Bei seinem Zyklus im Musikverein bleibt Daniel Barenboim seiner Sicht auf Beethovens Klaviersonaten treu.
Er bekomme fast Lust, diese 32 Beethoven-Klaviersonaten noch ein sechstes Mal einzuspielen, meinte ein gut gelaunter Daniel Barenboim nach seinem jüngsten Musikvereinsauftritt. Tatsächlich frappiert, was er aus diesem ihn lebenslang begleitenden Sonatenkosmos immer wieder an neuen Einsichten gewinnt, strukturell wie klanglich.
Dabei hat sich an seiner grundsätzlichen Sicht dieser Werke nichts geändert. Ihn interessiert vor allem die lyrische Welt Beethovens, nicht die Dramatik. Dies drückt sich schon in der Wahl der Dynamik aus. Bei ihm dominieren subtil gesponnene melodische Linien, aus denen er das Geschehen jeweils mit großer gestalterischer Intelligenz entwickelt. Egal, ob bei den frühen Sonaten Opus 14, in denen Beethoven Gespräche von Mann und Frau musikalisch imaginieren wollte, bei der großen, fast wie eine Symphonie für Klavier erdachten B-Dur-Sonate Opus 22 oder bei dem wegen des dritten Satzes als Trauermarsch-Sonate populär gewordenen Opus 26: Stets inspiriert Barenboim die Vielfalt des melodischen Geschehens und der rhythmischen Faktur zu weitbögigen Geschichten.