OECD: Österreichs Lohnquote sank besonders stark

Die Presse (Clemens Fabry)
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Der Rückgang der Lohnquote ist in Österreich stärker als im OECD-Durchschnitt. Empfohlen wird eine Entlastung der Arbeitseinkommen - durch Mehrwert- oder Einkommenssteuer.

Der Anteil der Arbeitnehmer-Löhne an der wirtschaftlichen Gesamtleistung der Industrieländer hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verringert. Das geht aus dem OECD-Beschäftigungsausblick 2007 hervor. Innerhalb einer Volkswirtschaft wird immer weniger Geld mit der eigenen Arbeitskraft erwirtschaftet - vor allem in Österreich. Hierzulande sei der Rückgang der Lohnquote besonders stark, heißt es in dem am Dienstag veröffentlichten Bericht.

Allein zwischen 1995 und 2005 sei der Anteil der Arbeitnehmerentgelte am Bruttoinlandsprodukt von 66,2 auf 60,0 Prozent gesunken und damit dreimal so schnell wie im Durchschnitt der 20 OECD-Länder, für die Daten verfügbar sind.

Mehr kurzzeitig, weniger langfristig Beschäftige

Auch der Anteil kurzzeitig Beschäftigter (kürzer als ein Jahr) ist in Österreich im gleichen Zeitraum vergleichsweise schnell von 11 Prozent auf über 15 Prozent gestiegen. Stabil - bei knapp zehn Jahren - war dagegen die durchschnittliche Verweildauer im Beschäftigungsverhältnis.

OECD: Entlastung der Arbeitseinkommen

Ländern mit hohen Sozialbeiträgen wie Österreich, Deutschland oder Belgien empfiehlt die OECD-Studie, die Finanzierung der sozialen Sicherung auf eine breitere Basis zu stellen. Vor allem bei der Krankenversicherung, wo die geleisteten Beiträge nicht den Umfang der Leistungen bestimmen, könnte eine Steuerfinanzierung zu einer Entlastung der Arbeitseinkommen führen. Zur Gegenfinanzierung eignen sich nach Ansicht der Autoren die Mehrwert- oder die Einkommenssteuer.

Die AK begrüßt diese Ansätze, die einen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Probleme leisten können.

Arbeitslose und Arbeitsplatzwechsel

Darüber hinaus sollte die Unterstützung für Arbeitslose stärker daraufhin überprüft werden, in wie weit sie beschäftigungsfreundlich wirkt, so die internationale Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Dies könne durch angemessene Zahlungen in Kombination mit Maßnahmen zur "Aktivierung" von Arbeitnehmern erfolgen. Eine intensivere Betreuung, Trainingsmaßnahmen und andere Auflagen sowie der moderate Einsatz von Sperrzeiten können Arbeitslose dazu bringen, selbst aktiver eine Folgebeschäftigung zu suchen. Erfahrungen in den nordischen Ländern und in Australien zeigen, dass solche Politiken, wenn sie gut gestaltet sind, die Beschäftigungsperspektiven von Arbeitslosen deutlich erhöhen.

Gleichzeitig empfiehlt die am Dienstag in Paris veröffentlichte Studie, den Wechsel in neue Arbeitsplätze zu erleichtern, ohne den Arbeitnehmern die soziale Sicherheit zu nehmen. Das so genannte Flexicurity-Modell sei dafür eine erfolgreiche Strategie. Als erfolgreiche Maßnahme nennen die Autoren die neue Abfertigungsregelung, bei der Arbeitgeber regelmäßige Beiträge auf ein individuelles Konto eines jeden Arbeitnehmers einzahlen. Bei Arbeitsplatzverlust können diese Mittel statt einer Abfertigung genutzt oder auf das neue Arbeitsverhältnis übertragen werden. Muss der Arbeitnehmer die Mittel während seiner Erwerbszeit nicht in Anspruch nehmen, dienen sie nach der Pensionierung als Zusatzrente.

Selbst wenn man unterschiedliche Wirtschaftsstrukturen und konjunkturelle Einflüsse in Rechnung stellt, sind die verschiedenen Entwicklungspfade laut OECD nur durch unterschiedlich erfolgreiche nationale Anpassungsstrategien zu erklären. "Die Wirtschafts-, Arbeitsmarkt- und Steuerpolitik eines Landes entscheidet im wesentlichen darüber, ob Menschen von der Globalisierung profitieren oder nicht", sagte der OECD-Beschäftigungsexperte Raymond Torres. "Wenn hier die richtigen Entscheidungen getroffen werden, können die Regierungen mehr für Beschäftigung und die Arbeitnehmer tun als durch Handels- oder Investitionsprotektionismus."

Österreich habe in den vergangen Jahren einige innovative Reformen in der Beschäftigungspolitik auf den Weg gebracht, sollte aber wie die meisten andern OECD-Länder Arbeitnehmer stärker und effektiver dabei unterstützen, um die Herausforderungen der neuen globalen Ökonomie zu meistern. Beschäftigungspolitik, soziale Sicherung und Arbeitsrecht sollten so ausgerichtet sein, dass Arbeitnehmer einen notwendigen Arbeitsplatzwechsel bewältigen können, statt sie in Branchen und Arbeitsplätzen ohne Zukunft zu halten. Gleichzeitig sollten Arbeitseinkommen bei der Finanzierung der sozialen Sicherung entlastet werden, um relative Einkommensverluste auszugleichen und die Anreize für mehr Beschäftigung zu erhöhen.

Die Studie kommt zu dem Schluss, dass technischer Wandel und Globalisierung vor allem die Verhandlungsmacht von weniger qualifizierten Arbeitnehmern in den OECD-Ländern verringert haben. Arbeitsplatzverlagerung oder die Drohung damit haben das Risiko von Arbeitslosigkeit erhöht und die Lohnentwicklung gedämpft. So haben in der überwiegenden Zahl der OECD-Länder die Einkommensunterschiede zugenommen und der Anteil der Löhne an der Wirtschaftsleistung ist gesunken.

(APA)

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