Der juristische Poker um das Glücksspiel-Monopol

Geschicklichkeitsspiel oder pures Glück mit Karten?

WIEN. Für das Finanzministerium ist der Sachverhalt klar. „Ja!“, ist auf der offiziellen Homepage nachzulesen, Poker sei eindeutig ein Glücksspiel. Dies habe der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) in seinem Erkenntnis 2000/17/0201 zweifelsfrei festgestellt. Das bedeute, dass die legale Durchführung nur in konzessionierten Spielbanken zulässig sei. Eine derartige Konzession haben die Casinos Austria und die Österreichischen Lotterien. Sonst niemand.

Fakt ist aber, dass es in Österreich zahlreiche Poker-Casinos gibt, wo Tag für Tag hunderte Menschen dem „Glücksspiel“ frönen. Genau diese möchten die Casinos Austria nun angreifen und zur Anzeige bringen (siehe oben stehender Bericht).

Umstrittene Rechtslage

Allerdings: Ganz so klar, wie das Finanzministerium glauben lassen möchte, ist die Sachlage nicht. So behaupten verschiedene Gutachter das Gegenteil. „Ich kann ohne Probleme beweisen, dass unser Angebot keineswegs illegal ist“, gibt sich auch der Chef des Marktführers Concord Card Casinos, Peter Zanoni, kämpferisch.

Zanoni bezieht sich auf ein Gutachten der niederländischen Universität Tilburg, in dem zu lesen ist, dass Poker „als Geschicklichkeitsspiel einzustufen“ ist. Die Tatsache, ob Poker ein Glücks- oder Geschicklichkeitsspiel ist, ist von zentraler Bedeutung. Geschicklichkeitsspiele dürfen auch von Unternehmen angeboten werden, die nicht als Spielbanken konzessioniert sind.

Schnapsen für Könner

In dem Gutachten der Universität Tilburg, welches der „Presse“ vorliegt, wird argumentiert, dass „der Grad der Geschicklichkeit“, welcher für Poker erforderlich sei, „höher einzuschätzen ist als jener, der bei Schnapsen zu erwarten ist.“ Schnapsen gilt in Österreich als Geschicklichkeitsspiel.

Bleibt noch das erwähnte Erkenntnis des VwGH, wonach Poker ein Glücksspiel sei. Auch darüber gibt es unterschiedliche Rechtsauffassungen. So habe der VwGH in seinem Urteil „keine abschließende Beurteilung des Glücksspiel-Begriffs“ vorgenommen, schreibt etwa die Rechtsanwältin Kathrin Hornbanger in einem Gutachten.

Zeigen die Casinos Austria andere Poker-Casinos nun wie angekündigt an, werden weitere Gutachten und Rechtsstreite folgen. Den letzten Rechtsstreit gegen das Concord Card Casino hat Zanoni jedenfalls gewonnen. 2005 wurde er vom Vorwurf, „Spiele, bei denen Gewinn und Verlust ausschließlich oder vorwiegend vom Zufall abhängen“ zu veranstalten, „um sich oder einen anderen einen Vermögensvorteil zuzuwenden“, freigesprochen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 15.02.2007)

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