„Risse innerhalb des Regimes“

Chef von „Helfen ohne Grenzen“ über Putschgerüchte und Nachrichtensperre.

Die Presse: Herr Röggla, Ihre Hilfsorganisation „Helfen ohne Grenzen“ betreut burmesische Flüchtlinge an der Grenze zwischen Burma und Thailand. Wie stellt sich die Situation dort dar?

Benno Röggla: Nach unseren Informationen haben Regierungstruppen im Norden von Rangun angeblich begonnen, aufeinander zu schießen. Ob das ein kleines Scharmützel war, oder der Auftakt zu einem Putsch – das weiß niemand. Klar ist aber, dass nicht alle Offiziere mit der Vorgangsweise einverstanden sind, die von General Than Shwe gewählt worden ist. Es gibt noch einen zweiten Indikator für Risse innerhalb des Regimes: Einheiten der bisher regierungstreuen „Democratic Karen Buddhist Army“ haben sich gegen das Regime gestellt. Sie haben erklärt, dass sie bereit seien, die Mönche in Rangun mit der Waffe in der Hand zu beschützen.

Ist eine Eskalation zu erwarten?

Röggla: Das ist nicht auszuschließen. Das Regime ist nicht zuletzt wegen der genannten Fakten äußerst verunsichert, paranoid und zu allem bereit. Die Familie von General Than Shwe ist schon vor einigen Tagen ins Ausland gebracht worden, heißt es.

Die nun verhängte totale Nachrichtensperre und die Internet-Blockade lässt Schlimmes ahnen.

Röggla: Das Regime versucht, alles abzudunkeln und zuzudecken, sodass niemand mehr ins Land schauen kann. Allerdings: Die Menschen finden Mittel und Wege, Informationen nach außen zu tragen, außerdem sitzen eine Menge Botschafter in Burma.

China spielt eine Schlüsselrolle, Peking übt großen Einfluss auf das Regime aus. Wie wird Peking sich verhalten?

Röggla: Für Chinas Präsident Hu Jintao geht es darum, die Stabilität in Südostasien nicht zu gefährden. Statements aus Peking, in denen zur Mäßigung aufgerufen wurde, bedeuten, dass China den Weg, den die Hardliner innerhalb der Armee eingeschlagen haben, nicht goutiert. Peking will in Ruhe in Burma Geschäfte machen, will keine Störung der olympischen Spiele 2008.

Welche Rolle spielt die unter Hausarrest stehende Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi?

Röggla: Sie ist durch den Hausarrest sehr isoliert. Aber Nelson Mandela saß auch in Haft. Aung San Suu Kyi ist das Symbol der Hoffnung auf Freiheit und Demokratie.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2007)

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