Franken-Kredite: Stop-Loss-Orders haben versagt

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Die Konvertierungen erfolgten zum teureren Kurs. Konsumentenschützer schießen sich auf die Banken ein und orten "klassische Fehlberatung".

Mit einer Stop-Loss-Order wird festgelegt, dass bei einem Kurs unterhalb der aktuellen Notierung ein Verkaufsauftrag ausgelöst werden soll. Grundsätzlich soll das Instrument Anlegern helfen, bereits erzielte Gewinne zu sichern und Verluste zu begrenzen. Auch zahlreiche Franken-Kreditnehmer haben versucht,  ihre Darlehen mit einer Stop-Loss-Order knapp unter dem Mindestkurs der Schweizer Nationalbank (SNB) von 1,20 Franken gegenüber dem Euro abzusichern. Damit sollte grundsätzlich das Wechselkursrisiko begrenzt werden.

Bei der Franken-Freigabe am vergangenen Donnerstag funktionierte das Instrument jedoch nicht, kritisiert der Verein für Konsumenteninformation (VKI). Die Orders wurden zu weit tieferen Kursen - bei 1,00 oder sogar darunter – ausgeführt, d.h. in Euro-Kredite konvertiert. Die Situation sollte jedoch nicht überraschen , denn der Stop-Kurs garantiert noch keinen bestimmten Kurs, sondern löst eine Verkaufsorder aus. Und der Verkaufskurs kann wie im Franken-Fall auch deutlich tiefer liegen.

RLB OÖ: "Expliziter Hinweis"

Dadurch wurden in der vergangenen Woche die realisierten Verluste aus den Franken-Krediten deutlich erhöht. Oft sei dadurch ein Schaden in deutlich fünfstelliger Höhe eingetreten, so die Konsumentenschützer. "Das ist ein Fall einer klassischen Fehlberatung" sagt Peter Kolba, Leiter der Abteilung Recht beim VKI zur "Presse". Geschädigte Kreditnehmer haben nach Ansicht der Konsumentenschützer potenziell Ansprüche gegenüber ihrer Bank. Beim VKI laufen die Telefone heiß, zahlreiche Franken-Kreditnehmer suchen rechtlichen Rat.

Die Raiffeisenlandesbank Oberösterreich (RLB OÖ) verweist gegenüber der "Presse" auf die Vertragsunterlagen. Jeder Kunde mit einem Fremdwährungskredit, der eine Stop-Loss-Order abschließt, werde im Rahmen einer mündlichen Beratung explizit auf die möglichen Folgen hingewiesen, sagte Raiffeisen-Pressesprecher Harald Wetzelsberger. Im Vertrag sei "dargestellt, was der Mechanismus einer Stop-Loss-Order tut und auslöst", so Wetzelsberger. Die Anteil der Fremdwährungskredite an der Gesamtzahl der an Privatkunden vergebenen Kredite wird von der RLB OÖ mit 2,4 Prozent beziffert.

Stop-Loss-Orders habe es "nur in wenigen Einzelfällen" gegeben. Zumal man bei Raiffeisen der Ansicht ist, dass eine Stop-Loss-Order keine Devisenkursabsicherung sei.
Sie bieten somit in bestimmten Marktsituationen keinen effizienten Schutz vor Kursverlusten. Dies sei insbesondere dann der Fall, wenn es kurzfristig zu heftigen Kursschwankungen an den Kapital- bzw. Devisenmärkten kommt.

Für rasche Kursänderungen "potenziell ungeeignet"

"Vor Augen hatte man in diesem Zusammenhang gerade auch das Risiko eines Wegfalles der Kursstützung durch die Schweizer Nationalbank und folgende Kursturbulenzen - also genau jenen Fall, der am 15.1.2015 eingetreten ist. Tatsächlich ist die Stop-Loss-Order allerdings in derartigen Konstellationen kein Instrument zur Verlustbegrenzung, sondern eher zur Verlustmaximierung", so der VKI.

Bei raschen Kursveränderungen - wie anlässlich der Franken-Freigabe - sei das Instrument "potenziell ungeeignet", wie die Praxiserfahrung zeige. Auch von Sachverständigenseite werde dies bestätigt. "Für Banken hätte eigentlich klar sein müssen, dass derartige Limit-Order in solchen Konstellationen ungeeignet sind. Dennoch wurden Limit-Order mit Kreditnehmern vereinbart, welche das Verlustrisiko begrenzen wollten", kritisiert Kolba.

Was tun gegen falsche Konvertierung

Der VKI empfiehlt betroffenen Kreditnehmern Ansprüche gegenüber ihrer Bank geltend zu machen. Es erscheint aus Sicht des VKI äußerst fraglich, ob Limit-Order als taugliche Grundlage für eine Konvertierung zu einem ganz anderen als aus Sicht des jeweiligen Konsumenten vereinbarten Ausstiegskurses herhalten können. Konsumenten konnten nämlich wohl berechtigterweise davon ausgehen, dass eine Konvertierung im Sinn einer Verlustbegrenzung nur zum vereinbarten Kurs erfolgt und nicht zu einem davon völlig abweichenden Kurs durchgeführt wird.

Der VKI vertritt auch die Sichtweise, dass unter Umständen auch die Geltendmachung eines sogenannten Vertrauensschadens möglich sei - also jenes Schadens, den Kreditnehmer im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Limit-Order erlitten haben. Dafür spricht u.a. die fehlende Eignung einer Limit-Order zur Verlustbegrenzung in derartigen Konstellationen und eine potenziell in den bekannten Fällen - fehlende Aufklärung der Bank über die (Nicht-)Wirkungsweisen und potenzielle Schäden im Zusammenhang mit derartigen Limit-Ordern.

Rund 6000 österreichische Haushalte werden noch 2015 die Auswirkungen der Franken-Freigabe in ihrem eigenen Geldbörsel zu spüren bekommen. Im Schnitt werden sie für ihren Frankenkredit um 33.000 Euro mehr zurückzahlen müssen, als ohne Aufwertung. Laut FMA werden noch heuer vier Prozent der Fremdwährungskredite fällig, in Summe sind es rund 1,2 Mrd. Euro.

Stop-Loss-Order

Eine Stop-Loss-Order ist ein Verkaufsauftrag, in der Regel für Aktien, der dann bestens ausgeführt wird, wenn der aktuelle Kurs einen von Ihnen vorgegebenen Kurs erreicht oder unterschreitet.

(APA/red.)

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