Robert Hartlauer: "Kollektivvertrag ist handelsfeindlich"

Robert Hartlauer: »Kollektivvertrag schadet Handel«
Robert Hartlauer: »Kollektivvertrag schadet Handel«(c) Hartlauer Handelsgesellschaft m. (Hartlauer Handelsgesellschaft m.)
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Unternehmer Robert Hartlauer erklärt, warum er für eine Sonntagsöffnung im Handel eintritt, seine eigenen Geschäfte allerdings "am Tag des Herrn" auf keinen Fall aufsperren würde.

Die Presse: Alle reden von der Krise im Handel . . .

Robert Hartlauer: . . . es gibt keine Krise. Einzelfälle wie Niedermeyer wird es immer geben. Dort haben sich die Probleme schon über die letzten zehn Jahre hinweg abgezeichnet. Der Handel steht wie viele andere Branchen vor Veränderungen. Aber auch die Politik muss die Rahmenbedingungen neu gestalten. Der Kollektivvertrag gehört komplett neu gemacht.

Was sollte geschehen?

Die Normalarbeitszeit von sechs bis 18.30 Uhr ist einfach zu kurz. Einkaufszentren haben bis 21 Uhr geöffnet, andererseits kenne ich kaum jemanden, der um sechs Uhr aufsperrt. Für die Arbeitszeit nach 18.30 Uhr muss ein Zuschlag von 70 Prozent, nach 20 Uhr gar einer von 100 Prozent bezahlt werden. Das ist nicht wirtschaftlich.

Ihr Vorschlag?

Die Normalarbeitszeit ohne Zuschlag muss bis 21 Uhr ausgeweitet werden. Was aber nicht heißen soll, dass Hartlauer dann sofort überall bis 21 Uhr offen halten würde. Ich möchte nicht, dass ein Mitarbeiter durchgehend arbeitet. Es sollte nur erlaubt sein, Mitarbeiter von acht bis 21 Uhr ohne Zuschlag zu beschäftigen. Die Tageshöchstarbeitszeit ohne Zuschlag, die zehn Stunden beträgt, gehört ebenfalls überdacht. Ich spüre, dass viele Mitarbeiter lieber geblockt arbeiten würden, von neun bis 21 Uhr mit einer Stunde Pause. Wir müssen dem Mitarbeiter bei der momentanen Regelung zwei Stunden Mittagspause verordnen, was nicht sinnvoll ist.

Die Gewerkschaft würde von den Arbeitgebern für das Abschaffen der Zuschläge einen Ausgleich erwarten.

Das ist genau die Politik, die ich nicht unterschreibe, dass man ständig im Gegenzug etwas geben muss. Politik muss langfristig gestaltet werden. Wir können der Tatsache, dass uns eine Seniorengesellschaft ins Haus steht, nicht aus dem Weg gehen. Langfristig gesehen werden wir bereit sein müssen, länger zu arbeiten. Genauso wie die Unternehmen gestärkt werden müssen, indem sie sich mehr an der Nachfrage orientieren können und  die Geschäfte dann aufsperren, wann es für die Kunden am besten ist. Der Handelskollektivvertrag ist schlicht und ergreifend handelsfeindlich.

Aber nicht familienfeindlich. Was sagt das Familienunternehmen Hartlauer dazu?

Wir sind ein Familienunternehmen, das auf Langfristigkeit setzt. Wir können uns durch eine bessere fachliche Ausbildung abheben und durch die Tatsache, dass wir als Familienunternehmen sehr sozial denken und besser als andere miteinander umgehen.

Wie äußert sich das in der Praxis?

Ob unsere Ausbildungsstätte, die Hartlauer-Akademie, etwas bringt, ist nicht belegbar. Sie kostet viel Geld. Aber mein Bauchgefühl sagt mir, dass diese Einrichtung sehr wichtig ist. In einem aktiengetriebenen Unternehmen würde es heißen: Ihr werft da Geld beim Fenster hinaus.

Was sagen Sie zur Mariahilfer Straße?

Ich kann das nicht beurteilen, weil ich viel zu selten dort bin. Sollte es an diesem Standort zu einem Umsatzrückgang kommen, würde ich die Fußgängerzone als Ausrede nicht akzeptieren. Genauso wenig akzeptiere ich eine Baustelle vor einem Geschäft als Ausrede. Wir leben auch an einem Standort wie der Mariahilfer Straße zu einem großen Teil von Stammkunden.

Die auch am Sonntag shoppen wollen?


Ich bin grundsätzlich dafür, dass man am Sonntag aufsperren darf, weil ich generell für eine Liberalisierung bin. Es kann nicht sein, dass man einem Unternehmer vorschreibt, wann er sein Geschäft macht. Dennoch würde das Unternehmen Hartlauer sonntags nicht aufsperren. Für mich ist der Sonntag der Familientag, ich lasse auch am Sonntag keine Termine zu. Der Sonntag ist der Tag des Herrn. Zweitens bringt eine Sonntagsöffnung in meiner Branche keinen Mehrumsatz. In Slowenien hatten wir die Sechs- und Siebentagewoche, der Umsatz blieb gleich, nur die Lohnkosten stiegen aufgrund der Zuschläge.

Sie sagen, dass Sie jedes Jahr alle 161 Filialen besuchen und mit jedem der 1450 Mitarbeiter sprechen. Geht sich das aus?

Ich habe ein sehr straffes Zeitmanagement. Meine oberste Priorität ist meine Familie, ich möchte meine Kinder aufwachsen sehen. Ich schaue nicht fern, und ich gehe auf keine Abendveranstaltungen, für Gesichtsbäder habe ich keine Zeit.

Können Sie mit Kritik umgehen?

Mit Kritik tut sich jeder schwer, ich auch. Ich lerne aber, besser damit umzugehen. Ich  reagiere nicht mehr aggressiv, wenn ich Kritik einstecken muss. Wenn jemand ohnehin seine Schwächen kennt, und dann sagt einem das auch noch jemand anderer, will man das nicht mehr hören. Im Zwiegespräch nehme ich Kritik an, genauso wie ich versuche, meine Kritik in einem Gespräch  unter vier Augen anzubringen. Vor versammelter Mannschaft akzeptiere ich Kritik nicht, da bin ich ganz altmodisch.

Sie sind begeisterter Fotograf. Wann haben Sie zuletzt persönlich eine Kamera verkauft?

Vor einer Woche habe ich eine Sony Nex-6, eine Systemkamera, an einen Geschäftspartner bei mir in Steyr verkauft. Ich bin nach wie vor ein glühender Verkäufer.

Steckbrief

Robert Hartlauer kam 2000 nach dem frühen Tod seines Vaters an die Spitze des Familienunternehmens. Der Handelsbetrieb des 37-Jährigen erzielte 2012 mit Handys, Foto, Optik- und Hörgeräten in 161 Filialen einen Umsatz von 221 Mio. Euro.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 29.09.2013)

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