Stichwahl um Präsidentenamt in Guatemala

(c) EPA (Alejandro Bolivar)
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Keiner der favorisierten Kandidaten konnte bei den Wahlen am Sonntag eine Mehrheit erzielen. Der Urnengang verlief überraschend friedlich.

Die erste Runde der Präsidentenwahl in Guatemala brachte am Sonntag kein eindeutiges Ergebnis. Vorläufigen Ergebnissen zufolge müssen der Geschäftsmann Alvaro Colom und der ehemalige militärische Geheimdienst-Direktor Otto Perez Molina in einer Stichwahl gegen einander antreten. Diese dürfte aller Voraussicht am 4. November stattfinden.

Colom konnte am Sonntag 28 Prozent der Wählerstimmen einfahren, für Perez Molina stimmten24,6 Prozent der Wähler, wie die Wahlkommission nach Auszählung von drei Viertel aller Stimmen mitteilte. Der Kandidat der amtierenden Regierungspartei, Alejandro Giammatei, kam mit 17,5 Prozent auf den dritten Platz. Friedensnobelpreisträgerin Rigoberta Menchu erreichte nur drei Prozent der Stimmen und schied damit aus dem Rennen.

Sozialstaat vs. Law & Order

Alvaro Colom von der linksgerichten Nationalen Union der Hoffnung (UNE) will im Falle eines Wahlsiegs die Sozialausgaben zu Gunsten der Armen anheben, die Arbeitslosigkeit bekämpfen und das Justizsystem reformieren. Perez Molina, der Kandidat der Patriotischen Partei (PP), hat angekündigt, die Streitkräfte im Kampf gegen die verbreitete Kriminalität einzusetzen und die Polizei aufzustocken. Außerdem hat er sich angesichts des Kriminalitätsproblems für die Wiedereinführung der Todesstrafe ausgesprochen. Seit Anfang des Jahres wurden in Guatemala etwa 6000 Morde verübt.

Der Urnengang verlief verhältnismäßig ruhig. Der Chef der EU-Beobachtermission, Wolfgang Kreissl-Dörfler, äußerte sich "angenehm überrascht" vom Ablauf der Wahl. Der Generalsekretär der Orgabnisation Amerikanischer Staaten (OAS), Jose Insulza, lobte die "friedliche Atmosphäre", bei der sich Toleranz und der Respekt vor dem Gesetz durchgesetzt hätten. Bei einem Zwischenfall in der Ortschaft El Serinal im Osten des Landes verbrannten Einwohner als Protest gegen angeblichen Wahlbetrug sieben Wahlurnen und hunderte Stimmzettel. Der Wahlkampf war von allen Seiten extrem gewalttätig geführt worden. Mehr als 50 Parteimitglieder und Kandidaten auf lokaler Ebene wurden getötet.

Nachfolge von Oscar Berger

Von den fast sechs Millionen Wahlberechtigte waren in dem mittelamerikanischen Land am Sonntag 60 Prozent, also 3,6 Millionen, zu den Urnen gegangen, um den Nachfolger des scheidenden rechtskonservativen Präsidenten Oscar Berger zu bestimmen. Dieser steht einer Koalition aus drei konservativen Parteien mit der PP als Seniorpartner vor.

Im Vorfeld der Wahl hatte die Kandidatur von Rigoberta Menchú für Aufsehen gesorgt. Die 48-jährige Indianerin war für die Mitte-Links-Partei Encuentro por Guatemala angetreten. Obwohl etwa 60 Prozent der 13 Millionen Einwohner Guatemalas Ureinwohner sind, hat diese Gruppe noch nie den Präsidenten gestellt. Menchu war 1992 wegen ihres Einsatzes für die Ureinwohner während des Bürgerkrieges in Guatemala mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden.

Das neue Staatsoberhaupt Guatemalas wird für vier Jahre gewählt und kann nicht für ein zweites Mandat antreten. Die Amtszeit beginnt im Jänner. Gewählt wurden am Sonntag auch die 158 Abgeordneten des Parlaments sowie 332 Bürgermeister. (APA/Red.)

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