Nachruf: Der geheime Held der Manager

Nachruf. Peter F. Drucker, Amerikaner mit Wiener Wurzeln, gilt als Schöpfer des "Managements by Objectives", als Wegbereiter der modernen Unternehmensführung.

WIEN (red.). Management-Theorien haben einen Vorteil: Sie sind nicht so leicht widerlegbar wie physikalische Gesetze. Das hat zur Folge, dass vieles richtig sein kann, und dass manche Ideen krötengleich immer wieder auftauchen und zum "neuen" Trend werden. Viele zeitlos gültige Management-Prinzipien stammen von Peter F. Drucker, der vor kurzem in der Nähe von Los Angeles gestorben ist. Heute, Samstag, hätte der "beständigste Denker unserer Zeit" (so das Magazin Business Week) seinen 96. Geburtstag gefeiert.

Druckers Elternhaus stand am Kaasgraben in Wien-Döbling. Sein Vater war hoher Staatsbeamter, zu den regelmäßigen Gästen im Hause Drucker zählten die Ökonomen Joseph Schumpeter, Ludwig van Mises und Friedrich August von Hayek. Nach seinem Studium arbeitete der vielseitig Interessierte in Frankfurt als Journalist. Nachdem 1933 einer seiner Essays von den Nationalsozialisten verboten wurde, emigrierte er nach London. Er besuchte ein Seminar von John Maynard Keynes. "Ich habe dort rasch gelernt, dass ich kein Nationalökonom bin und dass mein Interesse mehr den Menschen und der Gesellschaft gilt."

1937 ließ er sich in den USA nieder. Dort schrieb er in den 40er Jahren das "Concept of the Corporation" (deutsch "Das Großunternehmen"), in dem er das Management in börsenotierten Firmen behandelte. Für moderne Unternehmen, so Drucker, seien Strategien wichtig. Seiner Meinung nach sind motivierte Mitarbeiter das Geheimnis des Erfolgs.

Zudem unterstrich er schon 1974 die Bedeutung von Marketing und Innovation für Betriebe - Gewinnmaximierung spielte bei Drucker dafür eine weniger bedeutende Rolle. Auch exorbitante Bezüge von Unternehmensbossen waren für ihn ein Missstand. Er forderte den soliden Weg und Ehrlichkeit ein, authentische Führung und wahren Kundennutzen.

Gutes Management fußte für Drucker auf selbstständigem und tiefgründigem Denken, sodass man die Ursachen eines Problems erkennen kann und nicht nur die Symptome behandelt. Mit kurzfristigen Erfolgen und Moden hat es nichts zu tun, viel wichtiger ist Kontinuität. Auch im eigenen Leben Druckers findet man diese Beständigkeit: Mit seiner Frau Doris war er 68 Jahre verheiratet.

Acht Kardinaltugenden sind es, die Drucker zufolge gute Manager haben: Sie fragen zuerst "Was ist zu tun", dann "Was ist gut für das Unternehmen". Aus den Antworten entwickeln sie einen Plan, was sie ändern wollen, und übernehmen die Verantwortung für die getroffenen Entscheidungen. Um die eigenen Ziele den Mitarbeitern plausibel zu machen, sorgen sie für eine effektive Kommunikationsstruktur, zudem sprechen sie von einem "Wir". Sie sorgen dafür, dass Meetings produktiv und nicht zeitraubend sind. Sie arbeiten effektiv und tun das Richtige (und nicht nur irgendwelche Dinge richtig). "Wenn das Schiff sinkt, beruft keiner ein Meeting ein. Der Kapitän gibt seinen Befehl oder alle ertrinken", sagt Drucker.

Seine Idee des "Management by Objectives", also durch Ziele, ist heute noch weit verbreitet und hat vielerorts den autoritären Führungsstil abgelöst. Er führte schon Mitte der 60er Jahre den Begriff des "Wissensarbeiters" ein, der immer noch in der Management-Literatur gerne verwendet wird.

Der Einfluss des Gründervaters der Management-Lehre auf die Wissenschaft ist bei weitem nicht so groß wie auf die Praxis. Der deutsche Autor Herrmann Simon nennt dafür zwei Gründe: Einerseits habe sich die theoretische Forschung verstärkt Fragestellungen zugewandt, deren praktische Relevanz gering sei. Andererseits seien die von Drucker behandelten Themen wie Corporate Governance der wissenschaftlichen Forschung nur schwer zugänglich.

Dafür legte sich Drucker, der bis vor zwei Jahren an der Universität Claremont in Kalifornien unterrichtete, gerne mit Management-Professoren an. Er empfahl ihnen, Unternehmen zu beraten anstatt in hochspezialisierten Fachzeitschriften hochspezielle Probleme zu behandeln. Denn wichtig sei der Blick für das Ganze - auch wenn dies nicht bewiesen ist.

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