Garten-Tourismus: Neuer Trend in Grün

Blühende Geschäfte: Die Schaugärten boomen, 2008 kommt die große Landesausstellung. Bringt das Land den Garten-Tourismus nach Österreich? Experten sehen gute Chancen – aber auch Stolpersteine.

St. Pölten/Wien.Was macht Ihr am Feiertag? „Einen Ausflug in einen Garten.“ Man kann diesen Satz zwei, drei Mal hintereinander sagen und er wird trotzdem seltsam klingen. Denn, anders als in Großbritannien, gibt es in Österreich keinen Garten-Tourismus. Einerseits.

Andererseits werden diesen Donnerstag (siehe Kasten) Tausende, darunter viele Wiener, ins niederösterreichische Kamptal pilgern, um sich die Anlage des Schlosses Schiltern oder die Kittenberger Erlebnisgärten anzusehen. 60.000 Besucher binnen eines Monats zählten die 19 „Kamptalgärten“ im Vorjahr konkret, 550.000 im ganzen Jahr. 2008 rechnet man etwas weiter südöstlich mit einem Ansturm, wenn die permanente Landesgartenschau in Tulln und Grafenegg startet. 18,5 Millionen Euro werden in die „Garten Tulln“ investiert. 2010 ist dann Baden bei Wien dran: Das Rosarium wird erneuert.

„Ja, es stimmt. Wir wollen uns als Garten-Land positionieren“, sagt der Geschäftsführer der Niederösterreich-Werbung, Christoph Madl. Und Geld verdienen, könnte man hinzufügen: Denn mit 40 bis 60 Euro pro Tag gibt der Garten-Tourist, der nicht nur Kaffee, sondern gern auch Pflanzen kauft, relativ viel aus – was in einem Bundesland, wo mehrheitlich Ausflügler und nicht Übernachtungsgäste unterwegs sind, viel zählt.

Großes Potenzial – theoretisch

Tatsächlich ist die Ausgangslage für Niederösterreich nicht schlecht, wie Eva Berger, Professorin für Landschaftsplanung und Gartenkunst an der Technischen Universität, darlegt: 650 der insgesamt 1750 historischen Gartenanlagen Österreichs befinden sich in Niederösterreich. Adelige und Klosterherren haben rund um die frühere Residenzstadt Wien ihre blühenden Spuren hinterlassen. Und auch Besucher-Potenzial wäre vorhanden. Zumindest habe eine bundesweite Haushaltsbefragung in Deutschland gezeigt, dass jeder Zweite gerne historische Parks besucht, sagt Christian Hlavac vom Zentrum für Garten, Landschaft und Tourismus. Das ließe sich auf Österreich eins zu eins umlegen. Theoretisch.

Praktisch, sagt Trendforscher Andreas Reiter, sei bislang keine Tendenz zu erkennen. „Soetwas wie bei den Weinkennern, die Weingüter besuchen, gibt es bei Gartenfreunden noch nicht.“ Die Leute würden gern im eigenen Grün arbeiten, aber nicht fremdes besichtigen. Allerdings: „Langfristig gibt es ein großes Interesse an inszenierter Authentizität, Heimaturlaube boomen, vielleicht auch der Garten-Tourismus.“

Bis dahin ist es jedoch ein steiniger Weg. Insgesamt drei Stolpersteine machen die Experten aus:
• Das Geld: Es genügt nicht, Gärten zu haben, sie müssen auch repräsentabel sind. Tatsächlich sind – österreichweit – alte Gartenanlagen in einem schlechten Zustand. Was, wie Berger erklärt, historische Gründe hat. Nach den Weltkriegen waren punkto Wiederaufbau andere Dinge wichtiger als Pflanzen und Kieswege. Eine Haltung, die sich auch in der liberalen Denkmalschutz-Regelung widerspiegelt. Geschützt wird nur, wenn der Eigentümer sein Einverständnis gibt. Als ein Vorzeigebeispiel gilt Schloss Hof im Marchfeld, dessen renovierte Orangerie dieser Tage präsentiert wurde. Wird Niederösterreich also künftig Geld in die Hand nehmen, um sein grünes Erbe in Stand zu setzen? Konkrete Zahlen gibt's nicht, aber so heißt es aus dem Büro von „Gartenlandesrat“ Wolfgang Sobotka, man werde alternierend in verschiedenen Regionen (Baden, Tulln) Schwerpunkte setzen.
• Das Marketing: Anders als im Garten-Tourismus-Land Großbritannien, wo die meisten Schaugärten dem National Trust gehören, ist hierzulande die Eigentümerstruktur stark zersplittert. Umso wichtiger sei ein Marketingkonzept, so Hlavac – das auch schon in Planung ist. Touristische Gartenbetriebe sollen sich zu einer Plattform zusammenschließen. •Die nationale Psyche: Bei den Garteneigentümern hat man es fast geschafft: Während es bundesweit nie wirklich gelang, Private dafür zu begeistern ihr Gartentor für Fremde zu öffnen, kann Niederösterreich durch die Initiative „Natur im Garten“ über 50 private Schaugärten vorweisen.

Mit den Köpfen der Besucher gibt's allerdings noch eigene Probleme. Weil die Erhaltung der Gärten viel kostet, ist die Eintrittspflicht künftig, wie vorsichtig formuliert wird, „ein wichtiger Punkt“. Damit jedoch haben die Österreicher wenig am Hut: „Das widerspricht der Mentalität. Natur ist einfach etwas, was da ist“, sagt Reiter. Und an den Griff zur Börse gewöhnt sich mancher eben besonders schwer.

DIE TERMINE: Gartenkirtag in Schiltern, Gartentage im Schloss Hof

Der Gartenkirtag Schiltern (Niederöstereich) findet vom 17. bis 20.Mai statt. Insgesamt stellen sich dort neunzehn Gärten aus dem ganzen Kamptal vor. Das Eröffnungsprogramm startet am Donnerstag, 17. Mai. Start ist am Donnerstag, dem Feiertag, ab 10 Uhr mit einem Frühschoppen. Das offizielle Eröffnungsprogramm startet um 14Uhr. Am Freitag gibt es ein spezielles Programm für Senioren mit Andrea Dungl-Zauner und am Samstag Vorträge und Praxis-Demonstrationen zum Thema Gartenarbeit. Zum Verein Kamptalgärten gehören unter anderem die Kittenberger Erlebnisgärten, der Garten der Religionen des Stift Altenburg, das Stift Zwettl oder das Loisium. Die Gärten sind ganzjährig geöffnet.

www.kamptalgaerten.atEbenfalls vom 17. bis zum 20. Mai feiert man im Schloss Hof im Marchfeld, dessen Orangerie kürzlich saniert wurde, die Gartentage. Die Verkaufsausstellung findet von 10 bis 18 Uhr im Meierhof des Schlosses statt. Gezeigt werden heimische und exotische Pflanzen, Accessoires für den Garten und Bücher.


[Fotos: Kittenberger, Michaela Bruckberger]

("Die Presse", Print-Ausgabe, 16.05.2007)

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