Gedenkdiener in den USA vor verschlossener Tür

Fingerabdruck am Konsulat. Schwierige USA-Einreise für junge Österreicher.
Fingerabdruck am Konsulat. Schwierige USA-Einreise für junge Österreicher.(c) Die Presse (Clemens Fabry)
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Ein junger Österreicher, der an einer US-Holocaust-Gedenkstätte Zivildienst leisten will, erhält kein Visum.

Washington/Wien. Der junge Oberösterreicher Valentin Hofer war einigermaßen überrascht, als sein Visa-Antrag für die USA abgelehnt wurde. Der Maturant aus Hartheim wollte eigentlich ab 1. August seinen Gedenkdienst am „Los Angeles Museum of Holocaust“ antreten – doch daraus wird vorerst nichts werden. „Mir ist das unverständlich, da will man sinnvolle und unbezahlte Arbeit in den USA leisten und das Visum wird verweigert“, wundert sich Hofer.

Offenbar wollte Mark Rothman, Direktor des Museums in Los Angeles diese Entscheidung des zuständigen Department for Homeland Security nicht einfach zur Kenntnis nehmen und brachte den Fall an die Öffentlichkeit. Die einflussreiche US-Tageszeitung „New York Times“ berichtete in der gestrigen Ausgabe unter dem Titel „Österreichische Volontäre mit Visaproblemen“ breit über Hofers Schwierigkeiten. Gleichzeitig wird auf der Website des LA Museums of the Holocaust sogar aufgefordert, ein E-Mail an den Minister für Heimatschutz Michael Chertoff zu Gunsten von Valentin Hofer zu schreiben.

Eine kleine Anzahl von Zivildienern nützen jährlich die Chance, statt Zivildienst sogenannten Gedenkdienst abzuleisten. Die Idee wurde Anfang der 90er-Jahre vom österreichischen Historiker Andreas Maislinger, der heute den Verein Auslandsdienst leitet, geboren. Junge Österreicher sollen die Möglichkeit erhalten, ihren Zivildienst an Orten wie der Shoah-Gedenkstätte Yad Vashem in Israel, dem Vernichtungslager Auschwitz in Polen, dem US Holocaust Memorial Museum in Washington oder dem Leo Baeck Institute in New York zu leisten.

Maislinger, der Hofer nach Los Angeles schicken wollte: „Natürlich ist diese Entscheidung für uns enttäuschend. Ich würde mich freuen, wenn sich die Anerkennung, die den Gedenkdienern immer wieder ausgesprochen wird, sich darin niederschlägt, dass man sich von allen Seiten dafür einsetzt, dass die Visa-Frage gelöst werden kann.“ Doch Hofer ist nicht der einzige „Problemfall“. Der 21-jährige Student Alexander Müller hätte am 15. August seinen Dienst am Leo Baeck Institute in New York antreten sollen. Der junge Dolmetsch-Student wäre dort ein Mitarbeiter an einem der größten sogenannten Oral-History-Projekte für Zeitgeschichte gewesen: Hunderte Holocaust-Überlebende und von der Nazi-Diktatur Vertriebene werden in New York interviewt. Viele dieser Interviews werden von österreichischen Gedenkdienern geführt. Müller ist noch optimistisch, seinen Dienst im September antreten zu können, „wenn ich das Visum nicht bekomme, studiere ich vorerst weiter und verschiebe meinen Dienst um ein paar Monate.“

„Immer wieder kleinere Probleme“

In den USA habe es immer wieder kleinere Probleme mit der Visa-Erteilung gegeben, erklärt Florian Wenninger, Obmann des Vereins Gedenkdienst gegenüber der „Presse“: „Was recht klar zu Tage tritt ist, dass wir seit dem 11. September auf erheblich größere Probleme stoßen, bei Versuchen Visa für unsere Zivildienstleistenden zu bekommen.“ Das hat nach Meinung von Wenninger zu einem gewissen Grad nicht nur mit der Terrorangst zu tun, „sondern mit der Tatsache, dass bürokratische Apparate die Neigung haben, sich zu verselbstständigen.“ Für Wolfgang Renezeder von der österreichischen Botschaft in Washington D. C. ist die Visa-Ablehnung „unverständlich“. Das Projekt werde von US-Seite sehr geschätzt, man ist hier sehr erfreut über die hochmotivierten Gedenkdiener, sagt er im Gespräch mit der „Presse“. „Wir hoffen sehr, dass es in den gegenständlichen Fällen rasch zu einer Visumserteilung kommt.“

LEXIKON

Statt Zivildienst. Die Möglichkeit zum Gedenkdienst anstelle des Zivildienstes besteht seit 1992. Zwei Vereine bieten Partnerinstitutionen in den USA an, die sich mit der Aufarbeitung des Nationalsozialismus beschäftigen: „Österreichischer Gedenkdienst“ und „Verein Gedenkdienst“.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2007)

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