Ein Richter, der nicht helfen will, gilt als befangen

Richter nicht helfen will
Richter nicht helfen will(c) FABRY Clemens
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Der Jurist hatte sich geweigert, eine anwaltlich vertretene Klägerin im Prozess anzuleiten.

Wien/Aich. Wer sich vor Gericht begibt, der hat ein Recht darauf, dass ihm der Richter etwas behilflich ist. Manuduktionspflicht nennt das der Jurist. Diese Pflicht zur Anleitung soll etwa Richter dazu bewegen, Personen darauf aufmerksam zu machen, wenn ihr Klagebegehren nicht schlüssig genug ist.

Den Richter eines Landesgerichts kümmerte das aber wenig. Bereits ein Mal hatte das Oberlandesgericht Wien eine Entscheidung des unterinstanzlichen Richters aufgehoben, weil dieser die Anleitungspflicht nicht genügend beachtet hatte. Auch in der neuerlichen Entscheidung wies der Richter aber die unschlüssige Klage ab. Dazu erklärte er, er sei entgegen der herrschenden Judikatur der „Rechtsansicht, dass eine Manuduktionspflicht gegenüber anwaltlich vertretenen Parteien überflüssig ist und zu entfallen hat“. Es könne nicht Aufgabe der „ohnedies ständig überlasteten Gerichte sein“, die Arbeit von Anwälten zu übernehmen. Noch dazu, wo die Advokaten „keineswegs karg entlohnt werden“.

Die Klägerin wandte nun ein, dieser Richter sei befangen und abzulehnen. Das Oberlandesgericht Wien (1 R 188/11s) gab dem Antrag statt. Ein Richter, der sich so verhalte, sei vom Verfahren ganz abzuziehen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.11.2011)

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