geldwäsche vorgeworfen. Zuletzt war er auch mit dem Tod einer 2004 verschwundenen TV-Journalistin in Zusammenhang gebracht worden.

In Wien werden die kasachischen Chancen bei einer Berufung gering eingeschätzt. Immerhin, so ein Sprecher der Staatsanwaltschaft, habe ein Zeuge zugegeben, dass man ihm Geld im Gegenzug für eine Aussage gegen Alijew geboten habe. Laut Kozhekhmetov habe das österreichische Gericht „unwiderlegbare“ Beweise gegen Alijew ignoriert.

Empört reagierte auch Armangoul Kapachewa, die Gattin des Bankiers Joldas Timraliew, dessen Verschwinden Alijew angelastet wird. „Rakhat Alijew ist kein politisches Opfer! Es ist ihm nur gelungen, sich vor der europäischen Öffentlichkeit so darzustellen“, sagte sie der Nachrichtenagentur AFP.

Österreichs Haltung „provokant“

Die Kasachstan-Expertin eines renommierten Londoner Think Tank – die auf Grund der Sensibilität des Falles nicht namentlich genannt werden will – beurteilt Österreichs Haltung im Fall Alijew als „provokant“, Konsequenzen seien nicht auszuschließen. „Österreich geht mit dieser Entscheidung ein politisches Risiko ein. War es wirklich im besten Interesse Österreichs, so eine dezidierte Position einzunehmen?“

Auch das Timing sei eher unglücklich gewählt, meint die Expertin: „Immerhin bewirbt sich Kasachstan für 2009 um den Vorsitz der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE). Da könnte der Eindruck entstehen, dass das Land im Vorfeld stigmatisiert werden soll.“

Das österreichische Außenministerium weist alle politischen Interpretationen des Falles zurück. „Das war die Entscheidung der unabhängigen Justiz“, sagte Sprecher Georg Schnetzer.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 10.08.2007)

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