Italien: Linke will mit neuer Großpartei punkten

„Margerite“ und „Eiche“ schließen sich zur „Demokratischen Partei“ zusammen. Ihr starker Mann soll Veltroni werden.

ROM. Wo ist Walter Veltroni? Oder besser: Wo ist er gerade nicht? Mal weiht Roms Bürgermeister am Rand seiner Heimatstadt ein Basketball-Feld ein, dann wird er in Venedig gesichtet; in Palermo wirbt er für mehr „Ethik in der Politik“; dann fährt er wieder zurück, um Roms jahrelang geschlossene Kunsthalle zu eröffnen.

Veltroni nennt sich selbst zwar „ein Arbeitstier“. Aber seit er Ende Juni den Wahlkampf für sich und die zukünftige „Demokratische Partei“ begonnen hat, scheint er überhaupt nicht mehr zu bremsen. Hat der 52-Jährige noch zur Parlamentswahl 2006 eine Spitzenkandidatur für das Mitte-Links-Bündnis ausgeschlagen, so lässt Veltroni heute Freund wie Feind spüren: Seine Zeit ist gekommen.

Stinkefinger für Politiker

So steigt also, was Veltroni „das große Fest für die Demokratie“ nennt. Die beiden stärksten Parteien im Mitte-Links-Lager haben ihre Vereinigung beschlossen. Aus linksdemokratischer „Eiche“ und der zentristischen „Margerite“ soll die neue „Demokratische Partei“ erblühen – und die Anhänger sind aufgefordert, am Sonntag sowohl die Konstituierende Versammlung als auch die Chefs zu wählen.

Etwa 500.000 Menschen hat der Genueser Satiriker Beppe Grillo unlängst auf Straßen und Plätze gelockt, als er seine Internet-Blog-Gemeinde aufforderte, der politischen Klasse den Stinkefinger zu zeigen. Die Gründer der „Demokratischen Partei“ erhoffen sich mindestens eine Million Teilnehmer bei der Urwahl am Sonntag, und gegen Grillos dezidierte „Antipolitik“ wollen sie die Italiener neu für die Politik begeistern.

Wobei: eine Million, das ist eine bereits heruntergeschraubte Zahl. Als die Linken ihre Anhänger vor zwei Jahren aufforderten, für die anstehende Parlamentswahl einen Spitzenkandidaten gegen Silvio Berlusconi zu bestimmen, da meldeten sich 4,3 Millionen Menschen. Danach gelangte der Wunschkandidat, Romano Prodi, zwar an die Spitze der Regierung, aber deren Umfragewerte befinden sich im freien Fall.

Neue Hoffnung der Linken

Die „Margerite“ selbst – im Hauptnamen „Demokratie ist Freiheit“ – ist eine erst fünf Jahre alte Collage diverser Kleinparteien aus dem Erbe der alten „Democrazia Cristiana“. Dem Profil nach ähnelt sie dem linken Flügel der deutschen CDU.

Die „Linksdemokraten“ gehen auf die alte Kommunistische Partei zurück, die sich nach wiederholten Identitätskrisen und unter Abspaltungen am linken und am rechten Rand zu einer sozialdemokratischen Kraft umgeformt hat. In der Summe haben „Margerite“ und „Linksdemokraten“ bei der Parlamentswahl 2006 rund 30 Prozent erreicht; fusioniert sollen sie es nach den Vorstellungen ihrer Gründerväter auf 35 bis 37 Prozent schaffen. Und Veltroni soll, als großer Vorsitzender, diese Hoffnungen verkörpern.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.10.2007)

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