Formel 1: Alonso in der Rolle des „dead man racing“

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Der McLaren-Pilot hat mit seinem Teamchef seit dem Ungarn-GP am 5. August kein Wort mehr gewechselt.

LONDON (ag/mhk). Bei McLaren-Mercedes herrscht Totenstille. Nicht weil erst am heutigen Freitag (17 Uhr) die Berufungsfrist gegen das Urteil in der Spionage-Affäre abläuft. Der britische Rennstall hatte illegalerweise technische Daten von Konkurrent Ferrari verwendet und eine 100-Mio.-Dollar-Strafe und den Abzug aller Konstrukteurs-Punkte aufgebrummt bekommen – eine Berufung ist dennoch unwahrscheinlich. Vielmehr, weil zwischen McLaren-Teamchef Ron Dennis und Fernando Alonso seit dem Großen Preis vom Ungarn am 5. August Funkstille herrscht. Damals hatte Alonso seinen Teamkollegen Lewis Hamilton in der Box blockiert und war von Dennis dafür kritisiert worden.

Alonso fühlte sich dadurch und aufgrund der Tatsache, vom Team gleich wie Rookie Hamilton behandelt zu werden, offensichtlich in seiner Ehre als Doppelweltmeister verletzt. Der Spanier drohte, E-Mails mit den Ferrari-Daten an den Präsidenten des Weltverbandes FIA, Max Mosley, weiterzuleiten. Dem kam Dennis zuvor und stellte sich der FIA.

Nun gibt es aber Indizien, dass Alonso schneller als Dennis gehandelt und sein Team schon vorab bei Formel-1-Zampano Bernie Ecclestone angezeigt haben könnte. Das 191 Seiten umfassende Protokoll der FIA jedenfalls legt diesen Schluss nahe. Demnach könnte Ecclestone der Erste gewesen sein, der erfuhr, welch brisantes Wissen Alonso hatte. Zudem soll Ecclestone diese Informationen an Mosley weitergegeben haben. Diese Schlüsse sind deshalb brisant, weil es den Verdacht nahe legt, Ecclestone und Mosley könnten vorab die Strafe für das Team und den Freispruch für die Fahrer abgesprochen haben.

Alonso zu Ferrari?

Alonsos Verhalten macht ihn selbst für McLaren zum „dead man“, der zwar noch um den WM-Titel fahren darf, nach Saisonende aber nicht mehr tragbar sein wird. Als mögliche Nachfolger werden der aktuell wenig erfolgreiche Brite Jenson Button (Honda) und Alex Wurz' deutscher Teamkollege bei Williams, Nico Rosberg, genannt. Der allerdings hat längst seinen Vertrag bis Ende 2008 verlängert.

Der Sensations-Coup könnte aber Fernando Alonso als Hauptdarsteller sehen: Er könnte – just nach dem Spionage-Skandal – von McLaren zu Ferrari wechseln und Felipe Massa ersetzen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2007)

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