„Wir leben von der Migration“

(c) Die Presse (Michaela Bruckberger)
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Western Union. Das Milliardengeschäft mit dem internationalen Geldtransfer.

Wien.Laut UN-Statistik leben weltweit 191 Millionen Menschen außerhalb ihres Heimatlandes. Ihre Zahl wächst jährlich um acht Prozent und beschert Western Union gute Geschäfte. „Wir leben von der Migration,“ betont Hikmet Ersek, Chef der Österreich-Tochter des US-Finanzdienstleisters im „Presse“-Gespräch. Mit dem überwiesenen Geld, das Gastarbeiter in ihre Heimat schicken, werden Familien unterstützt, medizinische Versorgung sowie Schulbildung ermöglicht.

Ersek, gebürtiger Türke und mittlerweile Österreicher, ist Senior Vice President des börsenotierten US-Finanzkonzern und für die Regionen Europa, Afrika, den Mittleren Osten und Südasien und damit insgesamt 122 Länder zuständig. Am internationalen Geldtransfermarkt, der ein Volumen von knapp 270 Mrd. US-Dollar pro Jahr hat, ist Western Union mit 17 Prozent Marktführer. Im ersten Quartal 2007 wurde ein Umsatz von 1,1 Mrd. Dollar erzielt.

„Wir haben derzeit 300.000 Geschäftsstellen weltweit und wollen auf 500.000 ausweiten,“ erläutert Ersek. Wenn Gastarbeiter Geld an ihre Familien nach Hause schicken, sollen diese schließlich nicht kilometerweit fahren müssen, um es zu beheben. Drum gibt es beispielsweise allein in Indien 40.000 Geschäftsstellen von Western Union. Vertragspartner des Finanzkonzerns, der an der New Yorker Börse rund 18 Mrd. Dollar „schwer“ ist, sind etwa die indische Post, die Deutsche Postbank, in Österreich PSK und Raiffeisen.

Zielgruppe Gastarbeiter

Dass Western Union das in den USA zu den „Fortune 500“-Unternehmen zählt, in Österreich nur wenig bekannt ist, stört Ersek kaum: „Bei unserer Zielgruppe, den Kosovo-Albanern, den Serben, den Türken oder den philippinischen Krankenschwestern im Wilhelminenspital haben wir einen Bekanntheitsgrad von 90 bis 95 Prozent.“ Dazu trägt unter anderem ein ausgefeiltes Marketing bei, mit mehrsprachigen Plakaten und Werbung in den von Gastarbeitern konsumierten Zeitungen und TV-Sendern. 2005 gründete Western Union in Österreich eine Bank, die Prepaid-Cards anbietet, mit denen man auch ohne Girokonto bargeldlos einkaufen kann.

Die durchschnittliche Überweisung bei Western Union beträgt 350 Euro. Das Geld ist binnen Minuten beim Empfänger. Für eine 10.000-Euro-Überweisung in die Türkei fallen sechs Euro Gebühr an, kleinere Beträge sind teurer.

Um Geld via Western Union rund um den Erdball zu schicken, brauchen weder der Absender, noch der Empfänge ein Konto. Die Vermutung, dass damit der Geldwäsche Tür und Tor geöffnet sein könnte, weist Ersek strikt zurück: „Es gibt kein Unternehmen, das in dieser Frage mehr Geld und Bemühungen investiert. Allein im Vorjahr waren es 35 Mio. Dollar.“

Absender und Empfänger der Überweisung müssen sich ausweisen. Im Zentralrechner werden die Namen mit allen Sperrlisten (EU, US-Behörden etc.) verglichen. Wenn ein Name auf der Liste aufscheint, wird die Transaktion sofort gestoppt und es werden Nachforschungen angestellt. Seit 9/11 seien die Vorschriften noch strenger geworden, betont Ersek.

WELTWEITER GELDBOTE

Western Union ist ein börsenotierter US-Finanzdienstleister.Bei internationalen Geldüberweisungen ist das Unternehmen Weltmarktführer.

Hauptzielgruppe sind Gastarbeiter. Als Vertragspartner fungieren Postämter oder Banken.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 11.06.2007)

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