Boxen: Kubanische „Handwerker“ stehen hoch im Kurs

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Kuba erwägt wegen Abwerbeversuchen seiner Boxer von US- und Europa-Verbänden einen WM-Boykott. Staatschef Fidel Castro ist sehr erbost, er tobt: „Stellen Sie sich vor, alle Mafiahaie wollen frisches Fleisch!“

Havanna (dat/ag). Kuba ist bekannt für karibisches Flair, Salsa, Zigarren, Rum und traumhafte Strände. Aber auch Kubas Sportler genießen großes Ansehen. Egal ob Leichtathleten, Baseballer oder Boxer – sie bringen Spitzenleistungen und sind damit natürlich dem „System“ mehr als dienlich, um weiterhin seinen Erfolgskurs ins rechte Licht zu rücken. Nur was, wenn der Star plötzlich nicht mehr in seine „heile Welt“ zurückkommt und „flüchtet“?

Der Box-Welt durchlebt derzeit eine sportliche „Kuba-Krise“. Die Nation erwägt einen Boykott der Box-WM in den USA im Oktober, und Grund ist die Sorge, dass erneut ausländische Manager versuchen könnten, Kubaner zur Flucht zu bewegen, erklärt Staatschef Fidel Castro. Der „Maximo Lider“, 80, ist erbost: „Stellen Sie sich vor, alle Mafiahaie wollen frisches Fleisch“, schrieb Castro in seiner Kolumne der kommunistischen Parteizeitung „Granma“. „Ich muss ihnen sagen: Wir sind nicht bereit, es Euch an die Haustür zu liefern!“

Castro spielte damit auf den Fall zweier kubanischer Boxer an, die sich während der Panamerika-Spiele im Juli in Brasilien abgesetzt hatten und vom deutschen Boxstall Arena umworben wurden. Seit dieser Woche sind die beiden Weltklasseboxer wieder in Kuba. Sie waren von brasilianischen Behörden nordwestlich von Rio des Janeiro ohne Reisepapiere aufgegriffen und abgeschoben worden. Castro: „Diese Mafia benützt raffinierte psychologische Methoden und viele Millionen Dollar!“

Ausreiseverbot, Team-Sperre

Der zweifache Olympiasieger im Bantamgewicht, Guillermo Rigondeaux (25), und Amateur-Weltmeister Erislandy Lara (24) hatten nach Arena-Angaben Fünfjahresverträge unterschrieben. Der Boxstall bestreitet aber den Vorwurf, sie zur Flucht bewegt zu haben oder ihnen dabei behilflich gewesen zu sein. In erster Linie wohl, um auf Kuba harten Strafen zu entgehen, behaupteten die beiden auch im Nachhinein, sie seien mit Drogen gefügig gemacht worden.

Castro hatte seinen Boxern als „Bonus“ einer freiwilligen Rückkehr Haftverschonung versprochen. So aber blüht den Faustkämpfern ein tristes Dasein, fix ist bereits sogar ein Ausreiseverbot. Beide Weltklasse-Boxer dürfen künftig nicht mehr für Kuba antreten. „Sie sind bis zu einem Punkt gegangen, von dem es keine Rückkehr in die kubanische Boxmannschaft gibt. Ein Athlet, der sein Team verlässt, ist wie ein Soldat der seine Kameraden im Kampf im Stich lässt“, polterte Castro, der seit einer Darmoperation vor einem Jahr nicht mehr in der Öffentlichkeit aufgetreten ist.

Punch wie Kid Chocolate

Vor allem die Flucht von Rigondeaux war ein schwerer Schlag für Kuba. Boxen ist neben Baseball das Aushängeschild des Landes, und der 25-Jährige war der Star. Auch, weil er seine Landsleute an „Kid Chocolate“, den ersten kubanischen Profi-Weltmeister, erinnert. Rigondeaux gewann zwischen 142 Kämpfe in Folge und galt als letzter großer Boxer auf der sozialistischen Karibikinsel.

Im Dezember 2006 waren drei Boxer – Yan Barthelemy, Yuriorkis Gamboa und Odlanier Sols – nach einem Turnier in Caracas, Venezuela, nicht nach Hause zurückgekehrt. Sie sind nun in Deutschland aktiv und Kuba hat damit keinen aktiven Box-Olympiasieger mehr, der auf der Insel geblieben ist.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.08.2007)

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