Familien-Dynastien: Gefahr für Wirtschaft

STUDIEN. Nur intakte Märkte bewahren Familienunternehmen langfristig vor dem Absturz.

E
s gibt natürlich viele Gegenbeispiele, wo Familienbetriebe über Generatio nen florieren. Der Regelfall ist das aber nicht: Wenn sowohl die Eigentümerschaft als auch das Management über mehrere Generationen in den Händen von Familienmitgliedern bleiben, dann kommt unweigerlich der Punkt, wo ein weniger talentierter Chef das Ruder übernimmt - und spätestens dann beginnen die Probleme.

Das ist durch Studien auch bewiesen. In den USA beispielsweise wurde gezeigt, dass ein Familienbetrieb nach einem Generationswechsel im Schnitt um 20 Prozent weniger profitabel ist als ein Unternehmen, wo es einen Wechsel beim angestellten Management gibt. Signifikante Unterschiede zwischen "dynastischen" Firmen und dem Rest der Wirtschaft wurden auch in Dänemark, Kanada oder Thailand bewiesen.

Wenn es nun Staaten mit besonders viele Familiendynastien gibt, dann sollte das dort auch volkswirtschaftliche Auswirkungen haben. Das dachten sich jedenfalls die beiden Ökonomen Francesco Caselli (London School of Economics) und Nicola Gennaioli (Universität Stockholm). Und sie haben in einer Studie nun Beweise für diese These vorgelegt. Sie haben dazu die Entwicklung der Produktivität in verschiedenen Staaten mit dem Anteil von dynastischen Firmen verglichen. Nach herrschender Meinung unter Wirtschaftsforschern erklären Produktivitätsunterschiede die Hälfte der Einkommensunterschiede zischen Staaten.

Auffallend dabei ist, dass der Anteil von dynastischen Firmen in schwächer entwickelten Ländern höher ist als in reichen Industriestaaten. Dieser Zusammenhang lieferte auch die zentrale Hypothese der Studie: Staaten, in denen es ein starkes Justizwesen gibt, mit dem Rechte und Verträge durchgesetzt werden können, weisen eine höhere Produktivität auf als Staaten mit geringer Rechtssicherheit.

Das äußert sich in vielen Bereichen. Zentral dabei ist das Funktionieren der Marktmechanismen. Konkret identifizierten Caselli und Gennaioli zwei mögliche Mechanismen: Erstens verhindert mangelhafte Rechtssicherheit, dass sich ein Markt für Firmenübernahmen entwickelt - ausländische Investoren müssen beispielsweise in vielen Ländern mit der Angst leben, enteignet zu werden. Und zweitens kann sich bei schwachen Institutionen kein funktionierender Finanzmarkt etablieren. Die Folge: Talentierte Unternehmer haben kaum eine Chance, genug Kapital aufzutreiben, um ein Geschäft aufzubauen und den dynastischen Platzhirschen Konkurrenz zu machen - oder diese gar übernehmen zu können.

In einer Modellrechnung erweisen sich beide Faktoren als sehr wichtig: Zusammengenommen erklären sie die Hälfte des Produktivitätsunterschieds zwischen verschiedenen Staaten. Je nach Entwicklungsstand eines Landes ist der Zusammenhang aber unterschiedlich stark: Je niedriger die Produktivität eines Staats ist, desto weniger fällt es ins Gewicht, ob unfähige Familienoberhäupter die Wirtschaft kontrollieren.

Natürlich sind dynastische Firmen nicht der einzige Grund für Produktivitäts-Unterschiede, betonen die Ökonomen. Wichtig sei auch, ob der Technologietransfer funktioniert, eine Rolle spielen geografische Faktoren, die politische Stabilität, Markteintrittsbarrieren oder das Steuerwesen. Aber bewiesen wurde nun, dass Dynastien nicht nur im Fall der Staatsführung - wenn Regierungsämter de facto vererbt werden - zu riesigen Problemen führen können, sondern auch die Unternehmens-Landschaft eines Landes massiv schädigen können.

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