Gezuckerte Steaks, Fische im Holzpyjama und schwarze Butter: Wir wussten wohl doch noch nicht alles übers Grillen.
15.01.2019 um 23:38
Txogitxu heißt das neue Uraltrindfleisch aus dem Baskenland, das beim Artner auf dem Franziskanerplatz als Steak auf den Grill kommt. Doch der neue Küchenchef, François Laliberté, versteht sich auch auf Gemüse mit Holzkohlenaroma. „Momentan grillen wir natürlich Spargel“, die dicken Stangen aus dem Marchfeld werden vorgekocht, die dünneren dürfen direkt auf den Jospergrill (what else?). Selten verwendet, steht auch Chicorée auf der Karte. „Die Bitterstoffe passen zu fetteren Speisen wie einer Chorizo.“Text: Roland Graf (Schaufenster Magazin)
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Noch heiß kommt das gegrillte Gemüse in die Vinaigrette, die es förmlich aufsaugt. Für den Heimgrill empfiehlt der Frankokanadier einen italienischen Klassiker – Peperonata: „Paprika nimmt das Raucharoma ebenfalls bestens auf.“ Laliberté grillt die Schoten indirekt im Ganzen, bis die Haut schwarze Blasen wirft, und schält sie dann. In Streifen geschnitten und mit Knoblauch, Petersilie, Olivenöl, Salz und Pfeffer abgeschmeckt, begleitet sie z. B. den Tintenfisch. Vom Grill? „Bien sur!“ Artner, Franziskanerplatz 5, 1010, Floragasse 6, 1040 Wien.
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Der Doppelgrillweltmeister formuliert es deftig: „Man muss nicht immer im Öl sein.“ Adi Matzek begrüßt den Trend zur minimalen und trockenen Fleischwürzung. Nicht nur, weil damit weniger Fett in die Glut tropft: „Fleisch mit Salz und Pfeffer zu würzen reicht, um den Eigengeschmack zu genießen.“ Dementsprechend finden sich nur Rubs im Kochbuch, das der Horner mit dem Göttlesbrunner Haubenkoch Adi Bittermann geschrieben hat („Steaks mit Adi & Adi“).
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Für die in Österreich immer beliebtere Methode des indirekten Grillens zwischen 90 und 150 Grad (das Smoken) heißt es ohnehin umdenken. „Dabei ist Rauch im Spiel, daher kommt sehr oft auch Zucker dazu, um den Räuchergeschmack etwas abzuschwächen.“ So mörsert Matzek nicht nur Salz, Fenchelsamen, Bockshornklee, Chili und Tellicherrypfeffer, sondern auch Rohrzucker für seinen „Adi Rub“. Praktisch alle großen Stücke, die traditionell in heißem Rauch dahinziehen, sollten also auch „gezuckert“ werden. „Steaks mit Adi & Adi“, Pichler-Verlag, 24,99 Euro, grillschule.at Tellicherrypfeffer gibt es etwa von Terre Exotique, bei Selection Neubauer, Porzellangasse 50, 1090 Wien, oder (bio) bei Die Pfefferei, www.diepfefferei.at.
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4000 Kilo Hochrippe aus dem Alpenvorland, 3000 Kilo Rib Eye vom US-Angus-Beef und zwei Tonnen Rindsfilet beträgt der Jahresverbrauch im Auracher Löchl in Kufstein. Schuld an diesem Grilloutput ist nicht der Name von Küchenchef Alfred Holzfeind (obwohl er natürlich passt wie Pfeffer zum Steak), sondern sind die beiden Spezialgriller des 600 Jahre alten Hauses. Dabei beginnt das Zeremoniell wie im Fischlokal: Das rohe Fleisch wird bei Tisch präsentiert und für den Gast vom ganzen Stück geschnitten. Dass das Fleisch bereits dann Zimmertemperatur hat, während der Josper-Grill mit Holzkohle auf knapp 500 Grad aufgeheizt wird, ist dabei ein ganz wesentlicher Punkt. Ebenso wie das Rasten des beidseitig gegrillten Rindfleischs.
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Holzfeinds besonderer Trick lässt sich auch ohne spanischen Supergrill kopieren: Bevor das Steak serviert wird, übergießt er es mit schwarzer Knoblauchbutter. Dafür wird Knoblauch 40 Tage gereift und dann in der Pfanne mit Butter sautiert – sozusagen „dry aged“ drunter und drüber. Auracher Löchl: Römerhofgasse 4, 6330 Kufstein. Schwarzer Knoblauch erhältlich etwa bei Merkur.
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Der Anfangsofen war bald zu klein. Seit etwa einem Jahr hat das Lokal Speisesaal (übrigens ein Hotelrestaurant, in das auch Einheimische gehen) einen richtig wuchtigen Holzofen. David Tax hat sich für diesen einiges überlegt. Er grillt hier nicht nur ganze Melanzani à la Ottolenghi, um sie mit Granatapfelkernen und Joghurt zu servieren, sondern auch Lammburger, Tin Can Chicken (auf einer Puntigamer-Dose) oder Schweinsschulter zu Quasi-Pulled-Pork (das echte kommt aus dem Smoker). Und David Tax grillt Fisch. Aber nicht direkt, sondern in Buchenholz gewickelt. „Im Holzpyjama“ heißt das hier.
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Das Furnier bestellt er bei einem Tischler, vor dem Grillen muss es gewässert werden. Forellenfilets oder andere Fische werden eingewickelt, mit wassergetränktem Spagat zugebunden und gegrillt. Das Holz – man könnte mit verschiedenen experimentieren oder Australian Paperbark bestellen – liefert Aromen und, „zugegeben“, schindet Eindruck. Speisesaal im Hotel Weitzer, Grieskai 12–16, Graz. Furniere beim Tischler, Australian Paperbark bei Zum Kochen, Theodor-Körner-Str. 37, Graz, oder zumkochen.at.
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Baseballkappe statt Hauben: Seit Jahresbeginn werkt Thomas Walkensteiner, ehemaliger Küchenchef im Schloss Fuschl, für die Akademie des Salzburger Gewürzhändlers Wiberg. Er entwickelt Rezepte wie Gegrillte Wassermelone mit Schafkäse und buntem Pfeffer (jenem von Wiberg – Überraschung!). Bei der Verwendung von Kräutern auf dem Grill rät Walkensteiner aber zur Mäßigung: „Wenn es um starke Hitze geht, sind einige von ihnen echte ‚Sensibelchen‘.“ Petersilie, Kerbel und Schnittlauch nennt er „brandgefährliche“ Würzkräuter. Die Alternative für Kräuterfans: Schonend garen, nur indirekte Hitze verwenden oder Fleisch und Fisch erst am Ende mit einer Marinade aus Öl und Kräutern bestreichen.
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Wer für Extrageschmack (und Aufsehen) sorgen will, steckt das Grillgut statt auf schnöde Holz- oder Metallspieße auf Rosmarinzweige, Zimtstangen oder Zitronengras. „Auch die Äste von Haselnussstauden können zweckentfremdet werden“, rät für mehr Abwechslung der Witzigmann-Schüler. Grillgewürze: Wiberg, im Magazin in Salzburg, Ingo Holland, bei Sussitz in Klagenfurt, Terre Exotique, bei Selection Neubauer, Babette’s, beides in Wien.
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Das Wichtigste beim Spanferkelgrillen? „Eine Kiste Bier“, zögert Fleischermeisterin Doris Steiner aus Sollenau nicht mit der Antwort. Der Laie unterschätze gern die Wartezeit, wenn man das ganze Tier auf dem Spieß serviert. Acht Stunden beträgt diese im Idealfall, „nach vier ist es außen schwarz und am Knochen noch roh“. Die Niederösterreicherin und ihr Mann Franz grillen auf ihrem Anhänger im Sommer jedes Wochenende neun Ferkel zwischen Wien und Eisenstadt. Für den Hobbygriller wäre ein 20-Kilo-Schwein perfekt, „aber das reicht für 30 Leute – und die sollten Hunger haben“. In jedem Fall empfiehlt sich die Vorbestellung beim Fleischer des Vertrauens, denn das Ferkel soll Biss haben („Milchferkel sind oft zu weich“). Außerdem hat der Profi meist auch den Kühlraum für das vorgewürzte Tier. Vier Tage sollte die trockene Würzmischung einziehen. Steiner kennt aber ihre Pappenheimer, und so gibt es auch einen „Shortcut“ für Ungeduldige: „Würzlake aus Salz, Knoblauch und etwas Rosmarin kann man auch am Vorabend mit einer Spritze injizieren.“ Aber letztlich gilt für alle größeren Stücke auf dem Grill: langsam und mit weniger Hitze angehen. Man kann ja dazwischen ein Bier trinken. Oder zwei. Fleischerei Steiner und Spanferkelcatering, Hauptplatz 15, 2601 Sollenau, www.steiner.fleischer.at.
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Fleisch auf den Rippen
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