Die von der Regierung am Dienstag beschlossene Streichung des Amtsgeheimnisses soll 2016 in Kraft treten - vorausgesetzt FPÖ oder Grüne liefern die nötige Zweidrittelmehrheit. Erstmals hätten die Bürger damit ein Grundrecht auf Zugang zu behördlichen Informationen, hieß es bei der Präsentation. Allerdings sind weitreichende Ausnahmen vorgesehen. Für parlamentarische Anfragen würden diese Beschränkungen aber nicht mehr gelten.
(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Derzeit sind sowohl Amtsgeheimnis als auch Auskunftspflicht in der Verfassung verankert. Dies führt dazu, dass sich Behörden bei Anfragen nach dem bestehenden "Auskunftspflichtgesetz" im Zweifel oft für die Geheimhaltung entscheiden. Kern der Neuregelung ist die Streichung des Amtsgeheimnisses und (anstelle der Auskunftspflicht der Behörden) ein Auskunftsrecht für die Bürger. Dieses "Recht auf Zugang zu Informationen" dürfte nur bei Vorliegen konkreter Geheimhaltungsgründe verweigert werden. Zweite wesentliche Änderung: Müssen Behörden derzeit nur Auskunft über Informationen geben, wäre künftig auch Akteneinsicht möglich.
(c) APA (Robert Parigger)
Vorgesehen sind sechs Geheimhaltungsgründe: zwingende außen- und integrationspolitische (also EU-politische, Anm.) Gründe; nationale Sicherheit und Landesverteidigung; Aufrechterhaltung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit; die "Vorbereitung einer Entscheidung"; die "wirtschaftlichen und finanziellen Interessen einer Gebietskörperschaft"; und die "Wahrung überwiegender berechtigter Interessen eines anderen" (z.B. Datenschutz). Außerdem kann per einfachem Gesetz der Schutz "gleich wichtiger öffentlicher Interessen" angeordnet werden.
(c) BilderBox (BilderBox / Erwin Wodicka)
"Informationen von allgemeinem Interesse" sollen Behörden von sich aus im Internet veröffentlichen. Als Beispiele nennen die Erläuterungen Statistiken, Gutachten und Studien sowie allgemeine Erlässe - etwa zur Auslegung von Steuergesetzen. Weitere Beispiele dafür wären Flächenwidmungspläne, Tätigkeitsberichte und Geschäftsordnungen.
(c) Bloomberg (Krisztian Bocsi)
Was nicht automatisch veröffentlicht wird, aber auch nicht der Geheimhaltung unterliegt, sollen Behörden auf Anfrage veröffentlichen. Geregelt werden soll das entsprechende Prozedere in einem "Informationspflichtgesetz" des Bundes sowie in neun Landesgesetzen. Für das Bundesgesetz liegt derzeit nur eine Punktation vor. Die Frist für die Beantwortung der Anfragen (derzeit acht Wochen) ist damit vorerst ebenso offen wie deren Kosten. Wird ein Informationsbegehren abgelehnt, sind Klagen beim zuständigen Verwaltungsgericht und beim Verfassungsgerichtshof möglich. Nicht geplant ist ein Informationfreiheitsbeauftragter, der über die Einhaltung der Regeln wacht. Als Beispiele für künftig zu veröffentlichende Unterlagen nennt das Kanzleramt u.a. die Ergebnisse von Vorzugsstimmen bei Gemeinderatswahlen, die bisher teils unter Verschluss blieben, oder Ministerratsprotokolle.
(c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
Eine deutliche Einschränkung der Informationspflicht gibt es für Kammern: Sie müssen lediglich ihren Mitgliedern Auskunft gewähren. Informationen von allgemeinem Interesse müssten sie nach Einschätzung des Kanzleramts aber trotzdem offenlegen.
(c) www.BilderBox.com (www.BilderBox.com)
Das Fragerecht der Nationalratsabgeordneten (Interpellationsrecht) würde übrigens nicht mehr vom Amtsgeheimnis beschränkt. Abgeordnete würden nach Ansicht des Kanzleramts damit also mehr Informationen erhalten als bisher. Allerdings dürften Anfragebeantwortungen, die vertrauliche Informationen enthalten, nicht veröffentlicht werden. Garantieren soll das die parallel zur U-Ausschuss-Reform geplante Informationsordnung des Parlaments.
(c) APA/ROLAND SCHLAGER (ROLAND SCHLAGER)
Die rot-schwarzen Reformpläne
Dieser Browser wird nicht mehr unterstützt
Bitte wechseln Sie zu einem unterstützten Browser wie Chrome, Firefox, Safari oder Edge.