Henry Kissinger
Der ''Geheimdiplomat'' wird 90
Henry Kissinger machte als US-Außenminister mit Worten und Taten auf sich aufmerksam. Nun feiert der ''Polit-Star'' seinen 90er - und ist immer noch aktiv.

Henry Kissinger machte zu seiner Zeit als mächtigster Außenminister der Welt nicht nur mit Taten, sondern auch mit Worten auf sich aufmerksam. So bezeichnete er die Globalisierung als "nur ein anderes Wort für US-Herrschaft", nannte Macht "das stärkste Aphrodisiakum" und fragte: "Welche Telefonnummer hat Europa eigentlich?" Ein Blick auf den Werdegang des Geheimdiplomaten, Politstars und Nobelpreisträgers.
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"Henry" wurde unter dem Namen Heinz Alfred Kissinger am 27. Mai 1923 als Sohn eines jüdischen Lehrers in Fürth (Bayern) geboren. Er flüchtete 1938 mit seinen Eltern vor den Nazis in die USA. Dort machte der Hochbegabte nach einem Studium an der Harvard-Universität schnell politisch Karriere.
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Im historischen Rückblick wird er allerdings sehr viel kritischer gesehen als einst in Diensten der beiden republikanischen Präsidenten Richard Nixon und Gerald Ford (1968-1977). Kissinger stieg als erster Einwanderer im September 1973 zum Chef des US-Außenministeriums auf.
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Davor war er als Nationaler Sicherheitsberater im Weißen Haus der wichtigste außenpolitische Ratgeber Nixons. (Mit dem israelischen Außenminister Shimon Peres 1995)
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Zu seinem Markenzeichen wurde die Geheimdiplomatie und der Primat der Realpolitik: Ideologische Gräben waren für ihn sekundär, wenn ein bestimmtes Ziel erreicht werden sollte. Unter diesen Prämissen betrieb er die Normalisierung der Beziehungen zwischen den USA und der Volksrepublik China (1971).
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Geheim verhandelte er auch mit dem Nordvietnamesen Le Duc Tho über ein Ende des Vietnamkrieges. Der 1973 geschlossene Friedensvertrag ist ein Beispiel dafür, dass sich etliche Erfolge Kissingers als kurzlebig erwiesen.
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So erhielt er dafür den Friedensnobelpreis, obwohl der Vietnamkrieg nicht endete und Südvietnam 1975 an den kommunistischen Norden fiel. (Bild: Kissinger mit seiner Frau Nancy)
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Umstritten ist Kissingers Rolle beim Militärputsch in Chile, dem der Sozialist Salvador Allende (Bild) 1973 zum Opfer fiel sowie bei der Machtübernahme durch die Militärjunta in Argentinien, während deren Herrschaft (1976-83) tausende Menschen verschleppt, gefoltert und ermordet wurden. Laut einem 2003 veröffentlichten Geheimdokument hat er Argentiniens damaligen Außenminister Cesar Augusto Guzzetti 1976 in Bezug auf die bekannt gewordenen Menschenrechtsverletzungen geraten: "Wenn es Dinge gibt, die getan werden müssen, müssen Sie sie schnell machen, aber man muss schnell wieder zum normalen Vorgehen zurückkommen."
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Kissingers Regierungskarriere endete noch im selben Jahr mit der Wahlniederlage Gerald Fords und dem Beginn der Präsidentschaft des Demokraten Jimmy Carter.
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Doch seiner Star-Rolle tat das keinen Abbruch: Kissinger blieb begehrter Gesprächspartner für Politiker und Manager, viel gelesener Autor politischer und historischer Bücher und Artikel sowie ein hoch bezahlter Ratgeber und Gastredner - auch im Alter von 90 Jahren.(Bild: Mit dem deutschen Ex-Kanzler Helmut Kohl)
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