OGH: Stiftungszuwendungen sind für Unterhalt relevant

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Ein Stifter lässt seinem Patenkind jährlich Zuwendungen zukommen. Nach der Trennung will auch die Ehefrau daran partizipieren.

Wien.Ein unterhaltspflichtiger Ehemann erhielt einmal im Jahr eine wertgesicherte Zuwendung aus einer von seinem Patenonkel gegründeten Privatstiftung. Dieser fühlt sich zur Unterstützung des Mannes moralisch verpflichtet, er ist nämlich der Ansicht, sein Patenkind sei von seinem Vater immer „sehr kurz gehalten worden“, obwohl er sehr tüchtig sei. Die widerruflichen Ausschüttungen an den Mann sind vom Stifter dafür gedacht, dass sich der Begünstigte „leichter tut“. Bei der Einräumung der Stellung als Begünstigter der Stiftung hatte der Mann noch keine Sorgepflichten.

Das hat sich in der Zwischenzeit geändert. Der Mann hat mittlerweile geheiratet und ist Vater dreier Kinder, hat aber seine Familie 2011 verlassen. Zwischen den Eheleuten ist ein Streit über die Höhe des Unterhalts entbrannt. Die Ehefrau steht auf dem Standpunkt, dass bei der Berechnung des Unterhalts auch die jährliche Zuwendung des freigiebigen Patenonkels einbezogen werden müsse. Der Ehemann ist – wenig überraschend – gegenteiliger Auffassung.

So kam es dazu, dass der Oberste Gerichtshof (OGH) in dem Beschluss 1 Ob 56/14p sich erstmals mit der Frage zu beschäftigen hatte, ob Stiftungszuwendungen in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzufließen haben. „Der OGH kam zu dem Ergebnis, dass Zuwendungen aus einer Stiftung, in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sind, solange ein Rechtsanspruch auf diese besteht, etwa wenn diese satzungsmäßig vorgesehen sind“, sagt Erich Gibel, Partner bei der Kanzlei Gabler Gibel & Ortner. Er vertrat die Ehefrau des Begünstigten. „Solang also der Anspruch des Mannes gegen die Privatstiftung auf die jährlichen Ausschüttungen besteht, handelt es sich um regelmäßige Einkünfte im Sinne des §94 Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch (ABGB), die bei der Berechnung des Unterhaltsanspruchs der Ehefrau zu berücksichtigen sind,“ sagt Gibel. Die Zuwendungen des Patenonkels erhöhten die Einkünfte des Unterhaltspflichtigen aus anderen Quellen und stünden ihm ohne besondere Einschränkungen zur freien Verfügung, begründet der OGH seine Entscheidung. Es sei nicht zu erkennen, warum seine Frau und Kinder daher nicht daran partizipieren sollten, fallen doch etwa auch vom Unterhaltsverpflichteten bezogene Unterhaltsleistungen in die Bemessungsgrundlage.

Widerrufsrecht für Anspruch irrelevant

Auch die Tatsache, dass es dem Stifter nach der Stiftungsurkunde jederzeit möglich ist, ohne Angaben von Gründen die Zuwendungen an sein Patenkind zu widerrufen, steht dem Rechtsanspruch nicht entgegen – ergo der Zurechnung zur Grundlage zur Unterhaltsbemessung auch nicht. „Das ist auch logisch, denn bei jedem Dauerschuldverhältnis besteht theoretisch die Möglichkeit zur Kündigung. Solang aber die Kündigung nicht ausgesprochen ist, besteht auch ein Rechtsanspruch auf das, was im Dauerschuldverhältnis vereinbart worden ist“, sagt David Stockhammer, Associate bei der Kanzlei Gabler Gibel & Ortner.

Die Entscheidung ist bemerkenswert, zumal der OGH in der Vergangenheit schon mehrmals die Ansicht vertreten hat, dass freiwillige Zuwendungen die Grundlage der Unterhaltsbemessung nicht erhöhen. Allerdings betraf diese Judikatur stets zweckgewidmete (Sach-)Zuwendungen Angehöriger, wie etwa kostenloses Wohnen zu Hause bei den Eltern oder ein ausschließlich aus familiären Gründen für Privatfahrten zur Verfügung gestellter Pkw. „Sachzuwendungen wohnt naturgemäß eine Zweckwidmung inne. Wenn Eltern dem Unterhaltspflichtigen eine kostenlose Wohnmöglichkeit zur Verfügung stellen, ist der Zweck klar das Wohnen. Anders verhält es sich bei Geldleistungen, die grundsätzlich nicht zweckgebunden sind“, so Stockhammer. Auf diese Sachzuwendungen bestand deshalb im Unterschied zum beschriebenen Fall kein Rechtsanspruch.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 26.06.2014)


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