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Branchengespräch

Videotalk: Kleiner Stich, große Wirkung

Andreas Huss, Obmann der ÖGK, Elisabeth Pittermann, Gesundheitssprecherin des Pensionistenverbandes Österreich, und Rudolf Schmitzberger vom Referat für Impfangelegenheiten der Ärztekammer diskutierten unter der Moderation von Köksal Baltaci, „Die Presse“.
Andreas Huss, Obmann der ÖGK, Elisabeth Pittermann, Gesundheitssprecherin des Pensionistenverbandes Österreich, und Rudolf Schmitzberger vom Referat für Impfangelegenheiten der Ärztekammer diskutierten unter der Moderation von Köksal Baltaci, „Die Presse“.Roland Rudolph
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Spätestens seit der Corona-Pandemie ist das Thema Impfen wieder in den Fokus gerückt. Allerdings lassen sich weniger als 40 Prozent der österreichischen Bevölkerung regelmäßig impfen.

Ein kleiner Stich und schon ist man gegen grassierende Viren-Erkrankungen – oder zumindest vor schwerwiegenden Krankheitsverläufen – geschützt. Wo in Österreich bei Kindern und Jugendlichen bis zum Alter von 15 Jahren ein nationales Gratiskinderimpfkonzept greift, vernachlässigen Erwachsene oft empfohlene Prophylaxen wie gegen Influenza oder das RS-Virus. Liegt es an mangelnder Aufklärung und Information, dass die Österreicher im internationalen Vergleich eher zu den Impfmuffeln zählen? Ist es die oft komplizierte Beschaffung von Impfstoffen oder sind es die Kosten? Unter der Leitung von Köksal Baltaci von „Die Presse“ erörterten Andreas Huss, Obmann der ÖGK, Elisabeth Pittermann, Gesundheitssprecherin des Pensionistenverband Österreichs und Rudolf Schmitzberger, vom Referat für Impfangelegenheiten der Ärztekammer das aktuelle Thema.

Auch nach dem Beginn der Erkältungssaison ist es noch nicht zu spät, sich gegen das Corona-, das Influenza- und das RS-Virus impfen zu lassen. Als „Neulinge“ wurden Impfstoffe gegen das RS-Virus erst heuer verfügbar, zugelassen und für alle Personen ab 60 Jahren empfohlen. Einer der Impfstoffe ist auch für die Impfung von Schwangeren zum passiven Schutz von Neugeborenen zugelassen – denn das RS-Virus kann bei Kleinkindern, älteren und vorerkrankten Personen schwere Verläufe nach sich ziehen. Im vergangenen Winter sorgte die Krankheit für Zehntausende schwere Erkrankungen. Allerdings, so Köksal Baltaci, gäbe es bei der Impfung zwei Haken: Sie kostet etwa 250 Euro und es ist nicht zu erwarten, dass die breite Bevölkerung über die Impfung gegen das RS-Virus Bescheid weiß, denn es gab eine Aufklärungsinitiative des Verbandes der Impfstoffhersteller ÖVIH, aber keine nationale Impfkampagne der öffentlichen Hand.

Gute Verträglichkeit

Rudolf Schmitzberger meint, dass die RSV-Impfung für Erwachsene in der Bevölkerung angekommen ist: „Wir Mediziner wissen bereits lang, dass eine RSV-Erkrankung unter Umständen lebensbedrohlich verlaufen kann. Sehr erfreulich ist, dass in so kurzer Zeit zwei Impfstoffe entwickelt wurden. Der Preis dafür ist natürlich eine Bürde, damit die Impfung großflächig angenommen und verabreicht werden soll. Andererseits bin ich durchaus zurückhaltend, dass man sehr wohl die Neuerungen im Impfwesen propagiert, aber daraus nicht immer sofort eine Riesenkampagne macht. Ich glaube, man muss hier die Erfahrungen abwarten, ich weiß aber, dass die Impfung zwar teuer ist, aber sehr gut vertragen wird. Das muss man der Bevölkerung kommunizieren.“

Andreas Huss, Obmann der ÖGK, Elisabeth Pittermann, Gesundheitssprecherin des Pensionistenverbandes Österreich, und Rudolf Schmitzberger vom Referat für Impfangelegenheiten der Ärztekammer diskutierten unter der Moderation von Köksal Baltaci, „Die Presse“.
Andreas Huss, Obmann der ÖGK, Elisabeth Pittermann, Gesundheitssprecherin des Pensionistenverbandes Österreich, und Rudolf Schmitzberger vom Referat für Impfangelegenheiten der Ärztekammer diskutierten unter der Moderation von Köksal Baltaci, „Die Presse“.Roland RUDOLPH

Allerdings sei die RSV-Impfung gerade für jene zu teuer, die sie besonders dringend bräuchten, wirft Elisabeth Pittermann ein: „Es ist sicher für Ältere oftmals nicht leistbar. Ich wünsche mir einen Fonds, aus dem alle Impfungen bezahlt werden, die auf wissenschaftlicher Basis im nationalen Impfplan des Ministeriums als empfohlen gelten. Es ist aber klar, dass das die Gesundheitskassen nicht allein leisten können. Es tut mir in der Seele weh, dass man gerade denen, die die Impfung benötigen würden, sie nicht zur Verfügung stellen kann. Das beginnt aber bereits bei Impfungen wie z. B. gegen Keuchhusten und andere Erkrankungen. Hier muss man in Österreich gemeinsam Wege finden, wie man in der modernen Medizin die Prophylaxe finanziert.“ Für Pittermann sind die elektronische Gesundheitsakte ­Elga und der Impfpass ein riesiger Fortschritt in der Medizin: „Ich verstehe die Impfskepsis nicht.“

Aufholbedarf bei Impfungen

Für den Obmann der ÖGK, Andreas Huss, fristet das Thema Impfungen in Österreich noch immer ein Schattendasein: „Wichtig ist, dass wir das Thema Impfen vor den Vorhang holen. Wir haben in der Corona-Zeit gesehen, dass viele Menschen sehr impfaffin sind. An den internationalen Vergleichszahlen sehen wir aber, dass wir ein Land der Impfmuffel sind. Finnland ist Impf-Europameister und es lassen sich 70 Prozent der Bevölkerung regelmäßig impfen bzw. auffrischen. In Österreich sind das unter 40 Prozent. In Finnland gibt es ein sehr niederschwelliges Impfangebot, bei dem Impfungen weitgehend kostenlos zur Verfügung gestellt werden. Das ist auch der Schlüssel zum Erfolg. Wir haben in Österreich ein etabliertes, kostenfreies Kinderimpfprogramm, das über die Kinderärzte gut funktioniert und hier sind alle Impfungen des nationalen Impfplans sehr niederschwellig enthalten. Ab dem 15. Lebensjahr reißt das schlagartig ab und da fängt das Dilemma in Wirklichkeit an. Wir beginnen heuer erstmals die Influenza-Impfung flächendeckend in ganz Österreich einheitlich auszurollen. Wir, als ÖGK, werden uns auch als Impfkrankenkasse aufstellen und die internen Strukturen demensprechend aufbauen. Dafür haben wir jetzt pro Jahr 90 Millionen Euro zur Verfügung, um ein Erwachsenenimpfprogramm auszurollen. Das bezahlen zu je einem Drittel der Bund, die Länder und die Sozialversicherungen. Wir sind auch bemüht, die RSV-Impfung ins Erwachsenenimpfprogramm aufzunehmen.“

Doch auch diverse Hürden verleiten dazu, empfohlene Impfungen zu vernachlässigen. „Impfungen sind die wesentlichsten Präventionsleistungen, die ein öffent­liches Gesundheitssystem der Bevölkerung anbieten kann. Diese Präventionsleistung müssen wir niederschwellig anbieten und sie muss weitgehend kostenlos sein, wobei man über Rezeptgebühren diskutieren kann. Sehr viel teurer darf es nicht sein. Wir sehen bei der Influenza-Impfung, dass wir mit unseren Hausärzten breit und gut aufgestellt sind. Leider machen nur etwa 50 Prozent aller Kassenärzte mit, aber grundsätzlich bin ich mit dem ersten Jahr zufrieden“, so Huss.

Kostenfaktor als Hindernis

Wie könnte also die Lösung aussehen, die Österreicher zu Impfungen zu bewegen? „Im Kinderimpfprogramm sind wir sehr gut aufgestellt. Wir müssen alle Möglichkeiten des Impfens nützen. Zu Beginn wurde etwa die HPV-Impfung über die Schulärzte angeboten, was nicht funktioniert hat“, erinnert sich Schmitzberger, „Die Kinder und Jugendlichen wollen lieber bei ihrem Arzt geimpft werden. Nun bieten wir die Impfung im schulärztlichen Dienst, im niedergelassenen Bereich und im öffentlichen Gesundheitswesen an. Es ist wichtig, dass man all diese Impfstellen bündelt. Dadurch könnte man das Impfangebot erhöhen.“

Zudem sei der Kostenfaktor ein Hindernis, meint Pittermann, empfohlene Impfungen sollten der österreichischen Bevölkerung kostenfrei angeboten werden. Für Schmitzberger gibt es allerdings noch ein zusätzliches, logistisches Problem, das rasch behoben werden müsse: „Der größte Fehler und Feind des Impfwesens ist der Föderalismus. Für den Bestellvorgang für eine Covid-Impfung gibt es fünf verschiedene Arten in den neun Bundesländern.“ Hinzu kämen zu viel Bürokratie bei Impfungen durch die Hausärzte.

Das unterstreicht auch Huss: „Das Geheimnis ist die Niederschwelligkeit. Die Impfungen müssten am besten kostenlos und auch verfügbar sein. Dass der Impfstoff nun beim Arzt aufliegt, ist auch ein Thema der Niederschwelligkeit.“ Heute ist der Influenza-Impfstoff direkt bei den Hausärzten verfügbar und kann sofort verabreicht werden. „Wenn das alles durchorganisiert ist, wird die Durchimpfungsrate steigen. Ich bin auch ein absoluter Gegner einer Impfpflicht. Wir müssen die Menschen davon überzeugen, dass Impfungen etwas Sinnvolles sind und sie sich freiwillig impfen lassen“, so der ÖGK-Obmann. Pittermann ortet zudem die dringende Notwendigkeit, dass sich die Ärzteschaft und das Gesundheits- und Pflegepersonal empfohlene Impfungen verabreichen lassen sollten, um sich selbst und die ihnen anvertrauten Menschen zu schützen.

PP-UNP-AUT-0476/11.2023

Information

Das Branchengespräch fand in Kooperation mit der „Presse“ statt und wurde von der Pfizer Corporation Austria finanziell unterstützt.


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