Gas: Brücke zur Erneuerbaren Energie

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Energietechnik: Biogas bietet laut Studien die höchste Energieausbeute.

WIEN. Um Biotreibstoffe ist eine heftige Kontroverse entbrannt. Immer mehr Studien – zuletzt eine der OECD – ziehen in Zweifel, dass Biosprit einen wesentlichen Beitrag zum Umwelt- und Klimaschutz leisten kann. Abgesehen davon, dass sich Benzin und Diesel auf absehbare Zeit nicht zu 100 Prozent durch nachwachsende Ressourcen ersetzen lassen, führen Kritiker den relativ hohe Energieeinsatz zur Produktion von Biosprit – vom Traktor über den Dünger bis zur Destillation – sowie die Schäden an Böden ins Treffen. Noch dazu sind derzeit die Preise für Getreide, Mais & Co. auf einem Höchststand – sodass Biosprit auch recht teuer kommt.

Weltspitze bei Technologie

Die Fronten zwischen Befürwortern und Gegnern verschwimmen deshalb immer mehr. Seit einigen Monaten treten selbst Umweltaktivisten gegen Biosprit auf – vor allem deshalb, weil die energetische Verwendung von Pflanzen zunehmend zu einer Konkurrenz zur Nahrung wird. Die Weltbank hat kürzlich eine Zusammenschau der vielen Studien versucht. Die Hauptaussage: Es gibt keine einzige Studie, die alle Aspekte von Biotreibstoffen beleuchtet – von der CO2- und der Energie-Bilanz über Nutzen und Schäden für die Umwelt bis hin zur Wasserknappheit und den wirtschaftlichen Konsequenzen etwa auf Versorgungssicherheit und Energiepreise. Die Weltbankexperten lehnen es daher ab, irgendwelche Schlüsse zu verallgemeinern.

An zwei Fakten kommen Freunde und Feinde von Biotreibstoffen indes nicht vorbei: Die EU hat sich hohe Ziele zur Substitution von fossiler Energie gesetzt – Österreich noch höhere. Und nachwachsende Rohstoffe senken die CO2-Emissionen, die sehr wahrscheinlich für die Klimaerwärmung verantwortlich sind. In der Theorie wird beim Verbrennen von Pflanzen die gleiche CO2-Menge frei, die eine Pflanze beim Wachstum aufgenommen hat. Wie sehr diese „CO2-Neutralität“ durch den Energieaufwand bei der Produktion, Verarbeitung und beim Transport verwässert wird, darüber gibt es aus der Praxis kaum Erfahrungen.

Die Praxis ist aber bereits voll angelaufen – und gerade für Österreich ist das Thema Erneuerbare Energie ein zentrales: Hunderte Unternehmen beschäftigen sich damit. Deren Wachstumsraten sind meist zweistellig, sie sind am Weltmarkt sehr erfolgreich. In manchen Bereichen, etwa beim Bau von Biogas-Anlagen oder der Verfeuerung von Holz ist österreichische Technologie an der Weltspitze.

Allerdings steht der Boom der heimischen Umwelt- und Energietechnik auf wackeligen Beinen. Denn mittelfristig droht ihnen ein Teil des Heimmarktes wegzubrechen – und ohne Heimmarkt kann auf Dauer auch die starke Stellung im Export nicht verteidigt werden. Österreich ist schlicht zu klein für eine massive Steigerung des Biomasse-Einsatzes für energetische Zwecke. Deshalb muss mit den Flächen sorgsam umgegangen werden. Andernfalls werden viele ökologische und wirtschaftliche Vorteile durch einen hohen Importbedarf bei den Rohstoffen zunichte gemacht. Die Österreichische Energieagentur hat sich Gedanken darüber gemacht, welche Energiemengen sich auf einem Hektar Agrarfläche gewinnen lassen – und zwar umgerechnet auf den Energiebedarf zum Autofahren (siehe Grafik): Am weitesten, nämlich 67.700 Kilometer, kommt man demnach mit Biogas, das aus Mais produziert wurde. Am schlechtesten von den bereits eingesetzten Treibstoffen schneidet Biodiesel ab: Mit einem Hektar Raps kommt man nur 18.500 Kilometer – rund ein Viertel von Biogas aus Mais.

Betrachtet man alle möglichen Rohstoffe für Biogas oder Biosprit, so ergibt sich ein deutlicher Vorteil für Biogas. Das ist auch nicht überraschend, denn bei der Biogas-Herstellung wird die gesamte Pflanze inklusive Stängel und Blätter verwertet – und nicht nur die Getreidekörner oder Samen.

„Kontinuierlicher Übergang“

Biogas könnte laut Energieagentur rund ein Sechstel des österreichischen Gasbedarfes abdecken. Das ist übrigens die gleiche Menge wie die Erdgasförderung in Österreich. Auf den Straßenverkehr umgelegt, entspricht das einem Fünftel des Sprit-Verbrauchs. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Für den Vize-Chef der Energieagentur, Herbert Lechner, ist damit klar, dass Erdgas eine „Brückenenergie“ zu einer nachhaltigen Energieversorgung darstellt. „Es wird einen kontinuierlichen Übergang geben“, ist er überzeugt. Biogas muss vor der Einspeisung in das Gasnetz gereinigt werden – was technologisch problemlos, aber noch teuer ist. In Entwicklung sind nun deutlich effizientere Methoden der Biogas-Produktion und -Reinigung. Wie wirtschaftlich diese Verfahren sind, wird derzeit getestet – etwa in einem Großversuch in Bruck/Leitha.

AUF EINEN BLICK

Biogas hat in den Augen von Energieexperten die besten Zukunftschancen unter den Erneuerbaren Energieträgern.

Eingespeist in Gasnetze könnte ein kontinuierlicher Übergang zu Bioenergie geschafft werden.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.09.2007)

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