Irene Vogel

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Austria'07. Irene Vogel gibt Blinden ein Stück Selbstbestimmtheit wieder zurück.

In den letzten siebzig Jahren hat sich für blinde Menschen eine Menge zum Positiven geändert, und einen beachtlichen Beitrag dazu hat Robert Vogel geleistet, der 1935 die „Hilfsgemeinschaft der später Erblindeten Österreichs“ mitbegründete. Er war selbst im Alter von 19 Jahren – praktisch über Nacht – erblindet und wollte es nicht einfach hinnehmen, dass man wegen einer Behinderung zum Betteln verurteilt sein soll und stellte seinen Einsatz für verbesserte Lebensbedingungen sehbehinderter und blinder Mitbürger zur Verfügung.

Ein Wirtschaftsstudium

Das unermüdliche Engagement sollte zur Familientradition werden. Irene Vogel, die auf Export spezialisierte Absolventin der Wirtschaftsuni und Enkelin Professor Vogels, arbeitet nunmehr schon seit 15 Jahren für die Hilfsgemeinschaft der Blinden und Sehschwachen Österreichs, um den betroffenen Menschen ein selbstbestimmtes möglichst barrierefreies Leben zu ermöglichen oder zu erleichtern.

Der Großvater als Vorbild

Eigentlich hatte sie vorgehabt, erzählt sie im Gespräch mit der „Presse“, sich nach dem Studium ganz ihrem Spezialgebiet zu widmen, doch der Drang, ihr Wissen in die Hilfsgemeinschaft einzubringen und hier im Sinne ihres Großvaters täglich kleine Verbesserungen zu erwirken, war letztlich doch größer.

Ihre Arbeit sieht sie als sehr vielschichtig und abwechslungsreich und auch wenn sie mit Organisationsarbeit betraut sei, so habe sie doch auch viel Kontakt mit den Mitgliedern, die ihr die Freude am Beruf vermitteln. „Es ist kein abgeschottetes Arbeiten.“ Das Schönste an der Arbeit sei es, wenn man einen Menschen kennen gelernt habe kurz nach Eintritt der Sehbehinderung und dann im Laufe der Beratung die Entwicklung bemerke. Wie das Selbstbewusstsein wachse, ein freies Bewegen zunehmend möglich werde und wie die Menschen wieder zu einer neuen Selbstständigkeit finden.

Die Hilfsgemeinschaft berät eigentlich in beinahe allen Lebenslagen. Seien es Tipps zur Umschulung, Förderungen, Pflegegeld, Hilfsmittel oder auch Wohnberatung. Oft kommen auch Angehörige, die eine Sehhilfe als Geschenk erwerben wollen und dann erst merken, wie breit das Angebot ist und ihre betroffenen Angehörigen darauf aufmerksam machen.

Die Beratung erfolgt dabei ganz individuell, weil ja auch jede Augenerkrankung anders sei, jeder Betroffene etwas anderes besser sehe. So hängt es von der Art der Erkrankung ab, welche Kontraste besser wahrgenommen werden und danach kann man sich nicht nur beim Lesen, sondern auch beim farblichen Einrichten der Wohnung richten.

Aber das Angebot geht über die Beratung hinaus. Für die Mitglieder gibt es auch ein breites Freizeit- und Bildungsangebot. Neben Vorträgen „Wie der Erdapfel nach Österreich kam“, gibt es Kurse für Tanz, Sprachen, Bridge, Tarock oder geführte Wanderungen – um nur einen kleinen Auszug zu nennen.

Brillen, Lupen, Filter

Die Mitglieder des Vereins, der sich aus Spenden finanziert und das Spendengütesiegel trägt, organisieren sich auch gerne selbst in der Freizeit. Zwei barrierefrie Häuser in Niederösterreich bieten die Möglichkeit, Urlaub zu machen oder auch auf Dauer zu wohnen. Ein neueres Projekt ist die Low Vision Beratung, die das Restsehvermögen zu verbessern versucht, sei es mit bestimmten Brillen, Lupen oder auch Farbfiltern, die individuell auf die Augen der Betroffenen abgestimmt werden.

Feinsinniger Humor

Was Irene Vogel an ihrer Arbeit schätzt, ist aber vor allem der Zugang der Blinden und Sehschwachen zu ihrer Behinderung, die positive Stimmung, die sie in allen Einrichtungen der Hilfsgemeinschaft verbreiten und der feinsinnige Humor dabei.

Dass heute ganz „normale“ Werbeeinschaltungen für die Hilfsgemeinschaft mit witzigen Spots, wie jenen Trickfilm der beiden Piloten mit getönten Sonnenbrillen, die der Blindenhund ins Flugzeug-Cockpit geleitet, nicht nur möglich, sondern preisgekrönt sind, liege zu einem großen Teil auch an der offenen und humorvollen Art der Betroffenen. Solange sich diese aber in ihrer Bewegungsfreiheit und ihren Wünschen eingeschränkt fühlen, gibt es immer noch Arbeit für Irene Vogel. Arbeit auf die sie sich jeden Tag freut.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 06.09.2007)


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