Neos-Chef zur Parteienförderung: "Da krieg ich eine Wut"

Neos-Chef zur Parteienförderung:
Neos-Chef zur Parteienförderung: "Da krieg ich eine Wut"(c) APA/HANS KLAUS TECHT (HANS KLAUS TECHT)
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Matthias Strolz im Gespräch mit "Presse"-Chefredakteur Rainer Nowak über Gott, Rot-Grün-Neos und Hans Peter Haselsteiner.

Die Presse: Ich möchte mit Goethe beginnen: Wie halten Sie es mit der Religion? Konkret: Glauben Sie an Gott?

Matthias Strolz: Ja. Ich bin katholisch, bin aber kein Kirchgänger.

Ich frage deshalb, weil mit Ihnen Niko Alm, der Initiator des Volksbegehrens gegen Kirchenprivilegien, kandidiert.

Das Kirchenvolksbegehren war eine Privatinitiative, das hat bei uns keinen Platz. Ich halte das aus, das ist aber nicht unser politisches Programm. Für mich hat Politik auch eine spirituelle Dimension, das ist der Ort, wo wir uns ausmachen, wie wir miteinander leben.

Sie müssen fast esoterisch angehaucht sein, um das Risiko zu nehmen, eine Firma zu verkaufen und in die Politik zu gehen. Inwieweit sind auch die steuerpolitischen Ansichten Hans Peter Haselsteiners - Stichwort Reichensteuer – Privatmeinung?

Das ist Privatmeinung.

Wie groß ist Haselsteiners finanzielle Unterstützung?

Ungefähr ein Drittel, schwach 500.000 Euro.


Wären Sie bereit für eine Ampelkoalition Rot-Grün-Neos?

Meine präferierte Variante ist es nicht. Was wir wollen ist: In der Bildung muss sich etwas bewegen. Wenn die nächste Regierung weiterbetonieren will, sind wir nicht dabei. Zweitens, Parteienfinanzierung: Schaffen wir eine Trendwende, sie nicht weiter zu erhöhen? Wir haben pro Kopf eine Parteienförderung, die drei Mal so hoch wie in Deutschland ist. Da krieg' ich eine Wut. Wir wollen eine Kürzung der Parteienförderung um 75 Prozent, dann sind wir im europäischen Durchschnitt. Drittens: Im Pensionsbereich wollen wir die Pensionslüge hinwegfegen.


Wollen die Neos hohe Pensionen, auch bestehende, kürzen?

Ja, bei Beamten vor allem, bei Sozialversicherungen, Nationalbank, Politikern im alten System. Für die Personen unter 40 Jahren wird sich nur noch eine Volkspension ausgehen. Wir kommen 2025 in die Situation, dass ein Aktiver einen Pensionisten finanziert. 420.000 junge Leute, Studierende und Lehrlinge, alle Professoren inkludiert, sind uns 4,5 Milliarden wert, für die Pensionen nehmen wir laufend neue Schulden auf und das kostet 18,6Milliarden. Da stimmt etwas nicht zusammen.

Auch andere Parteien sehen die Notwendigkeit zu Reformen.

Wir werden auch politische Mitbewerber loben, zum Beispiel Sebastian Kurz, Christoph Chorherr. Die Eigenverantwortung ist unser Kernwort als Neos. Deswegen sagen manche, dass wir eine neoliberale Bewegung sind. Am Anfang haben wir uns gesträubt dagegen. Heute sagen wir: Wenn ihr wollt, sind wir auch liberal, aber nicht nur. Die ideologischen Schlachten des 19. Jahrhunderts wollen wir nicht mehr aufleben lassen. Wir sind eine Zentrumsbewegung. Wir sind Umsetzer und Pragmatiker.

Wenn Sie auch andere Mitbewerber loben wollen: Was finden Sie an der FPÖ gut?

An der FPÖ finde ich manche sachpolitischen Vorschläge gut, zum Beispiel die Zusammenlegung der Sozialversicherungsanstalten. Das würden wir sofort mit ihnen machen. Aber mit der FPÖ würden wir nicht in eine Koalition gehen.

Ein Leser fragt, wie Sie mit dem Gegenwind im Wahlkampf zurechtkommen?

Man darf nicht wehleidig sein. Ich habe mir das zehn Jahre überlegt. Wir rennen um unser Leiberl, und werden das schaffen.


Sie müssen auch um jede Schlagzeile kämpfen. Und wenn Hans Peter Haselsteiner sagt: Jetzt 10.000 Syrer als Flüchtlinge – dann kommt das von den Neos unerwartet.

Es ist ihm ein extremes Bedürfnis gewesen. Wir haben lange darüber diskutiert, weil es nicht ganz logisch auf unserer Themenlinie liegt. Wir sind aber auch unserem Kernwert Authentizität verpflichtet.

Ein Leser fragt nach der Entlastung der Arbeitseinkommen.

Wir wollen den Einkommensteuersatz auf 25 Prozent senken, den Spitzensteuersatz bei 50 Prozent belassen. Unser zentrales Ziel: Wir wollen die Steuer- und Abgabenquote senken, von jetzt bald 45Prozent auf 40 Prozent bis 2020. Dasselbe Ziel hat die ÖVP, die auch unseren Slogan geklaut hat: Mehr Netto vom Brutto. Wir sind nicht wehleidig. Wir haben ihn von der FDP geklaut. Gegenfinanzieren würden wir nicht über neue Steuern. Mit der Ausnahme Finanztransaktionssteuer, nicht für klassischen börsenbetriebenen Wertpapierhandel, sondern für Derivathandel. Wo holen wir das Geld für die Senkung her? In Österreich gibt es 15 Milliarden Förderungen. Damit werden vor allem Abhängigkeiten geschaffen. Der Föderalismus ist auf der Finanzierungsseite völlig schwachsinnig aufgestellt.


Den würden Sie sonst so belassen?

Wir haben nicht immer die Patentlösung. Eine Möglichkeit wäre, die Bundesländer übernehmen die Steuerverantwortung.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 21.09.2013)


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