Kreditkrise: Katzenjammer in der Bankenwelt

(c) AP (Richard Drew)
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In Deutschland werden Rufe nach einer Reform der Bankenaufsicht laut – und in den USA prüfen nun Anwälte, ob der Zusammenbruch zweier Hedge Fonds wirklich nur Pech war.

WIEN. Der amerikanische Investor Warren Buffett hat einmal eine allzeit gültige Beobachtung der Finanzmärkte in ein süffisantes Zitat geschmiedet: „Erst bei Ebbe sieht man, wer nackt baden war.“

In diesem Sinne wird nun deutlich, dass offenbar so gut wie alle europäischen Großbanken FKK-Badeferien in den USA gemacht haben. Von der Deutschen Bank über die Commerzbank bis zur BNP Paribas haben sich die seriösesten Kreditinstitute kopfüber ins Abenteuer gestürzt, mit dem Kauf von Kreditforderungen gegen arme US-Häuslbauer satte Renditen zu erzielen. Dieses Geschäft mit „Subprime Mortgages“ (Ramsch-Hypotheken, die an finanzschwache Bürger vergeben und in weiterer Folge an Banken verkauft wurden) lief eine Zeitlang sehr gut. Nämlich so lange, wie die Zinsen niedrig waren und sich die Hypothekarschuldner die Ratenzahlungen leisten konnten.

Dieses Blatt wendete sich am 30. Juni 2004. Da erhöhte die US-Notenbank Federal Reserve erstmals seit vier Jahren den Leitzinssatz, zu dem sich Banken Geld bei ihr borgen können. Und zwar von einem Prozent auf 1,25 Prozent.

Zinssatz verfünffacht

Dann schnellte der Eckzinssatz binnen zwei Jahren auf 5,25 Prozent. So bekämpfte die Fed die Inflation. Und brachte finanzschwache Häuslbauer ins Trudeln. Denn nur in den ersten zwei Jahren ist der Zinssatz für ihre Hypothekenkredite fix. Danach wird er variabel. Und so stiegen die Kreditraten. Immer mehr Amerikaner konnten sich das nicht mehr leisten, und das brach US-Hypthekenfinanzierern wie HomeBanc, die zum Wochenende Insolvenz anmeldete, das Genick.

Diese Vorgeschichte muss kennen, wer die Folgen der US-Kreditkrise für die europäischen Banken beurteilen will. Die waren nämlich davon ausgegangen, dass die US-Schuldner weiterhin verlässlich ihre Ausstände begleichen würden. Und man folglich endlos lang gute Geschäfte damit machen kann, US-Hypothekenbanken solche schlecht oder gar nicht besicherten Kredite abzukaufen. Selbst dann, wenn sich der Zinssatz mehr als verfünffacht.

Behörden haben geschlafen

Das klingt ziemlich unvernünftig. Und so ertönen in Deutschland erste Stimmen, die nach einer Reform der Bankenaufsicht rufen. „Es ist sehr zu überlegen, ob die Bankenkontrolle nicht von der Finanzaufsicht Bafin, die ja keinen Marktkontakt hat, auf die Zentralbanken übergeht“, sagte Wilhelm Hankel, Ex-Präsident der Hessischen Landesbank im Deutschlandradio. Tatsächlich macht die Bafin („Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht“) keine glückliche Figur. Sie hat den Grad der Verflechtung deutscher Banken mit dem Markt für Ramsch-Hypotheken schwer unterschätzt. So berichtet der „Spiegel“, dass die deutsche Mittelstandsbank IKB 7,8 Mrd. Euro auf diesem Teil des US-Immobilienmarktes investiert hat. Die Bafin hatte bisher mit 3,5 Mrd. Euro gerechnet und nur für diese Summe eine Risikoübernahme durch die staatliche KfW-Bank veranlasst. Die IKB war so beschädigt, dass sie ohne das Eingreifen der KfW nicht überlebt hätte. Das sagt die auf Bankenratings spezialisierte Agentur Fitch.

Eine Rettungsaktion des Staates, mit der Fitch übrigens stets rechnet. Sollte sie nämlich neue Probleme bekommen, würde die KfW wieder einspringen, lautet die wohl zutreffende Einschätzung.

Nun schlägt die Stunde der Juristen. Die Staatsanwaltschaft Düsseldorf ermittelt gegen Ex-IKB-Chef Stefan Ortseifen. Untreue und Verletzung der Informationspflichten nach dem Aktiengesetz stehen im Raum. Und in New York prüft die Kanzlei Davis Polk & Wardwell, ob zwei Hedge Fonds der Investmentbank Bear Stearns, die auch im Hypothekengeschäft unterwegs waren, wirklich nur aus Pech zusammengebrochen sind.

AUSGESCHÜTTET

Mit US-Ramsch-Hypothekenhaben einige europäische Banken dicke Verluste erlitten. Ein Großteil der Investitionen dürfte verloren sein. Die größten Fälle: IKB (7,8 Mrd. Euro), Postbank (600 Mio. Euro) WestLB (1,25 Mrd. Euro), SachsenLB (13 Mrd. Euro). Weitere dürften folgen.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 13.08.2007)

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