Metalle: Spekulanten stürzen sich auf Platin

Platin ist doppelt so teuer wie Gold – und als Schmuck mittlerweile fast schon zu wertvoll.

LONDON. Die erneute Dollarschwäche hat die Preise für Gold und Silber deutlich steigen lassen. Doch das Anlegerinteresse bei den Edelmetallen gilt seit einigen Wochen ganz besonders Platin. Auslöser für den Preisanstieg auf vorübergehend den Rekordstand von fast 1400 Dollar je Unze ist die Einführung mit physischem Platin unterlegter Fonds (Exchange Traded Funds- ETF) durch die Zürcher Kantonalbank und die ETF Securities in London. Letztere führte die Zertifikate für den Handel mit den Edelmetallen an der Londoner Börse ein. Fazit: Platin ist mittlerweile doppelt so teuer wie Gold.

An der New Yorker NYMEX, sind die auf weitere Preissteigerungen setzenden Haussekontrakte binnen einer Woche um per Saldo gar 25 Prozent und damit den höchsten Stand seit Dezember 2005 in die Höhe geschnellt.

Die Einführung der ETF birgt nach Ansicht mancher Produzenten des Metalls ein derartiges Sprengpotenzial für den Preis, dass diese um den längerfristigen Absatz an die Schmuckbranche fürchten. Die Schmuckverarbeitung des zu etwa zwei Dritteln in Südafrika geförderten Metalls war 2006 nach dem jetzt veröffentlichten „Platin & Palladium Survey“ der Londoner Edelmetallexperten GFMS bereits für das vierte Jahr in Folge rückläufig. In Japan, dem einst größten Markt für Platinschmuck, sank das Verarbeitungsvolumen seit 2000 um zwei Drittel.

Autoindustrie frisst Platin

Erstmals seit langem bildete sich 2006 zwar ein kleiner Angebotsüberhang auf dem Markt. Dieser hielt sich jedoch in Grenzen, weil die Verluste bei der Schmuckverarbeitung durch den rapide zunehmenden Einsatz des Metalls in Dieselkatalysatoren weitgehend wettgemacht wurden. Unter dem Druck der sich ständig verschärfenden Abgasbestimmungen ist die Nachfrage der Automobilindustrie nach Platin 2006 um 6,5 Prozent auf 4,2 Mio. Unzen und damit einen neuen Rekord gestiegen. Sie verbrauchte damit mehr als die Hälfte des weltweiten Platinangebots von 7,9 Mio. Unzen.

Für 2007 glaubt Peter Ryan, Senior Consultant bei GFMS, denn auch „solide“ Fundamentaldaten für den Markt ausmachen zu können. Weltweit seien die Vorräte in den letzen sieben Jahren auf nur noch eine Million Unzen geschrumpft. Darüber hinaus könnten – ähnlich wie bei Gold und Silber – die Dollarschwäche, wachsende Inflationssorgen und geopolitische Spannungen auch bei Platin den Preis erhöhen. Die Preise für Gold und Silber hätten aus diesen Gründen seit Jahresbeginn bereits um sieben bis acht Prozent zugelegt.

„Unsere bisherig Preisschätzung von 1450 Dollar je Unze Platin noch in diesem Jahr könnte sich damit als zu konservativ erweisen“, meint Ryan. Marktbeobachter fügen diesen positiven Faktoren noch die neuesten Zahlen aus China hinzu. Danach steigerte der Wirtschaftsriese seine Platin-Einfuhren im März um 55 Prozent.

Für Robin Bhar von UBS in London sind die Platin-Bestände in der Schweiz ein wichtiger Marktfaktor. Diese liegen mit knapp 700.000 Unzen zwar über dem Stand von Mitte 2006, könnten jedoch schnell schrumpfen (wie sie das bereits im vergangenen Jahr auf vorübergehend 133.000 Unzen getan hatten), wenn die Nachfrage nach den ETF-Fonds abheben sollte. Nach den Berechnungen von Bhar bedürfe es nur eines Absatzes von 500.000 Unzen im Wert von rund 600 Mio. Dollar an diese Anlegerkategorie, um den Platinpreis auf „ein beträchtlich höheres Niveau“ zu katapultieren.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.05.2007)

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