Ausgezeichnet
Die Big Brother Awards

Der Big Brother Award wird an Personen, Institutionen, Behörden und Firmen vergeben, die sich im Feld der Überwachung, Kontrolle und Bevormundung "ganz besonders verdient gemacht haben."VON GÜNTER FELBERMAYER UND SABINE HOTTOWY
Felbermayer

Am 25. Oktober wurde der Preis, den keiner annehmen will, im Wiener Rabenhof Theater verliehen.
http://www.bigbrotherawards.at

Aktionismus, der an "Drahdiwaberl" erinnerte, beim Eingang des Rabenhofes.
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Der Rabenhof war bis auf den letzten Platz gefüllt - obwohl beim Eintritt scharf kontrolliert wurde: Fingerabdrücke wurden abgenommen und Schubhaft-Bescheide ausgegeben.
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Er hat es nicht geschafft, zur Gala reinzukommen. In der Hand hält er den Schubhaftbescheid, ausgestellt vom "Bundesministerium für Folter und Deportation". Als Rechtsmittelbelehrung: "Bringen's a Berufung ein, die hauen wir in' Reißwolf rein."
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Auch alle Taschen wurden durchleuchtet. Und die "Security" fand immer "verdächtige Sachen".

Hier sieht man so ungefähr genau das Gegenteil der "Versteckten Kamera".

Einige der Gala-Besucher hatten die Satire der Aktionskünstler jedoch nicht gleich durchschaut.

Die Gewinner in den verschiedenen Kategorien bekommen einen Preis und einen Platz in der Hall of Shame, so wie ihre Vorgänger aus den letzten acht Jahren.
http://www.bigbrotherawards.at

In verschiedenen Kategorien werden Awards vergeben. Von Finanzen über Politik über Kommunikation bis zum Bereich "Lebenslanges-Ärgernis-Elisabeth-Gehrer-Preis für die nachhaltigste Annäherung an die Romanvorlage 1984".
(c) Bruckberger

Barbara Mayerl vom "Format" "übergab" den Award in der Kategorie Business und Finanzen an die Taxi-Innung. Denn: "Es gibt wohl kein zweites Gewerbe, in dem die Mitarbeiter so lückenlos überwacht werden wie im Taxi-Geschäft."
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Schulministerin Claudia Schmied bekam den Award in der Kategorie Politik von Helmut Spudich vom "Standard" überreicht. Begründung: "Skandalkosmetik um die Bildungsevidenz."
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Die Aktionskünstler von "monochrom" bei ihrer Showeinlage - einem Musical rund um das Thema Kontrolle der Daten.

Ausgezeichnet für sein Lebenswerk wurde Krone-Herausgeber Hans Dichand. Begründung der Jury: "Ein Leben als Manipulator der Republik". Rainer Nikowitz vom "profil" hielt das Laudatio demonstrativ im Krone-Jackerl.
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Gerald Votava als Laudator in der Kategorie Kommunikation und Marketing: Der haushohe Favorit machte das Rennen - die Fernsehserie C.S.I. Diese Sendung "präsentiert Rasterfahndung, DNA-Analysen und die Aushebelung von Bürgerrechten unkritisch, verharmlosend und gefährlich einseitig".
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Die Girlie-Band "maronif" erklärte dem Publikum, warum Deutsche so furchtbar sind: Nämlich "weil sie überall sind".

Peter Purgathofer von der Technischen Universität in Wien hatte dann eine besondere Freude, nach all den negativen Kategorien den Positivpreis "Defensor Libertatis" vorstellen zu können. Der Preisträger: Karl Korinek, oberster Verfassungsrichter der Republik. Er hatte im September 2007 im Zusammenhang mit der Terror-Bekämpfung vor einem Abrutschen in einen totalen Überwachungsstaat gewarnt.
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Die Teilnehmer an der jurylosen Volkswahl entschieden sich - keine große Überraschung - mehrheitlich für den österreichischen Minister für Inneres, Günther Platter.
(c) APA

Die Einführung des Begriffs "präventive Anhaltung" und sein Beharren auf dem "Bundestrojaner" hattenInnenminister Günther Platter gleich zweimal auf die Liste der Nominierten gebracht. Weitere Begründung: "Die Idee, so genannte Hooligans während der Fussball-EM ohne konkreten Anlass und unter Strafandrohung auf Polizeiwachstuben vorzuladen, passt in den vorherrschenden Trend zum 'pro-aktiven' Umgang des Staats mit seinen Bürgern."
(c) AP (Zak)

BZÖ-Justizsprecherin Helene Partik-Pable wurde wegen ihres Plädoyers für Präventivhaft in die Liste der Noniminierten aufgenommen: "Gerade für eine gelernte Juristin ist die Verwendung eines derartigen Begriffs bezeichnend. Er besagt präzise, was gemeint ist und was verlangt wird und was Frau Partik-Pable vom Rechtstaat an sich hält."
(c) APA (Pfarrhofer)

"Fingerprint-Fetischist" und BZÖ-Chef Peter Westenthaler findet sich so wie jedes Jahr unter den Nominierten, weil er allen Ausländern in Östereich Fingerabdrücke abnehmen und in einem zentralen Register speichern will.
(c) APA (Leodolter)

Die ÖBB hat sich ihre Nominierung als "Überwachungs-Musterunternehmen" hart erarbeitet: 130 Nahverkehrszüge und 160 Bahnhöfe mussten dafür mit Videokameras ausgestattet werden.
Die Presse (Fabry)

Die Wiener Linien wurden ebenfalls für ihre Bemühungen in Sachen Videoüberwachung ausgewählt. Besonders pikant: Der Überwachte - also der Fahrgast - wird in Form von Fahrpreiserhöhungen für das Service zur Kasse gebeten.
APA (Roland Schlager)

Auch der niederösterreichische Sicherheitsdirektor Franz Prucher wurde für seine filmerischen Ambitionen nominiert. Er sprach sich für eine "lückenlose Videoüberwachung der Autobahnen" aus. Damit würde jede "Flucht sinnlos" und folglich auch die Kriminalitätsrate gesenkt.
(c) Die Presse (Fabry)

EU-Justizkommissar Franco Frattini hat seinen Platz auf der Liste der Pflege transatlantischer Beziehungen zu verdanken. In einem neuen Abkommen zur Weitergabe von EU-Passagierdaten kam er den USA so weit wie möglich entgegen. So werden jetzt auch Kreditkartennummern oder Essensvorlieben übermittelt - und frühestens nach 15 Jahren wieder gelöscht.
(c) AP (Gregorio Borgia)

Die US-Fernsehserie "C.S.I." wurden dafür nominiert, Bürgerrechte als lästiges Detail und deren Überschreitung als Notwendigkeit zur Überführung von Tätern darzustellen.
(c) AP

Wie fast jedes Jahr, hätte Google auch heuer wieder einen Big Brother Award abräumen können. Zur Last gelegt werden dem US-Konzern die Drohung, Google Mail Deutschland zu sperren, die zeitlich unlimitierte Speicherung von Suchabfragen und die Weigerung über die gespeicherten Daten Auskunft zu erteilen.
(c) AP (Ben Margot)

Der Internet Explorer 7, Microsofts neuester Browser, wurde für besonders feinsinniges Vorgehen nominiert. Die Mitprotokollierung des Surf-Verhaltens wurde beim Explorer 7 in ein unverdächtiges Sicherheits-Feature verpackt.
(c) Microsoft