Girlpower und Fischphobie: Wie Disney-Filme uns geprägt haben

Die Redakteurinnen und Redakteure der „Presse“ blicken zurück auf 100 Jahre Disney – und verraten, welche Filme der Firma sie in ihrer Jugend (oder als Erwachsene) am meisten beeindruckt haben.

Arielle, die Meerjungfrau

Arielle, die Meerjungfrau
Arielle, die MeerjungfrauDisney

Alle lieben „Arielle“. Ich auch. Ein bisschen traumatisiert hat mich der Film trotzdem. Dabei war mir das gar nicht bewusst, als ich als Sechsjährige im Kino saß. So schön waren der Film und die Musik. Bis die Muränen der Hexe Ursula kamen. Widerliche Tiere mit aalglatten Körpern und beinharten Beißern. Sie haben sich in meinem Kopf festgebrannt. Als ein Gefühl, dass etwas Heimtückisches im tiefen Wasser lauern könnte. Jahrelang wollte ich nicht in Seen gehen, wenn ich dort Fische sah, sie könnten mich ja beißen. Mein Bruder musste hineinspringen und sie vertreiben. Bis heute steige ich nicht gern auf Steine darin, weil sich Muränen darunter verstecken könnten. Egal, ob die dort heimisch sind oder nicht. Und ich bin viel im Wasser, wirklich viel. Ich habe „Arielle“ kein zweites Mal gesehen. Dafür hat sich die Filmusik in mein Herz gebrannt. Als Kind habe ich etwa „Ein Mensch zu sein“ stundenlang gesungen. Und wenn Sie heute vor mir zu singen anfangen, dann singe ich das Lied noch immer auswendig mit. Von Eva Winroither

Der König der Löwen
Der König der LöwenDisney

Der König der Löwen

Ein kleiner gelber Löwe, der die Herzen unzähliger Menschen im Handumdrehen eroberte: Mit „Der König der Löwen“ (1994), der als erste Disney-Produktion sogar auf Zulu übersetzt wurde, machte das Studio alles richtig: Es gab eine herzzerreißende Geschichte, irrwitzige Einsprengsel und einen traumhaften Soundtrack mit Elton Johns „Can You Feel the Love Tonight“. In die Provinz wurde der Film über ein Wanderkino gebracht; die harten Holzstühle in der Mehrzweckhalle waren flugs vergessen, kaum flimmerte der alte Affen-Schamane Rafiki auf dem Königsfelsen über die – improvisierte – Leinwand, der das Löwenbaby Simba der jubelnden Tiermenge zeigte. Gänsehaut pur, und das ganz ohne Dolby-Digital-Surround-System. In der zweiten Filmhälfte konnten sich vor allem die Jüngeren nicht mehr auf ebenjenen Stühlen halten: als Timon und Pumbaa, Erdmännchen und Warzenschwein, daherfegten und uns ihren Gassenhauer „Hakuna Matata“ entgegenschmetterten. Eine historische Kinoerfahrung. Von Antonia Barboric

Mulan
MulanDisney

Mulan

Mein Vater hatte zwei – sehr stumpfe – Attrappen von Samuraischwertern auf einer hohen Kommode stehen. Sie waren nicht besonders authentisch, aber in Kinderaugen doch beeindruckend. Eine Zeit lang zählte es zu meinen liebsten Auswüchsen kindlicher schauspielerischer Ambition, damit eine Schlüsselszene aus „Mulan“ (1998) nachzustellen. Natürlich jene, in der sich die wagemutige Protagonistin die Haare mit einer schwungvollen Bewegung absäbelt. Die kulturelle Ungenauigkeit, mit japanischen Fake-Schwertern eine Szene aus einem US-Spielfilm über das altertümliche China nachzuahmen, sei mir bitte verziehen. Jedenfalls war da diese Frau, die nichts mit Kleidern und Make-up anfangen konnte, die Männer mit Gewitztheit und Eifer in jeder Disziplin schlug und ganz nebenbei den Kaiser vor den Hunnen rettete. Und das alles in einer Zeit, in der Disney sonst nur reihenweise hilflose Prinzessinnen auf die Leinwände projizierte. In meiner Kindheit war die Kämpferin Mulan eine frühe feministische Ikone. Von Sissy Rabl

Hercules
HerculesDisney

Hercules

Es gibt erste Male, an die erinnert man sich ein Leben lang. Disneys “Hercules” war für mich eines davon: Mein allererster Kinobesuch. Das Kino in Wien Alsergrund, in das mich mein Vater damals mitgenommen hat, gibt es nicht mehr, aber meine Faszination für (Disney)-Filme ist geblieben. Bei “Hercules” könnte ich heute noch mitsprechen und -singen. Erzählt wird die Geschichte vom titulären Halbgott und seinem Streben nach Anerkennung.
Am meisten imponiert hat mir aber die Jungfrau in Nöten, die keine sein will: Meg ist schlagfertig, zynisch und anders als andere Mädchen, was in den 90er-Jahren ja sehr en vogue war. Ihr Verhalten ist nicht gerade unschuldig oder gar vorbildlich, aber sie trifft ihre eigenen Entscheidungen und kämpft für das, was sie will. All das macht sie zu einer von Disneys komplexesten weiblichen Figuren. Feministische Ikone wird deshalb noch keine aus ihr, aber für mich war sie die beste erste Leinwand-Heldin. Von Anja Drechsler

Die Hexe und der Zauberer
Die Hexe und der ZaubererDisney

Die Hexe und der Zauberer

Könnte man nur so Koffer packen wie Merlin! Einmal den Zauberstab schwingen, und das gesamte Interieur wandert in Miniaturform in die Tasche. Sich in einen Fisch verwandeln? Auch kein Problem. Fantasie brauche es dazu, erklärt der Zauberer seinem Zögling Artus, und einen Spruch, der dem zerstreuten Weißbart nicht einfallen will. „Aquarius Aquaticus …“ – da schwimmen die beiden schon singend im Burggraben. Die Melodien sind Jahrzehnte nach der Kindheit noch präsent. Walt Disney erwarb die Rechte an T. H. Whites Roman „Das Schwert im Stein“, der ­Coming-of-Age-Geschichte des Königs Artus, kurz nachdem dieser 1938 erschienen war. Es sollte der letzte Zeichentrickfilm aus seinem Studio sein, dessen Kinostart Disney – fast 25 Jahre später – noch miterlebte. Ein Klassiker, der Generationen von Kindern die Artussage schmackhaft machte. Und für Erwachsene? Funktioniert er immer noch. Von Erwin Uhrmann

Frozen
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Die Eiskönigin (Frozen)

Willst du einen Schneemann bauen? Schwierige Frage, in Zeiten der Erwärmung des Erdballs. Wir stellen sie seit drei Jahren trotzdem, die Siebeneinhalbjährige und ich, und geben uns die selbst gedichtete Antwort: „Dann musst du auf den Winter wartääään.“ Zu gut ist dieser Song aus dem Soundtrack von „Frozen“, einem Meisterwerk. Er ist, in seinen zwei Teilen, nicht nur eine spannende, lustige, rührende Abenteuergeschichte. Sondern vor allem eine Story, mit der Disney in der Gegenwart angekommen ist. Hier nehmen die Mädchen (im wahrsten Wortsinn) das Heft in die Hand, und ihr Glück hängt nicht davon ab, artig schmachtend von einem Prinzen errettet zu werden (man denke nur an Prinz Hans von den Südlichen Inseln). Sie dürfen stark und schlau sein, und sagen, was sie wollen. Aber sie dürfen auch zu ihren Ängsten und Schwächen stehen. Von Anna, Elsa, Kristoff, Olaf und Sven können wir alle etwas lernen. Von Oliver Grimm

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