Causa Eurofighter
Eine Affäre ohne Ende
Am 12. Juli 2007 landete der erste von insgesamt 15 Eurofightern in Zeltweg. Der Ankauf ist nach wie vor umstritten. Das Heer zieht eine positive Bilanz.

Über fünf Jahre ist es her, dass der erste von 15 Eurofightern in Zeltweg gelandet ist, vor mehr als zwölf Jahren beschloss die damalige schwarz-blaue Regierung die Anschaffung der Abfangjäger. Noch heute sorgt der Deal immer wieder für Aufregung. Ein Blick auf eine Affäre, die kein Ende zu nehmen scheint.
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2000 beschloss die schwarz-blaue Regierung die Anschaffung neuer Abfangjäger. Im Oktober 2001 kam es zur Angebotseinholung für die Beschaffung von 24 einsitzigen Fliegern inklusive Option auf sechs Doppelsitzer. Der damalige VP-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel bezifferte die Kosten mit 1,791 Milliarden Euro. Aufgrund des Hochwassers im August wurde eine Reduktion von 24 auf 18 Stück vereinbart. Die Kosten wurden nun mit 1,969 Milliarden Euro inklusive Finanzierung und allem Zubehör beziffert. Am 1. Juli 2005 folgte die Vertragsunterzeichnung.
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Im Oktober 2006 wurde die SPÖ Erste bei der Nationalratswahl. Im Wahlkampf hatte sie unter dem Motto "Keine Eurofighter unter einem Kanzler Gusenbauer" den Ausstieg aus dem Vertrag versprochen. Ein Untersuchungsausschuss wurde eingesetzt - und vorzeitig "abgedreht" - und die Regierung aufgefordert, die Ausstiegskosten zu eruieren. Nach zählen Verhandlungen einigten sich Rot und Schwarz auf die Zusammenarbeit, das Thema Eurofighter blieb allerdings im Regierungsprogramm ausgespart.
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12. Juli 2007, 10 Uhr: Der erste Eurofighter landete im steirischen Zeltweg. Begrüßt wurde er allerdings weniger prominent - sowohl SP-Verteidigungsminister Norbert Darabos, als auch der Oberbefehlshaber des Bundesheeres, Bundespräsident Heinz Fischer, weilten auf Staatsbesuch in Mazedonien. Darabos sah nicht zwingend einen Grund zum Feiern: "Das muss kein Volksfest werden." Trotzdem wurde der Flieger nach alter Luftwaffentradition empfangen. Bis 2008 trafen alle neun neuen Jets ein, 2009 folgten sechs gebrauchte Flieger.
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Pikantes Detail am Rande: Die Eurofighter sind nachtblind. Im Zuge des Sparpaketes bestellte Darabos nämlich die Nachtsichtgeräte der Jets ab. Der Verteidigungsminister begründete die Sparmaßnahme mit der Sicherheitsdoktrin aus dem Jahre 2001, wonach eine unmittelbare militärische Bedrohung Österreichs aus der Luft nicht vorliegt. Laut dem Militärluftfahrt-Journalist Georg Mader sind Eurofighter-Piloten ohne die Infrarot-Such- und Zielverfolgungsgeräte aber nicht in der Lage, unbekannte Flugzeuge in der Nacht zu identifizieren.
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Im Juni 2008 gelang den Eurofightern ein erster Fang: Als eine französische Militärmaschine unerlaubt in den österreichischen Luftraum eindrang, absolvierten die Jets ein Abfangmanöver und eskortierten das Flugzeug aus Österreich hinaus. Nachdem der französische Pilot seinen Fehler erkannt hatte, entschuldigte er sich.
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Seit 1. Juli 2008 wird der österreichische Luftraum allein von den Eurofightern überwacht. Im Juni 2008 mussten nämlich die von der Schweiz geliehenen F5-Abfängjäger zurückgegeben werden, die diese Aufgabe bislang erfüllt hatten.
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Im Sommer 2008 stand Österreich ganz im Zeichen der Fußball-Europameisterschaft, die es gemeinsam mit der Schweiz organisierte. Zur Luftraumüberwachung dienten die Eurofighter. Günter Höfler, Kommandant der Streitkräfte des Bundesheeres, sagte dazu: "Für uns war immer klar, dass die Eurofighter während der EM zum Einsatz kommen."
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Im August 2008 erschien dann der mit Spannung erwartete Rechnungshofbericht über den Vergleich zwischen Darabos und der Eurofighter GmbH. Darabos hatte behauptet, durch die Verringerung der Stückzahl und weiteren Sparmaßnahmen 370 Millionen Euro eingespart zu haben. Tatsächlich waren es laut Rechnungshof nur 267 Millionen Euro. Weiters zog der Bericht eine negative Bilanz über die Verhandlungen mit der Eurofighter GmbH, die Darabos mehr oder weniger im Alleingang geführt hat. Daraufhin hagelte es Kritik von allen Seiten. Die ÖVP empörte sich über "desaströse" Verhandlungen zum "Schaden der Republik". Sogar Rücktrittsforderungen wurden laut.
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Im Wahlkampf 2008 stolperte das Liberale Forum (LiF), das erstmals seit 1999 wieder zur Wahl antrat, über Lobbying-Tätigkeiten seines Vorsitzenden Alexander Zach. Dieser hatte mit seiner PR-Agentur für den Eurofighter-Hersteller EADS lobbyiert. Zach musste zurücktreten, das LiF schaffte nicht den Sprung über die Vier-Prozent-Hürde in den Nationalrat.
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Im Mai 2009 kam erstmals ans Licht, dass die Kosten für den nötig gewordene Ausbau des Militärflughafens in Zeltweg deutlich gestiegen sind. Der Grüne Abgeordnete Peter Pilz attestierte dem Verteidigungsministerium "vollkommenes Versagen" und sprach von einem "Eurofighter-Palazzo". Darabos setzte eine Untersuchungskommission ein. "Diese eklatante Ausgabenerhöhung muss lückenlos aufgeklärt werden", so der Minister. Ergebnisse stehen noch aus.
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Im Mai 2011 wurde ein Rechnungshofbericht veröffentlicht, wonach sich die Kosten für den Eurofighter-Fliegerhorst in Zeltweg von 46 auf fast 161 Millionen Euro mehr als verdreifacht haben.
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Am 1. Jänner 2012 witterte SP-Bundesgeschäftsführer Günther Kräuter abermals eine Chance, die ungeliebten Eurofighter loszuwerden. Seine Idee: Die Flieger verkaufen und die Überwachung des Luftraumes an andere Länder abgeben.
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Einen Tag später dann der Dämpfer: Parteikollege und Verteidigungsminister Darabos lehnte Kräuters Vorschlag ab. "Ich bekenne mich klar zur immerwährenden Neutralität und die selbstständige Luftraumüberwachung durch das Österreichische Bundesheer ist ein integraler Bestandteil davon", so der Minister.
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Ungeachtet der immer heftiger werdenden Debatte über die Flieger, kamen vier von ihnen von 25. bis 29. Jänner 2012 bei der Operation "Daedalus" anlässlich des World Economic Forums (WEF) im Schweizer Davos zum Einsatz.
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Im Juni 2012 setzte die Staatsanwaltschaft Wien neue Schritte in den Ermittlungen gegen den Geschäftsführer der für die Eurofighter-Gegengeschäfte zuständigen Euro Business Development GmbH (EBD), Klaus Dieter Bergner, und die zwei Lobbyisten Alfred Plattner und Walter Schön. Ihnen wird Beamtenbestechung und Geldwäscherei vorgeworfen.
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Die Bilanz aus über fünf Jahren Eurofighter: Seit 2008 wurden rund 4500 Flugstunden absolviert. 86 Flüge seien sogenannte "Priorität Alpha"-Einsätze" gewesen, berichtet der Chef des Streitkräftekommandos, Günther Höfler. Das Eurofighter-System machte zwar anfangs Probleme, die Einführungsphase werde aber im ersten Quartal 2013 abgeschlossen. Die Bilanz sei eine positive, so Höfler. Fünf der 15 Jets sind derzeit einsatzbereit.
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Im November 2012 erhitzte sich die Eurofighter-Debatte von Neuem. Die Staatsanwaltschaft München ging davon aus, dass bis zu 180 Millionen Euro an Schmiergeld geflossen sind. Das Geld soll in den Kaufpreis für die Eurofighter einberechnet worden sein. Der Grüne Peter Pilz legte neue Akten vor. Demnach sei das Geld von EADS Deutschland über die Briefkastenfirma Vector Aerospace geflossen, die Geld an weitere Firmen verteilt habe.
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Laut Pilz seien 78 Millionen Euro rekonstruierbar, geflossen seien aber mindestens 93 Millionen Euro. 29 Millionen Euro seien an eine Centro Consult und 42,1 Millionen an eine Columbus Trade Services gegangen. Letztere habe Geld an die Kärntner "Lakeside Privatstiftung" gezahlt und damit in Richtung des mittlerweile verstorbenen Kärntner Landeshauptmanns Jörg Haider (FPÖ/BZÖ). 12,5 Millionen seien an Comco geflossen und 7,7 Millionen an die Euro Business Development GmbH (EBD). Diese 7,7 Millionen könnten das Erfolgshonorar der Briefkasten-Besitzer gewesen sein, so Pilz.
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Darabos forderte daraufhin die Justiz auf, den Eurofighter-Deal erneut zu überprüfen. Sollte Korruption nachgewiesen werden, "werden wir sofort losschlagen", kündigte er an. Möglich sei dann nämlich ein Ausstieg aus dem Kaufvertrag. Indes ging erstmals auch ein VP-Minister davon aus, dass illegale Machenschaften im Spiel waren. "Ich bin überzeugt, dass beim Abfangjägerkauf nicht alles sauber gelaufen ist", sagte Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner den "Oberösterreichischen Nachrichten".
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Im Herbst 2014 wurde in Deutschland bei routinemäßigen Untersuchungen ein Produktionsmangel am Rumpfhinterteil der Eurofighter festgestellt. Auch die österreichischen Jets din betroffen. Die Einsatzfähigkeit soll aber nicht gefährdet sein, der Mangel soll behoben werden.
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Nach einigen "ruhigen Monaten", erhielt die Causa am 22. Juni 2015 wieder Beachtung: Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) veröffentlichte ein Urteil, wonach die pauschale Auskunftsverweigerung des Wirtschaftsministeriums über Eurofighter-Gegengeschäfte rechtswidrig war. Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) reagiete umgehend: Er werde die Details zu den anerkannten Eurofighter-Gegengeschäften veröffentlichen, erklärte er.
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