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Vergaberecht

„Schwarze Schafe wird es immer geben“

„Für uns im Team ist es die erfüllendste Arbeit, einen Vergabeprozess im Sinne aller Stakeholder nachhaltig aufzusetzen und so die Zukunft mitzugestalten“, sagt Rechtsanwalt Martin Schiefer. 
„Für uns im Team ist es die erfüllendste Arbeit, einen Vergabeprozess im Sinne aller Stakeholder nachhaltig aufzusetzen und so die Zukunft mitzugestalten“, sagt Rechtsanwalt Martin Schiefer. Caio Kauffmann
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Im Gespräch. Wo ein Großprojekt entsteht, ist der Skandal nicht weit? Falsch, sagt Vergaberechtsexperte Martin Schiefer. Er ortet im Vergabewesen mehr Transparenz und Qualitätsbewusstsein.

Der Konjunkturmotor stottert, ohne öffentliche Aufträge wäre die Wirtschaftsflaute noch größer. Schiefer Rechtsanwälte ist die erste Adresse für Vergaberecht – haben Sie derzeit mehr zu tun?

Martin Schiefer: Die steigenden Zinsen machen das Leben für alle Marktteilnehmer schwieriger. Die Investitionsbereitschaft nimmt ab und Projekte werden seltener, herausfordernder und länger. Die Tatsache, dass in diesem Umfeld das Interesse an öffentlichen Aufträgen zunimmt, ist verständlich und wir spüren eine deutliche Zunahme der Anfragen: Die öffentliche Hand ist ein willkommener Rettungsanker, wenn private Auftraggeber wegfallen – das ist beispielsweise aktuell in der Baubranche ganz deutlich zu beobachten. Daneben gibt es noch zwei Themenbereiche, die uns derzeit intensiv beschäftigen. Der erste betrifft uns alle – die Klimakrise, die heuer für alle sichtbare Ausmaße angenommen hat und massive Investitionen erfordert; in erneuerbare Energien wie Fotovoltaik, Zukunftsthemen wie die Wasserstoff-Offensive, aber auch in Infrastruktur wie den Leitungsausbau. Der andere Themenbereich ist die Abarbeitung diverser „Altlasten“, denn es gibt bekanntlich im Bereich Compliance einige Fälle, die nicht gerade optimal gelaufen sind, um es vorsichtig zu formulieren. Viele haben in der Vergangenheit geglaubt, den Weg zu öffentlichen Aufträgen abkürzen zu können – das hatte oft ein gerichtliches Nachspiel.

Schiefer Rechtsanwälte begleitet sehr viele Vergabeprozesse – großvolumige mit viel Medienöffentlichkeit, aber auch kleinere, etwa von Gemeinden im ländlichen Bereich. Steigt die Nachfrage in allen Bereichen?

Ja, immer mehr Auftraggeber kommen zu uns, weil sie eine umfassende und individuelle Beratung bei ihren anstehenden Vergabeprozessen wünschen. Das betrifft Projekte aller Art – vom Bau eines Kindergartens über den Ausbau der Versorgungs- und Verkehrsinfrastruktur bis zu Investitionen in Sachen Dekarbonisierung, etwa wenn es um den Bau von großen E-Tankstellen geht. Dabei ist sehr erfreulich, dass aufseiten der öffentlichen Auftraggeber immer mehr ein Umdenken stattfindet – weg vom reinen Kostendenken und mehr Richtung Bestbieterprinzip. 

Warum? Leidet die öffentliche Hand nicht unter den steigenden Zinsen?

Immer mehr Auftraggeber haben gelernt, dass die reinen Projektkosten für die Errichtung nur der Anfang sind und die Lebenszykluskosten sowie die Auswirkungen auf die Allgemeinheit viel stärker ins Gewicht fallen. Natürlich müssen alle sparen und Projekte müssen sich rentieren. Doch gerade die öffentliche Hand versucht aktuell, neue Finanzierungsvarianten aufzustellen – beispielsweise über Contracting und Public-Private-Partnership.

Macht das die Projekte nicht komplexer?

Grundsätzlich ja – aber komplexer bedeutet nicht automatisch teurer, wenn die Planung richtig gemacht wird. Hier trennt sich die Spreu vom Weizen in der Beraterszene: Einfache Beratungen werden immer seltener. Wer Vergaben rechtlich begleitet, muss heute von der Idee bis zum Abschluss dabei sein und neben dem reinen Vergaberecht auch Themen wie Beihilfenrecht, Wettbewerbsrecht und letzten Endes auch das Strafrecht kennen. Wir sind deswegen der erste Ansprechpartner bei Vergaben, weil wir mit fünf Standorten und 50 Expertinnen und Experten in Österreich genau diesen holistischen Beratungsansatz bieten können.

Schiefer Rechtsanwälte beschäftigt sich sehr aktiv mit Themen der Energiewende. Wie lässt sich der Klimaschutz bei Vergaben ausreichend berücksichtigen?

Indem die Anforderungskataloge entsprechend gestaltet werden! Wie nachhaltig ist die Planung? Sind die Baustoffe recycelbar? Lassen sich Bodenversiegelung und Baustellenfahrten reduzieren? Ist das Projekt „smart“, also bei sich ändernden Anforderungen anders nutzbar? All diese Fragen lassen sich bei den unternehmens- und angebotsbezogenen Kriterien berücksichtigen und in Form von Extrapunkten messen. Wenn ein Unternehmen seinen Fuhrpark auf E-Antrieb umstellt oder – wie heuer gesehen – bei der Flutkatastrophe Ausrüstung und Personal bereitstellt, um aktiv zu helfen, sollte das gewürdigt werden! Ich finde, dass Unternehmen, die sich aktiv mit der Transformation der Wirtschaft und der Energiewende beschäftigen, noch zu wenig belohnt werden. Denn es zahlt sich aus, in die Energiewende zu investieren, doch jede Maßnahme kostet Geld, das zurückverdient werden muss. Außerdem geht es bei ESG bekanntlich nicht nur um Ökologie, sondern auch um Soziales und Governance. Gerade weil wir eine Kanzlei sind, die entsprechend handelt, würden wir gern sehen, dass Mut zum Umdenken in all diesen Bereichen – vom Klimaschutz bis zum Wohlergehen der Mitarbeitenden – gefördert wird. Denn auch für uns im Team ist es die erfüllendste Arbeit, einen Vergabeprozess im Sinne aller Stakeholder nachhaltig aufzusetzen und so die Zukunft mitzugestalten.

Wie ist das Mindset in diesem Bereich? Sind die Auftraggeber und Auftragnehmer schon so weit, wie sie sein sollten oder regiert oft die Billigstbieter-Denkweise?

Ich halte die Debatte um das Billigstbieterprinzip für eine Feigenblattdiskussion: Wenn die Vergabekriterien von Anfang an klar definiert sind, steht Qualität stets im Vordergrund – denn wer bei der Vergabe nur an die Gestehungskosten denkt, muss am eigenen Leibe erfahren, dass am Ende des Tages billig am teuersten ist. Da erfordert es in der Tat noch viel Umdenken, damit nicht diejenigen belohnt werden, die in alten Systemen verharren.

Sind beim Umdenken die öffentlichen oder die privaten Marktteilnehmer weiter? Ich frage auch deswegen, weil es in der Vergangenheit viele Projekte gab, die mit dem Billigstbieter angefangen haben und dann die Kosten explodiert sind.

Was das betrifft, würde ich nicht alle über einen Kamm scheren. Öffentliche Auftraggeber können sehr innovativ sein und stehen privaten oft nicht nach – zumal letztere gerade durch Themen wie Börsennotiz oder ESG-Vorgaben bereits sehr stark in diese Richtung getrieben werden. Wichtig ist es, auch bei künftigen Vorgaben, Stichwort ESG-Berichtspflicht, mehr zu differenzieren und gerade den österreichischen Mittelstand nicht durch überzogene Kriterien zu bremsen.

Schiefer Rechtsanwälte beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Vergaberecht. Wie ist Ihre Erfahrung: Wird das Vergabewesen professioneller und transparenter?

Bereits die Einführung der elektronischen Vergaben hat die Transparenz massiv erhöht. Aktuelle Entwicklungen wie das neue Whistleblower-Gesetz werden die Professionalisierung und die Transparenz noch weiter erhöhen. Natürlich gibt es weiterhin Luft nach oben, schwarze Schafe und Problemfälle wird es immer geben. Doch sie sind weniger geworden.

Das erscheint einem beim Blick auf die Schlagzeilen manchmal anders . . .

Über schöne Projekte, die ohne Probleme über die Bühne gegangen sind, wird nun mal weniger berichtet. Ich würde mir wünschen, dass nicht gleich jedes Projekt negativ bewertet wird und bereits vor Beginn Kritik und Korruptionsvorwürfe die Runde machen. Die Entscheidungsträger könnten es sich ja auch leichtmachen und einfach keine Entscheidungen treffen oder alles auf die lange Bank schieben, nur hat davon niemand etwas. Wenn das System zum Erliegen kommt, weil alle befürchten, mit einem Fuß gleich im Kriminal zu stehen, wenn sie ein Großprojekt ausschreiben, wird sich niemand mehr den Job als Politiker antun wollen. Dabei funktionieren Vergabeprozesse und im Ernstfall auch die Justiz. Daher wünsche ich mir ein bisschen mehr Respekt und Füreinander – auf allen Seiten. Und vor allem rate ich dazu, auf Absprachen zu verzichten. Vermeintliche Abkürzungen haben noch nie zum Erfolg geführt.

Vielen Dank für das Gespräch!

Große öffentliche Projekte sind dazu geeignet, die Energiewende voranzutreiben: Auftraggeber haben durch das Vergaberecht alle Mittel dafür in der Hand.
Große öffentliche Projekte sind dazu geeignet, die Energiewende voranzutreiben: Auftraggeber haben durch das Vergaberecht alle Mittel dafür in der Hand.Getty Images

Zukunft gestalten – Weichen stellen Vergaberechtsexperte Martin Schiefer über öffentliche Aufträge als Hebel im Kampf gegen die Klimakrise und Erfolgsfaktor zur Stärkung ökologischer und sozialer Nachhaltigkeit.

Den Wirtschaftsstandort Österreich nachhaltig stärken – etwas, was viele wohl nicht unmittelbar mit dem juristischen Fachgebiet des Vergaberechts verknüpfen würden. Oft höre ich: „Martin, warum gerade Vergaberecht? Das ist doch reine Bürokratie-Maschinerie . . .“ Ich kann Ihnen schon an dieser Stelle sagen: Diese Aussage ist absolut falsch! In der Realität ist das Vergaberecht eines der spannendsten juristischen Arbeitsfelder. Denn in keinem anderen Bereich gibt es mehr Potenzial, unsere Zukunft aktiv mitzugestalten.

Verantwortung fördern

Denn Auftraggeber verfügen über einen sehr wirkungsvollen Hebel: Sie können zukunftsorientiertes, sozial gerechtes und verantwortungsvolles Wirtschaften gegenüber der Umwelt und der Gesellschaft nicht nur fördern, sondern ernst umsetzen. Hier bietet speziell das Vergaberecht enorme Gestaltungsmöglichkeiten. Ein Beispiel: Angesichts der Klimakrise gibt die EU öffentlichen Auftraggebern per ESG-Verordnung vor, ökologische und soziale Kriterien deutlich stärker in der Beschaffung zu berücksichtigen, als dies in der Vergangenheit der Fall war. Ist es mir als Auftraggeber eines Immobilienprojektes mit der Kreislaufwirtschaft also ernst, muss die Frage des Rückbaus und der Wiederverwertung der verwendeten Baumaterialien wichtiger Bestandteil einer Ausschreibung sein.

Aber auch in Sachen Mobilität schaffen die neuen EU-Spielregeln Raum für Innovation bei Vergaben – etwa für Carsharing mit E-Autos im transparenten Abomodell zu einem monatlichen Fixpreis, wobei die umweltfreundliche Energie von einem Versorger in öffentlicher Hand zur Verfügung gestellt wird. Oder in Sachen Erneuerbare: So kann ein Versorger Klein- und Mittelbetrieben Fotovoltaikanlagen ohne Investitionskosten anbieten, um ihre brach liegenden Dächer in den Dienst des Klimaschutzes zu stellen. Wir Vergaberechtsexpertinnen und Vergaberechtsexperten definieren jenen Rahmen, der solche Innovationen ermöglicht und ihre Umsetzung sicherstellt.

Das Vergaberecht bietet in Sachen Klimaschutz gerade in der Bauwirtschaft enorme Gestaltungsmöglichkeiten.
Das Vergaberecht bietet in Sachen Klimaschutz gerade in der Bauwirtschaft enorme Gestaltungsmöglichkeiten.Getty Images

Anspruch und Wirklichkeit

Nutzen statt besitzen, Staat und privat im Sinne der Energiewende zusammenführen – die Möglichkeiten dafür sind schier unendlich. Bereits die erwähnten Beispiele zeigen eindrucksvoll: Geld ist ein Hebel, um Dinge zu bewegen, um Dinge zum Besseren zu verändern. Und genau diesen Hebel müssen wir ansetzen, um den Klimaschutz voranzutreiben. Nachhaltiges Wirtschaften und die grüne Transformation der Wirtschaft sind die entscheidenden Herausforderungen, vor denen Gesellschaft und Wirtschaft stehen – wenn auch die nächsten Generationen noch in einer lebenswerten Zukunft leben sollen. Gefragt sind neue Geschäftsmodelle, die auf Nachhaltigkeit beruhen und sich rechnen. Die Kreislaufwirtschaft ist ein Schlüssel dafür. Und sie bedeutet mehr, als nur möglichst viel mit dem Rad zu fahren und die Stand-by-Funktionen des Fernsehgerätes auszuschalten. Sich wegzubewegen vom Besitzen, Verbrauchen und dem einfachen Entsorgen – das ist die Herausforderung für jeden Einzelnen.

Wandel vorantreiben

Das ist aber auch eine Herausforderung für den Staat. Denn dieser muss die entsprechenden Rahmenbedingungen für Ressourcenschonung und eine funktionierende Kreislaufwirtschaft schaffen – Themen, deren Umsetzung leider oft durch bürokratische Hürden erschwert werden. Mit einem Volumen von rund 62 Milliarden Euro pro Jahr sind öffentliche Aufträge ein wichtiger Treiber der österreichischen Wirtschaft. Dieses Investitionsvolumen im Sinne der Nachhaltigkeit einzusetzen, ist essenziell. Nur so kann Österreich in eine positive Zukunft blicken. Dazu gehört auch, dass Ausschreibungen so gestaltet werden, dass engagierte, regional verankerte Unternehmen, die nachhaltig und sozial fair wirtschaften, stärker als bisher belohnt werden. Es gilt, das Vergaberecht neu zu denken. Eine Aufgabe, an der wir als Rechtsanwaltskanzlei, die sich schwerpunktmäßig auf öffentliche Ausschreibungen und Beschaffungen spezialisiert hat, aktiv mitarbeiten. Dass der Billigstbieter selten die beste, weil ökologisch sinnvollste Lösung bietet, hat sich mittlerweile herumgesprochen. Doch das kann nur ein Anfang sein.

Das klingt komplex, kann aber mit entsprechendem Fachwissen absolut transparent gestaltet werden. Vergaberecht neu zu denken bedeutet, Ausschreibungen zukunftsorientiert, sozial gerecht, grün und nachhaltig zu gestalten. Es heißt zu verstehen, dass mit öffentlichen Aufträgen Zukunft gestaltet wird. Gemeinsam können wir die Klimawende schaffen und die Gesellschaft in die richtige Richtung weiterentwickeln. Denn Vergaberecht ist letzten Endes vor allem eines: Gestaltung.

Schiefer Rechtsanwälte

Vergaberecht neu denken

Das ist der Ansatz von Schiefer Rechtsanwälte. Die Kanzlei beschäftigt rund 50 Vergaberechts-Expertinnen und -Experten und setzt mit insgesamt fünf Standorten in Österreich auch auf Regionalität.
Schiefer Rechtsanwälte definiert, entwickelt und begleitet Vergabeprozesse  – von der Ursprungsidee, bis zum erfolgreichen Abschluss – und deckt dabei relevante Bereiche wie Beihilfenrecht, Wettbewerbsrecht und Strafrecht ab.

www.schiefer.at

Information

Die Seiten entstanden mit finanzieller Unterstützung von Schiefer Rechtsanwälte.


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