Anzeige
Round Table

Letztlich zählt die Führungskompetenz

Zum Branchentalk trafen sich Hans Pleininger („Die Presse“), Bettina Matzka, Tax Partnerin KPMG und Leiterin Bereich Familienunternehmen, Margit Leidinger, Geschäftsführerin Finalit Stein- und Fliesenpflege, und Stephanie Ernst, Prokuristin bei der Rainer Gruppe. 
Zum Branchentalk trafen sich Hans Pleininger („Die Presse“), Bettina Matzka, Tax Partnerin KPMG und Leiterin Bereich Familienunternehmen, Margit Leidinger, Geschäftsführerin Finalit Stein- und Fliesenpflege, und Stephanie Ernst, Prokuristin bei der Rainer Gruppe. Günther Peroutka
  • Drucken

Familienunternehmen. Unternehmerinnen haben häufig einen anderen Blick auf die Gegebenheiten der Wirtschaft als ihre männlichen Kollegen. Die Expertinnen fanden beim Round Table deutliche Worte.

Beim Familienunternehmer-Branchentalk, den die Presse in Kooperation mit KPMG Austria veranstaltete, wurde diesmal vor allem durch die Unternehmerinnenbrille auf die aktuellen Herausforderungen im Unternehmertum geblickt. „Presse“-Redakteur Hans Pleininger begrüßte dazu Stephanie Ernst, Prokuristin bei der Rainer Gruppe, Margit Leidinger, Gründerin und Geschäftsführerin der Finalit Komplett-Steinpflege GmbH, sowie Bettina Matzka, Steuerberaterin und KPMG-Partnerin. Sie leitet die Business-Unit Familienunternehmen. KPMG bietet umfassende Beratung in steuerlicher und betriebswirtschaftlicher Hinsicht. Die Rainer Gruppe ist ein Familienunternehmen in dritter Generation. 1959 gründeten Inge und Burkhard Ernst das erste Autohaus in Wien. Über die Jahre ist aus dem Autohandel eine vielseitige und erfolgreiche Unternehmensgruppe entstanden, in der aktuell alle drei Generationen aktiv sind. Den Namen verbinden die meisten mit „Mazda Rainer“, doch die Rainer Gruppe umfasst neben dem Kfz-Bereich mit Neu- und Gebrauchtwägen, Motorrädern und Scootern auch die Entwicklung und Verwaltung von Immobilien, das Bauträgergeschäft sowie fünf Hotels.

Finalit gibt es seit 1997. Anfangs legte Gründerin Leidinger den Fokus auf Dienstleistungen in den Bereichen Reinigung, Imprägnierung und Pflege von Steinflächen und Fliesen. Zusätzlich wurden die selbst entwickelten und verwendeten Spezialprodukte auch verkauft. 2001 startete die Oberösterreicherin den breit angelegten Vertrieb ihrer Produkte über Baufachmärkte. Im Dienstleistungsbereich setzte sie ab 2002 auf ein Lizenzsystem, das mittlerweile durch ein europaweites Franchisesystem ersetzt wurde. Seit einigen Jahren gibt es mit der Finalit-Akademie ein drittes Standbein – hier werden Mitarbeiter, Kunden und Partner in Sachen Stein- und Fliesenpflege ausgebildet. Sowohl Leidinger als auch Ernst haben in eher männerlastigen Branchen Fuß gefasst. Der Zugang war bei beiden Unternehmerinnen ähnlich: Aufgewachsen im Umfeld ihres zukünftigen Berufes. Als Tochter eines Steinmetzmeisters kam Margit Leidinger schon als Kind mit der Materie Stein in Berührung. Ihr Vater legte ihr nahe, die HTL für Hochbau zu absolvieren, da sie die technische Affinität mitbrachte. Nach dem Studium der Handelswissenschaften an der WU Wien und einem Auslandsjahr in Abu Dhabi war ihr klar: „Ich wollte unbedingt etwas mit der Materie Stein machen, allerdings interessierte mich der Beruf des Steinmetz nicht. Daher tastete ich mich in Richtung Steinpflege vor.“ Aus dem Probieren ergab sich rasch ein Geschäftsfeld nach dem anderen. Da das Startkapital bescheiden war, musste anfangs ihre Zweizimmerwohnung als „Firmenstandort“ dienen, ehe sie sich in ein Gemeinschaftsbüro einmietete und das Unternehmen Step by Step wuchs. Der Durchbruch gelang ihr, als sie neben der Dienstleistung auch mit dem Produktvertrieb startete und diese in die Baufachmärkte kamen.

„Eine Frau agiert aufgrund einer anderen Sozialisierung oft anders als Männer, das bedeutet aber nicht, dass sie zwangsweise weicher ist.“  Bettina Matzka
„Eine Frau agiert aufgrund einer anderen Sozialisierung oft anders als Männer, das bedeutet aber nicht, dass sie zwangsweise weicher ist.“  Bettina MatzkaGünther Peroutka

Auch die Automobilbranche, in der Stephanie Ernst groß geworden ist, gilt als Männerdomäne. „Ich wurde nie dazu gedrängt, im eigenen Familienunternehmen tätig werden zu müssen. Spätestens in der Oberstufe war mir aber klar, dass ich ins Unternehmen einsteigen will“, sagte Ernst. Heute lenken drei Generationen gemeinsam die Geschicke in der Rainer Gruppe – die Gründergeneration, die aktuellen operativen Geschäftsführer und die Nachfolgegeneration.

Stärken der Frau

Eindrucksvoll dabei ist, dass in jeder Generation der Rainer Gruppe die Führung aus einer männlichen und einer weiblichen Hälfte bestand und besteht. „Das ist auch der Grund, warum es das Thema Quotenfrau bei uns nie gab. In der Gründergeneration stehen meine Großeltern, in der zweiten Generation mein Vater, meine Tante und mein Onkel, in der dritten Generation ich und mein Cousin.“ Andererseits lässt die starke Präsenz aller drei Generationen in der Rainer Gruppe auch vermuten, dass Entscheidungsfindungen starke Kompromissbereitschaft erfordern. „Wir haben für uns mit einem täglichen Familienrat eine interne Lösung gefunden“, sagte Ernst.

„Frauen gehen gewiss etwas anders an die Dinge heran als Männer, aber im Grunde ist die Persönlichkeit entscheidend und nicht das Geschlecht.“ Margit Leidinger
„Frauen gehen gewiss etwas anders an die Dinge heran als Männer, aber im Grunde ist die Persönlichkeit entscheidend und nicht das Geschlecht.“ Margit LeidingerGünther Peroutka

Führen Frauen anders? Alle drei Diskutantinnen sind davon überzeugt, dass der Führungsstil in erster Linie Charaktersache ist und nicht vom Geschlecht bestimmt wird. Trotzdem ist nicht von der Hand zu weisen, dass Frauen in vielen Bereichen anders agieren. Wenn Margit Leidinger ihren Führungsstil mit dem ihres Vaters vergleicht, stellt sie fest: „Ich bin harmonischer und ausgleichender, versuche Stimmungen bei den Mitarbeitern zu spüren, um das Team gut zusammenzuhalten. Auch die Vorsicht im Umgang mit Finanzen ist bei mir stärker ausgeprägt.“ Es ist also nicht verwunderlich, dass in vielen Firmen Frauen die Leitung der Finanzabteilungen innehaben. Auch im Personalwesen ist auffällig, dass hier häufig Frauen an der Spitze stehen. „Eine gemischte Geschäftsführung ist sicher begrüßenswert“, meinte Matzka. „Derzeit sind wir allerdings noch eher in der Minderheit.“ Andererseits zeigen immer mehr Firmen die Bereitschaft, bei der Besetzung des Topmanagements nicht mehr auf das Geschlecht zu achten, sondern die Kompetenz entscheidet, wer auf dem Chefsessel landet.

„Man wird als Führungsperson rasch von Mitarbeitern und Familienmitgliedern akzeptiert, wenn man in allen Bereichen des Unternehmens gearbeitet und sich engagiert hat.“ Stephanie Ernst
„Man wird als Führungsperson rasch von Mitarbeitern und Familienmitgliedern akzeptiert, wenn man in allen Bereichen des Unternehmens gearbeitet und sich engagiert hat.“ Stephanie ErnstGünther Peroutka

Rezession droht

Ungeachtet ob Mann oder Frau – wer ein Unternehmen leitet, muss mit den gegenwärtig schwierigen wirtschaftlichen Gegebenheiten umgehen können. Führungsqualitäten sind gefragt, um eine drohende Rezession gut zu meistern. Wohin bewegt sich die Konjunktur in Österreich? KPMG-Partnerin Bettina Matzka und Stephanie Ernst erwarten, dass die Wirtschaft schrumpfen wird. Margit Leidinger ist nur unwesentlich optimistischer und erwartet eine Stagnation. Beides ist für die Wirtschaft nicht optimal und die Lohnabschlüsse werden mitentscheiden, ob die Betriebe produktiv und effektiv weiterarbeiten können. Keine der Expertinnen wollte sich festlegen, wo die Lohnabschlüsse landen sollen. „Der Abschluss ist in jedem Fall ein wichtiges Zeichen und wird die Wirtschaft in die entsprechende Richtung lenken“, sagte Leidinger, die eher damit rechnet, dass die Lohnabschlüsse hoch ausfallen werden. „Die letzten Jahre lagen die Abschlüsse immer bei rund drei Prozent, nun gehen sie aber bis zu zehn Prozent. Ich glaube, die Wirtschaft verkraftet maximal fünf Prozent, aber das Problem ist, dass man immer das letzte Jahr als Maß nimmt“, so Leidinger. Viele Branchen wird das besonders hart treffen. „Die durchschnittliche Rendite eines Autohandels beträgt ein Prozent, insofern gibt es da wenig Spielraum“, sagte Ernst. Sollten die Lohnabschlüsse tatsächlich knapp unter zehn Prozent landen, würde das für viele Unternehmen nicht mehr zu stemmen sein. Die Rainer Gruppe müsste in die Reserven greifen. Matzka hält es für zu kurz gegriffen, nur an Lohnabschlüsse zu denken.

„Es gibt viele Aspekte, die negativ wirken: das Zinsniveau, hohe Energiekosten, Inflation, die Auftragslage usw.“ Wie ließe sich einer Rezession entgegensteuern? Ernst: „Die Kreditvergaben, vor allem im Immobilienbereich, müssen leichter werden. Das Geld muss in Umlauf gebracht werden, damit gewirtschaftet werden kann.“ Leidinger hält eine weitere Senkung der Körperschaftsteuer für überfällig. „Damit den Unternehmen etwas übrig bleibt und sich Wirtschaften lohnt.“ Mit Unterstützung von staatlicher Seite für die heimischen Betriebe sieht es eher trist aus. Sowohl Ernst als auch Leidinger würden steuerliche Anreize sinnvoll finden. Matzka ist ebenfalls für Unterstützung, jedoch muss diese wohlüberlegt sein. „Gerade die Coronapandemie hat uns gezeigt, dass zwar schnell finanzielle Hilfe angeboten wurde, doch dass die Unterstützungen nicht in allen Bereichen effektiv waren und es besser gewesen wäre, Hilfsmaßnahmen im Vorfeld zielgerichtet zu strukturieren, anstatt voreilig Hilfe zuzusagen, die im Endeffekt nicht hält, was sie verspricht.“

Ein weiteres wichtiges Thema für Unternehmen – vor allem für jene, die an die nächste Generation übergeben möchten – ist die Erbschaftsteuer. „Die alte Erbschaftsteuer hat man abgeschafft, weil das Aufkommen den Aufwand kaum gelohnt hat“, so Matzka. „Die Frage ist, wie die Erbschaftsteuer wirken soll. Ein Eingriff in eine geschaffene Substanz ist kontraproduktiv.“ Das sahen die beiden Unternehmerinnen ähnlich. „In einer funktionierenden Gesellschaft sollte jeder seinen Beitrag leisten. Als Unternehmer leisten wir täglich einen Beitrag. Ich finde, das ist genug“, so das klare Statement von Ernst. Leidinger ergänzte: „Vor allem klassische KMUs zahlen ihre Steuern und sollten nicht nochmals zur Kasse gebeten werden.“ Um in konjunkturbedingt schwierigen Zeiten vernünftig wirtschaften zu können, muss die Regierung gute Rahmenbedingungen schaffen, wie etwa Senkung der Zinsen, Lohnnebenkosten, Aktivierung der Arbeitskräfte. Matzka brachte es auf den Punkt: „Es braucht Hausverstand.“

Information

Der Branchentalk „Familienunternehmen“ fand auf Einladung von „Die Presse“ statt und wurde finanziell unterstützt von KPMG.


Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.