Windiger Anspruch: Erster Klonmensch

Der Deutsche Karl Illmensee will einen Menschen kopiert haben.
Der Deutsche Karl Illmensee will einen Menschen kopiert haben.EPA/National Geographic Channel
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Reproduktionsbiologie. Der Deutsche Karl Illmensee will einen Menschen kopiert haben.

"Kürzlich haben wir einen geklonten menschlichen Embryo für ein unfruchtbares Paar übertragen." Das ist der Kernsatz eines Artikels im "Journal für Reproduktionsmedizin", das ist das "offizielle Organ" der "Österreichischen Gesellschaft für Reproduktionsmedizin" und ihren deutschen und Schweizer Pendants. Hielte der Satz, was er verspricht, wäre der erste Klon auf dem Weg zur Geburt. Aber der Name des Autors lässt die Leserstirn runzeln: Karl Illmensee. Man muss ihn nur in der Gesellschaft von Molekularbiologen aussprechen, dann hat man Glück, wenn man nicht des Saales verwiesen wird: Der deutsche Biologe behauptete 1981, ihm sei es gelungen, an seinem damaligen Labor in Genf Klone von Mäusen herzustellen.

Niemand konnte das reproduzieren, Illmensee geriet in Fälschungsverdacht, geklärt wurde es nie. Er verschwand aus der Öffentlichkeit, tauchte später an der Gynäkologie der Uni Innsbruck wieder auf, Interviewanfragen beantwortete er nicht. Mit anderen kommunizierte er, die Reproduktionsmediziner Panos Zavos und Severino Antinori taten sich mit ihm zusammen, um Menschen zu klonen. Die Versprechen waren groß, Ergebnisse zeigten sich nie oder zumindest nicht dort, wo die Fachwelt hinschaut: Letztes Jahr publizierte Illmensee gemeinsam mit Zavos in einem Journal namens "Arch Androl".

Auf diese alte Publikation bezieht sich die jetzige, ein Übersichtsartikel ohne Neuigkeitswert. Dort steht geschrieben, wie das Experiment verlief: Dem Mann des unfruchtbaren Paars habe man Hautzellen entnommen, seiner Frau Eizellen. Dann habe man _ wie beim Klonen üblich - den Zellkern mit der DNA aus der Eizelle herausgenommen und den aus der Hautzelle injiziert.

Ergebnis: "Ein geklonter Embryo entwickelte sich 60 Stunden bis zum Vier-Zell-Stadium." Das ist nichts, es zeigt nur, wie schwierig das Menschenklonen ist. Die Uni Innsbruck hat nach eigenem Bekunden von der Aktivität ihres Mitarbeiters nichts gewusst und ihn nach Bekanntwerden gekündigt. Und das Journal "Reproduktionsmedizin"? Es erscheint im österreichischen Gablitz, ungewöhnlich für ein Fachjournal. Die Herausgeber wurden von der FAZ gefragt, "warum sie einen solchen erfundenen oder tatsächlichen Vorstoß für diskutabel halten". Geantwortet haben sie noch nicht.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 20.06.2007)

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