Patienten, Ärzte und ihre Bedürfnisse

Radikales Umdenken gefordertZur Gesundheitsreform.
Regelmäßig werden die österreichischen Staatsbürger mit der Misere der Krankenkassen konfrontiert. So, wie es nach wirtschaftlichen Überlegungen aussieht, wird unser Gesundheitssystem in Zukunft kaum zu finanzieren sein. Eine Verletzung führte mir nun vor, dass es nicht ohne radikales Umdenken gehen wird.

Vor drei Tagen wurde ich nach einem Unfall in eines der größten Spitäler unseres Landes gebracht. Nach der Diagnose Seitenbandriss wurde mir eine Operation in Aussicht gestellt, acht Wochen Krankenstand wären die Folge gewesen. Ich lehnte ab, verließ auf Eigenverantwortung das Spital und ließ meinen Arzt mein Bein ansehen. Der meinte, dass solche Verletzungen schon lange nicht mehr operiert werden müssen. Ich habe nun eine Schiene und für sieben Tage Krücken, mit einer Physiotherapie konnte ich noch am Tag der Verletzung beginnen, und bald werde ich wieder arbeiten können. Die Kosten für all das muss ich allerdings selbst tragen. Natürlich wären eine OP mit Krankenhausaufenthalt, Liegegips, dann Gehgips in Verbindung mit einem langen Krankenstand wesentlich teurer gewesen, wohl auch schmerzhafter für mich. Die Krankenkasse hätte aber alles bezahlt.

Offensichtlich geht es gar nicht immer um das Beste für den Patienten, sondern darum, wie man Geld von der Kasse bekommen kann. Eigentlich eine Frechheit, wie man ein System kaputt macht. Zumindest mein Glaube an dessen Zukunft ist erschüttert. Ohne radikales Umdenken wird es nicht gehen!

Walter Baar
2020 Hollabrunn

Krankenkasse putzt sich abÜber die Köpfe der eigentlich Betroffenen, nämlich der Patienten, hinweg wird eifrig diskutiert und, wie so oft in Österreich, droht wieder eine Lösung weitab vom gesunden Menschenverstand. Nur Vollidioten glauben, dass die billigste Lösung immer die beste ist. Als Patient verwehre ich mich aufs Schärfste dagegen, dass meinem Arzt das Recht genommen werden soll, mir das für mich am besten geeignete Medikament zu verschreiben, und ich in Zukunft Gefahr laufe, von drei Apothekern fünf verschiedene Medikamente angedreht zu bekommen. Es steht den Sozialversicherungen frei, für eine bestimmte Diagnose einen maximalen Kostenersatz festzulegen. Wenn es aber bessere Medikamente gibt und ich im Einvernehmen mit meinem Arzt mir diese leiste, dann hat mir die Versicherung gefälligst den festgelegten Maximalsatz zu ersetzen, weil sie den auf alle Fälle tragen müsste. So soll es in Zukunft sein. Heute putzt sich zumindest die GKK Steiermark ab und zahlt in solchen Fällen überhaupt nichts. Wenn ich schon zwangsweise einer Versicherung zugewiesen werde, so bedeutet das nicht, dass ich ihr auch meine Gesundheit anvertraue. Täte ich das, würde ich ja gleich das zuständige Ambulatorium aufsuchen.

DI Dr. Gustav Preininger

8010 Graz

ÜberdurchschnittlichMittlerweile finde ich es äußerst befremdlich, mit welcher Regelmäßigkeit der Verdienst von Ärzten zum Thema gemacht wird. Welchen Zweck hat dies? Soll somit die Widerstandskraft der Ärzte gegenüber den unausgegorenen Ideen des Gesundheitsministeriums gebrochen werden, weil in der Bevölkerung so der Anschein erweckt wird, dass es hier eh nur die „Reichen“ trifft? Maßlos enttäuscht bin ich, da jedesmal die Bedingungen für den angesprochenen überdurchschnittlichen Verdienst unter den Tisch gekehrt werden: Das Studium ist eine der härtesten und längsten universitären Ausbildungen überhaupt, die Neueröffnung einer Ordination kann locker mehrere hunderttausend Euro kosten, selbstständige Ärzte gehören weiters zu den Top-Steuerzahlern, da ihnen weder die Ein-Mann-GmbH noch die Vergünstigungen eines 13. und 14. Monatsgehalts offenstehen, und dass Ärzte eine überdurchschnittliche Verantwortung tragen, ist ohnehin selbstredend. Wie wäre es damit, öfters darauf hinzuweisen, was Vorstände in den diversen Krankenanstaltsgesellschaften so verdienen? Denn 100.000 bis 230.000 Euro dafür, dass man das richtige Parteibuch hat, ist nicht schlecht bemessen.

Mag. Lukas Harb
1080 Wien

Schwachstellen des Systems„Seltsame Nebenfronten“, Meinung, von Martina Salomon, 9. Mai
Im Papier der Sozialpartner wird in der Tat kaum auf die Bedürfnisse der PatientInnen eingegangen. Ein Zurückfahren des niedergelassenen Bereiches und eine Beurteilung des Kassenarztes nach ökonomischen Kriterien führt (wie in Deutschland) dazu, dass gerade teure Patienten (Tumorpatienten, chronisch Kranke, Drogenpatienten etc.) in die Spitäler überwiesen werden, was dort zu Kapazitätsengpässen führt. Leidtragend sind insbesondere besonders hilfebedürftige und finanziell schlecht gestellte Kranke. Verstärkter Druck auf niedergelassene ÄrzteInnen durch Befristung von (Einzel-)Verträgen schadet daher den PatientenInnen. Übrigens sind in Österreich die Ausgaben für Gesundheit laut den offiziellen Daten der Statistik Austria auf das Bruttoinlandsprodukt bezogen seit 1996 nicht gestiegen.

In diesem Zusammenhang ist es wirklich unverständlich, warum Sozialpartner und Regierungsparteien nicht versuchen, gemeinsam mit Ärzten die wirklichen Schwachstellen des Systems, wie z.B. Schnittstellen zwischen Spital, Pflegeheimen und niedergelassenem Bereich zu verbessern, sondern die Diskussion nur um Macht und Einfluss verschiedener Institutionen und Körperschaften geht.

Ao. Univ. Prof. Dr. Thomas Szekeres
Vizepräsident Ärztekammer für Wien

("Die Presse", Print-Ausgabe, 14.05.2008)

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