Die Kuh, das große „Klima-Schwein“

Die Kuh und das Auto - ein Vergleich, der sich aufdrängt.
Die Kuh und das Auto - ein Vergleich, der sich aufdrängt.(c) EPA (Eddy Risch)
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Umwelt. Eine einzige Kuh belastet die Umwelt genauso stark mit Treibhausgasen wie ein Kleinwagen, der 18.000 Kilometer zurücklegt. Und das mit kräftiger finanzieller Unterstützung der Steuerzahler.

Wenn es um die Steuerung der Welt-Temperatur geht, kennen Regierungen keinen Spaß. Schon gar nicht die heimische. Österreich spielt zwar in der internationalen Liga der Klima-Retter eine eher kleinere Rolle, die Einwohner des Landes blasen ja nur ein paar Zehntelprozent aller Treibhausgase in die Luft. Umso ambitionierter geht Österreich gegen die Belastung der Atmosphäre mit den schädlichen Treibhausgasen vor. Damit die „globale“ Temperatur (die es zwar nicht gibt, aber wir wollen nicht kleinlich sein) in 100 Jahren auch mit österreichischer Beteiligung um ein paar Zehntelgrade sinkt.

Dagegen ist per se nichts einzuwenden. Auch von jenen nicht, die in der von Al Gore verkündeten „Unbequemen Wahrheit“ weniger eine Wahrheit sehen – und deshalb das Etikett „Leugner“ auf der Stirn picken haben. Womit es sich leben lässt. Nicht so gut leben lässt es sich freilich im „Smog“: Egal, ob arm oder reich, ob „Leugner“ oder „Zeuge“ der von Menschenhand verursachten Klima-Erwärmung. Weshalb es schon einmal sehr vernünftig ist, wenn wir so sparsam wie möglich mit fossilen Energieträgern umgehen.

Despoten ist nichts verboten

Zudem schadet es auch ganz bestimmt nicht, wenn wir uns schön langsam Alternativen zur „Droge Öl“ überlegen. Schaffte es der Westen, sich aus der Abhängigkeit der nicht sonderlich sympathischen Despoten aus Mittelamerika, dem Nahen Osten und Russland ein wenig zu befreien, wäre das ja auch schon etwas.

Österreich zielt aber weniger auf Entzug von der Droge Öl ab, als vielmehr auf den Kampf gegen die globale Erwärmung. Und da heißt es für die Verbraucher eben „brennen“: Über hohe Steuern und Abgaben verteuert der Staat den Verbrauch fossiler Energieträger, um so den Ausstoß von Treibhausgasen zu minimieren. Die Regierung, die ziemliche Probleme damit hat, das Budgetdefizit des nächsten Jahres im Griff zu haben, versucht auf diese Art und Weise die Welt-Temperatur zu regeln. Das hat den angenehmen Nebeneffekt, dass der Staat im Namen einer guten Sache neue Steuern einnimmt, die er zur freien Verfügung hat.

Klima-Abgaben sind hierzulande nämlich seit den frühen 90er Jahren nicht mehr „zweckgebunden“. Weshalb sie von jeder Regierung für alles Mögliche verwendet werden können – etwa zum Stopfen von Budgetlöchern.

Mit zweierlei Maß gemessen

Die Industrie wird seit Jahren über hohe Auflagen und Umweltabgaben zur verantwortungsbewussten Herstellung von Waren angehalten und Auto fahren wird wohl auch nicht mehr billiger werden. So werden „Spritfresser“ ab 2008 eine höhere „Normverbrauchsabgabe“ zahlen.

Für ein „besseres Klima“ scheut die Regierung auch vor unpopulären Maßnahmen nicht zurück. Was im engagierten Kampf gegen die Erwärmung allerdings ein wenig irritiert, ist eine festzustellende Nachlässigkeit: Während nämlich Industrie und Autofahrer in die Ziehung kommen, wird auf große Sünder „vergessen“. Eine der zentralen Klima-Fragen müsste nämlich lauten: Und was ist eigentlich mit der Kuh?

Jedes einzelne (!) dieser herzigen und durchaus nützlichen Viecher stößt nämlich im Jahr so viele Treibhausgase aus wie ein Kleinwagen, der 18.000 Kilometer zurücklegt. Zudem setzt die Herstellung eines Kilogramms Käse in etwa so viele Treibshausgase frei wie eine 70 Kilometer lange Autofahrt in einem verbrauchsarmen Pkw. Zahlen, die nicht etwa von Mercedes Benz oder Volkswagen kommen, sondern vom WWF – dem World Wide Fund for Nature.

Bei zwei Millionen (vierbeinigen) Rindviechern im Land kommt da schon was zusammen. Nicht zu vergessen: Der Dünger auf den heimischen Feldern setzt Unmengen von Lachgas frei. Das ist wiederum jenes Gas, das laut WWF das Klima 310-mal stärker belastet als das CO2.

Das ist natürlich kein österreichisches Phänomen: Weltweit ist die Landwirtschaft ein ähnlich großer Emittent von Treibhausgasen wie die Sektoren Verkehr und Industrie. In hoch entwickelten Ländern wie Österreich dreht sich die Bilanz naturgemäß zu Lasten der Industrie, die hierzulande in etwa 3,5 Mal so viel Treibhausgase in die Luft bläst wie die Landwirtschaft. Allerdings bei einer 20 Mal höheren Wirtschaftsleistung .

Jetzt könnte man natürlich polemisch einwenden, dass Massenschlachtungen von Kühen vermutlich auch nicht die Lösung im Klima-Kampf sein werden. Es fordert schließlich auch niemand die Trockenlegung der Meere, nur weil dort das Treibhausgas Nummer eins freigesetzt wird: Wasserdampf (der sich übrigens in keiner Treibhaus-Statistik findet).

Der WWF fordert auch keine Schlachtung der Kühe – sondern eine Klima-Steuer auf landwirtschaftliche Betriebe im Sinne des Verursacherprinzips. Dadurch sollten die Emissionen der Landwirtschaft um 30 Prozent gesenkt werden, wie es auch von anderen Industriezweigen gefordert wird. Ganz nach dem Motto: Wenn schon, denn schon.

Allerdings wird sich Österreichs Regierung mit Klima-Steuern auf landwirtschaftliche Betriebe wohl nicht allzu leicht tun. Immerhin wird derzeit ja noch jede Kuh mit zwei Euro pro Tag subventioniert (EU und Nationalstaaten). So gesehen gibt es klimatechnisch gesehen zwei Kategorien von Treibhausgas-Emittenten: Die einen, die dafür zahlen, die Umwelt zu belasten – und die anderen, die dafür bezahlt werden.


franz.schellhorn@diepresse.com("Die Presse", Print-Ausgabe, 17.11.2007)


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