Apple: Warum cool sein weniger kostet

"Think different" - Oder wie man aus einem Unternehmen eine Religion macht und seine Kunden zu Kreuzrittern erzieht.

In den Augen seiner Kunden ist Apple wesentlich mehr als eine Computerfirma. Denn wer einen Apple erwirbt, der kauft nicht nur ein beiges Kasterl sondern einen Computer mit dem Aussehen eines modernen Möbelstücks. Und als Zugabe gibt's eine ordentliche Portion Prestige und die Gewissheit sich für den "besseren" Computer entschieden zu haben. Oder wie Tom Clancy es formuliert: "Never ask what sort of computer a guy drives. If he's a Mac user, he'll tell you. If not, why embarrass him?"

Doch ein Mac-User zu sein hat - was von Windows-Fanatikern gerne als Gegenargument angeführt wird - natürlich auch seinen Preis. Stellt sich nun die Frage, wie Apple es geschafft hat das Preisargument auszuhebeln und die Marke als High-Tech-Guerilla zu positionieren.

Optische Täuschungen

In der Öffentlichkeit wird Apple eher als Lebenseinstellung denn als profitorientiertes Unternehmen wahrgenommen, obwohl es letzteres zweifellos ist. Der Grundstock dieses Image liegt im Jahr 1984 als Apple mit einem Werbespot die Befreiung von unpersönlichen Computerkonzernen (damals namentlich IBM) propagierte. Und obwohl der Spot nur ein einziges Mal ausgestrahlt wurde, ist "David gegen Goliat" auch heute noch die vorherrschende Kommunikationsstrategie, der selbst eine Kooperation mit Intel kaum etwas anhaben kann.

Produktqualität

Wichtigste Voraussetzung für dieses Image ist eindeutig die Auswahl und Qualität der Produkte. Auch wenn Apple so manchen Fehlgriff gemacht hat - siehe Cube oder Newton - bestimmte Produktreihen haben sich immer durchgesetzt. Und spätestens ab dem iMac konnte sich Apple ruhig ein paar Mängelchen leisten, denn hübsch anzusehen sind die Fabrikate auch nach einem Totalabsturz.

Lass Persönlichkeiten für dich sprechen

Dennoch sind Produkte und Design selbst kaum für das Image verantwortlich. Diesen Part übernehmen Apples prominente Fürsprecher. Einst warb Apple mit Einstein und Picasso - heute bekennt U2 Frontmann Bono öffentlich Farbe. Und auch in Fernsehserien und Filmen hat der Apple seinen "Product-Place". Bekanntestes Beispiel: Sex an the City.

Gib deinen Gegnern die Rolle des Bösewichts

Doch nicht nur seine Freunde, auch seine Feinde wählt Apple mit Sorgfalt. Aber im Gegensatz zum biblischen David greift der Computerhersteller sie nicht direkt an. Auch hier ist "Think different" das Leitmotiv: Microsoft wird zum Imperium des Bösen stilisiert - Apple zum beherzten Rebellen. Und obwohl niemand so genau sagen kann, was die Unternehmen Microsoft und Apple von einander unterscheidet - auch Apple hat eine Tendenz entwickelt seine größten Fans zu verklagen und verfügt mit dem iPod über eine monopolhafte Markposition - bleibt Gates der Bösewicht.

"The reality distortion field"

Apple-Chef Steve Jobs hingegen werden seine Verkaufs- und Präsentationsfähigkeiten durchaus als positiv angerechnet. Weniger positiv wird Jobs nachgesagt, er könne jeden zu allem überreden, solange er sich in seiner Nähe also im "reality distortion field" befindet.

Wie gut Jobs es schafft, die Wirklichkeit zu verzerren, ist an den Seiten und Blogs der Apple-Community abzulesen. Kaum ein Internet-Forum, in dem beim Thema Apple nicht sofort ein Glaubenskrieg - Gates gegen Jobs - losbricht. Und das obwohl Apple mit kaum fünf Prozent Marktanteil alles andere als ein Gegner ist.

Eine Kundenarmee ist der Lohn

Dass diese militante Anhängerschaft aber durchaus auch problematisch sein kann, zeigte vor kurzem der Wechsel zum Chip-Hersteller Intel. Kaum wurde die Kooperation bekannt gegeben, ging auch schon ein Aufschrei durch die Apple Gemeinde. Es hatte fast den Anschein, als ob Apple mehr wechseln würde als einen Chip. Verständlich, denn immerhin war Intel lange Zeit für seine Kollaboration mit dem "Reich des Bösen" bekannt. Jobs hatte daraufhin einige Mühe den einstigen Gegner in einen Freund zu verwandeln.

Doch spätestens seit der Macworld und dem pathetischen Intel-Auftritt ist Realitäten-Störer-Jobs wieder obenauf und hinter ihm steht seine Glaubensgemeinde, die nur eines fürchtet: Nämlich dass es nicht verhindert werden kann, dass Mac OS X auch auf Windows-Rechnern läuft. Da stört es auch nicht weiter, dass sich die für die Intel-Macs versprochene Leistungssteigerung von 200 bis 400 Prozent - je nach Test und Anwendung – nun doch eher im Bereich von 20 Prozent zu bewegen scheint. Doch wozu verfügt man über ein „reality distortion field“ und eine firme Gemeinde?

Denn immerhin ist es die treue Gemeinschaft der Kaufenden, die Apple durch Mundpropaganda Unsummen an Werbeausgaben erspart, und gleichzeitig mit jedem Kauf jedes Apple-Produkts brav zum PR-Budget beiträgt. Damit sie Jobs auch bei der nächsten Technologie-Generation wieder für seine Produkte begeistern kann. Aber über Glauben lässt sich bekanntlich schlecht streiten...

Lesen Sie mehr zu diesen Themen:


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.