Eine Firma mit der Lizenz zum Schnüffeln

Der einstige Innenminister und der Ex-Chef des Nachrichtenamtes sind Unternehmer geworden.

wien. Ein Beispiel aus dem harten Leben der Wirtschaftstreibenden: Unternehmen A will Unternehmen B kaufen. Das Objekt der Begierde ist hinreichend durchleuchtet, die Verhandlungspartner sind sich über die Modalitäten der Transaktion einig. Plötzlich tauchen in der Branche unangenehme Gerüchte auf: Unternehmen B mit Sitz in einem osteuropäischen Land soll mit Drogenhandel Geschäfte machen.

Was tun? Den Chef von Unternehmen B zur Rede stellen? Nicht sehr sinnvoll. Mitbewerber fragen? Detto. Den Deal vorsichtshalber abblasen? Könnte ein Fehler sein.

Das Ganze hat sich tatsächlich im vergangenen Jahr zugetragen. Und Unternehmen A beauftragte die österreichische Firma „Corporate Information Network“ (CIN), Licht ins Dunkel zu bringen. CIN ist nämlich auf umfassende Risikoanalysen (neudeutsch: Corporate Intelligence) spezialisiert: Dank eines breit gestreuten, flächendeckenden Netzwerkes werden Informationen gesammelt, auf Werthaltigkeit überprüft und analysiert. Die dann herausgefilterten „strukturierten Informationen“ dienen dem Auftraggeber als Entscheidungsgrundlage – für Partnerschaften, Akquisitionen, Investitionen.

Im eingangs geschilderten Beispiel war das Ergebnis der CIN-Recherchen so: Ein deutscher Konkurrent, der ebenfalls reges Interesse an Unternehmen B hatte, hatte die Gerüchte über den Drogenhandel gezielt gestreut.

Pionier in Österreich

CIN-Chef Thomas Havranek hat sich vor fünf Jahren auf Intelligence-Dienstleistungen spezialisiert. In Österreich ist er Pionier, doch im Ausland gibt es schon lange Vorbilder: etwa das US-Unternehmen Kroll Systems oder die britische Control Risk Group. Auch in Deutschland und in Frankreich gibt es etliche Intelligence-Unternehmen – in Frankreich wird für diesen an Bedeutung gewinnenden Wirtschaftsbereich sogar ein eigener Uni-Lehrgang angeboten.

Jede Menge Konkurrenz also für Havranek. Doch er meint, zwei nicht unwesentliche Trümpfe in der Hand zu haben. Erstens hat er sich mit seiner Expertise auf so ziemlich alle osteuropäischen Länder spezialisiert. Und zweitens hat er sich Anfang dieses Jahres Gesellschafter ins Boot geholt, die eine nicht unwesentliche Unterstützung für das Geschäft bringen. Als da wären: der ehemalige VP-Innenminister Ernst Strasser. Der ehemalige Leiter des Heeres-Nachrichtenamtes, Alfred Schätz. Der ehemalige Chef des Pharmakonzerns GlaxoSmithKline in Wien, Ulrich Bode. Und der bekannte Wirtschaftstreuhänder Günther Havranek – übrigens Vater des Firmengründers. Im Advisory Board von CIN sitzen der Regierungsbeauftragte für den Kapitalmarkt, Richard Schenz, sowie Robert Sturm, einst Pressesprecher des Innenministeriums. Der war auch Chefinspektor des Bundesamtes für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung.

Dichtes Netzwerk

Havranek über seine erlesenen Partner und Ratgeber: „Sie bringen alle unglaublich viel Know how ein und ergänzen unser Netzwerk um ein Vielfaches.“ Partner Ernst Strasser ist jedenfalls durch und durch optimistisch: „Ich habe mich an CIN beteiligt, weil ich aus meiner Erfahrung als Regierungsmitglied weiß, dass solche Dienstleitungen von der österreichischen Wirtschaft immer stärker nachgefragt werden.“ Und Partner Schätz ergänzt: „Es geht darum, Firmen hohe Sicherheit zu geben, wenn sie in eine Region expandieren, die ohnehin unsicher ist.“

NEUE DIENSTLEISTUNG

Das CIN (Corporate Information Network) bietet umfassende Intelligence-Dienstleistungen an: Für Kunden werden Informationen über Konkurrenten, deren Strategien, Kostenstrukturen und Netzwerke eingeholt. Die Analyse dient als Grundlage für Unternehmensentscheidungen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 01.06.2007)

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