Verhinderter Anschlag: Wien Zentrum der bosnisch-extremistischen Szene?

(c) APA (Herbert Pfarrhofer)
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Verdächtiger macht in U-Haft wirre Angaben – er könnte als unzurechnungsfähig eingestuft werden.

WIEN.Der nach dem versuchten Anschlag auf die Wiener US-Botschaft am Montag festgenommene Aslan C. könnte für unzurechnungsfähig eingestuft werden. Mit dieser Aussage ließ am Mittwoch Gerhard Jarosch, Sprecher der Wiener Staatsanwaltschaft aufhorchen. Wie berichtet, hat sich C., der in Tulln wohnte, in den vergangenen Jahren mehrmals in psychiatrischer Behandlung befunden. Bei den Einvernahmen mache er jedenfalls einen sehr verwirrten Eindruck, hieß es.

„Es wird jetzt ein Psychiater bestellt, der den Verdächtigen dann genau untersuchen wird“, so Jarosch zur „Presse“. Zeithorizont dafür konnte er keinen nennen. Für den Fall, dass der Mann als unzurechnungsfähig eingestuft wird, kann er bei einem Prozess zu keiner Strafhaft verurteilt, sondern würde wohl in eine Anstalt eingewiesen werden.

Ob es sich bei dem Hauptverdächtigen nur um einen Verwirrten handelt, oder ob er Kontakte zur radikal islamistischen Szene hat, ist von Seiten der Polizei noch nicht geklärt. Das Buch, das er mit sich führte, lenkt aber zumindest den Verdacht in diese Richtung. Denn „Namaz u Islamu“, eine Anleitung zum islamischen Gebet, wurde vom „Verein zur Förderung der islamischen Kultur in Österreich“ herausgegeben.

Und die dem bosnisch-islamischen Verein zugehörige Moschee steht dem Vernehmen nach unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Dort soll eine besonders strenge Auslegung des Islam, die vor allem in Saudiarabien vorkommende wahhabitische Schule, gepredigt werden.

Verfassungsschutz beobachtet

Gerade Bosnien profitierte nach dem Jugoslawien-Krieg stark von saudischem Engagement. Doch mit Hilfsgeldern und Moscheebauten nahm der Einfluss der Saudis auf die ideologische Ausrichtung vor allem junger Bosnier zu. Die „Aktive Islamische Jugend“ (AIO), eine von ehemaligen Kämpfern der bosnischen Mujaheddin-Brigaden gegründete Organisation, verfolgte bis zu ihrer Auflösung Ende 2006 das Ziel eines islamischen Staates in Bosnien.

Aber auch in der bosnischen Diaspora, so der aktuelle Verfassungsschutzbericht, wurden Gruppen bekannt, die einer neo-fundamentalistischen Interpretation des Wahhabismus anhängen. In Österreich nennt der Verfassungsschutz als Zentren der AIO und der bosnisch-extremistischen Szene Oberösterreich und Wien.

Und schon im heurigen Frühjahr hatte Mustafa Ceric, Großmufti von Sarajewo in einem Interview gewarnt, dass es in Wien „Netzwerke und Zentren“ extremer Islamisten gebe, deren Aktionsradius sich bis Sarajewo erstrecke.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 04.10.2007)

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