Türkei: Gül zum Präsidenten gewählt

(c) EPA (Kerim Okten)
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Abdullah Gül ist der erste gemäßigt-islamische Präsident der Türkei. Die Militärführung sagt, sie wolle die Trennung von Staat und Religion verteidigen.

Das türkische Parlament hat am Dienstag Außenminister Abdullah Gül zum neuen Staatspräsidenten gewählt. Der wegen seiner islamistischen Vergangenheit umstrittene Politiker der regierenden islamisch-konservativen Regierungspartei AKP (Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei) erzielte die im dritten Durchgang erforderliche absolute Stimmenmehrheit, wie ein AKP-Abgeordneter mitteilte. Gül soll am Abend vereidigt und in sein Amt eingeführt werden.

Er tritt die Nachfolge von Ahmet Necdet Sezer an und ist der elfte Präsident der 1923 gegründeten Türkischen Republik. Für Gül stimmten im dritten Wahlgang 339 der 550 türkischen Abgeordneten. Die absolute Mehrheit betrug 276. Die AKP stellt 340 Abgeordnete. Sabahattin Cakmakoglu von der ultrarechten MHP bekam 70 Stimmen. Der 56-jährige Gül hatte in den vorangegangenen beiden Wahlgängen die nötige Zweidrittelmehrheit erwartungsgemäß verfehlt.

Letzte Drohung des Militärs

Wenige Stunden vor der Wahl des neuen Staatspräsidenten hat die türkische Militärführung nochmals deutlich vor politischen Angriffen auf den säkularen Staat gewarnt. Die Streitkräfte seien entschlossen, die Demokratie und die Trennung von Staat und Religion zu verteidigen, erklärte Generalstabschef Yasar Büyükanit auf der Internetseite des Generalstabs. Separatisten und "Zentren des Bösen" versuchten systematisch, die weltliche Grundlage der Türkischen Republik zu zersetzen.

"Mit seiner Persönlichkeit" für Laizismus stehen

Im Frühjahr war die Wahl Güls in einem ersten Anlauf nach Drohungen der Militärführung gescheitert. Die Generäle hatten in einer Erklärung auf der Webseite des Generalstabs verlangt, der künftige Staatspräsident müsse "nicht nur mit Worten", sondern auch "mit seiner Persönlichkeit" für die Prinzipien einer laizistischen Republik stehen.

Dies hatte vorgezogene Parlamentswahlen zur Folge. Im Juli errang Güls AKP mit fast 47 Prozent der Stimmen einen triumphalen Sieg.

AKP kündigt neue Verfassung an

In der neuerlichen Erklärung des Generalstabs wurde kein Bezug zur Präsidentenwahl hergestellt. Es hieß nur, die Streitkräfte würden nicht die geringste Konzession machen beim Schutz der "laizistischen und sozialen" Republik. Die AKP hat die Ausarbeitung einer neuen Verfassung angekündigt.

Die türkische Armee versteht sich traditionell als Hüterin der kemalistisch-laizistischen Grundprinzipien der Republik und hatte 1960, 1971, 1980 und 1997 in die Politik eingegriffen und zwei Mal - 1960 unter General Cemal Gürsel und 1980 unter General Kenan Evren - direkt die Macht übernommen. 1997 hatte das Militär den Rücktritt des islamisch orientierten Premierministers Necmettin Erbakan erzwungen, der mit politischem Betätigungsverbot belegt wurde. Erbakans Wohlfahrtspartei (Refah) war eine Vorläuferin der AKP. (Ag/Red.)

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