Ausgerechnet er wurde Israels Chefdiplomat - dabei ist Diplomatie kaum der hervorstechendste Charakterzug des Avigdor Lieberman. Der Chef der ultranationalistischen Partei Yisrael Beitenu (Unser Haus Israel) macht lieber durch markige Worte als durch wohlabgewogene Äußerungen von sich reden, seine bevorzugte Zielscheibe sind die arabischen Israelis. So schockierte der 50-Jährige in der Vergangenheit mit der Aussage, arabischstämmige Abgeordnete mit Kontakten zur radikalislamischen Hamas müssten hingerichtet werden.
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Im Wahlkampf forderte er von arabischen Israelis unter dem Schlagwort "Kein Bürgerrecht ohne Loyalität" einen Treueschwur auf den Staat Israel. Bei seinen Gegnern trug ihm dies den Ruf eines "Rassisten" und "Faschisten" ein.
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Noch lieber als zu reden handelt Lieberman aber, so hat er selbst es zumindest einmal formuliert, und ein "Man sollte nicht zuviel reden" hinzugefügt. Passenderweise verdiente er seinen Lebensunterhalt nach der Übersiedlung von Moldawien nach Israel im Jahr 1978 denn zunächst auch als Türsteher eines Nachtclubs.
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Später schloss er sein Studium der Sozialwissenschaften an der renommierten Hebrew University ab, leistete seinen Militärdienst und begann dann seinen Aufstieg im rechten Spektrum der israelischen Politik. Nach Jahren in der Likud-Partei gründete Lieberman seine eigene Partei: Unser Haus Israel.
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Liebermans Ziel ist es, möglichst viele Stimmen von Einwanderern aus der früheren Sowjetunion zu holen - mit Erfolg. Schon als die Lieberman-Partei 1999 erstmals bei den Wahlen antrat, holte sie vier Sitze in der Knesset, bei den nächsten Wahlen im Jahr 2002 waren es schon elf. Bei der jüngsten Wahl im Februar gewann die Partei 15 der 120 Knesset-Mandate, so viele, dass Yisrael Beitenu zur drittstärksten Kraft wurde - und jetzt mit dem Likud unter dem designierten Regierungschef Benjamin Netanyahu eine Koalitionsregierung bilden will.
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Zwar sind die Einwanderer aus der früheren Sowjetunion noch immer Liebermans starker Rückhalt - sie machen mittlerweile mehr als eine Million der gut sieben Millionen Einwohner Israels aus. Doch nach der dreiwöchigen Offensive der israelischen Armee im Gazastreifen ist auch der Zuspruch unter gemäßigten Israelis für Lieberman gewachsen, Umfragen zufolge hat er vor allem bei Erstwählern eine Menge Anhänger. Nach Ansicht seiner Unterstützer ist der bärtige, bullige Lieberman genau das, was Israel jetzt braucht: Ein Politiker, der das Land mit fester Hand in eine sicherere Zukunft führen will.
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Weder in der Zusammenarbeit mit Netanjahu noch als Minister ist Lieberman unerfahren: Schon Mitte der 90er Jahre arbeitete er - damals noch als Likud-Mitglied - als Netanyahus Kabinettschef. Ministerposten hatte Lieberman bereits dreimal inne: als Infrastruktur-Minister von 2001 bis 2002, als Verkehrsminister 2003 und 2004 und schließlich als Minister für strategische Angelegenheiten in den Jahren 2007 und 2008.
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Seit Jahren kursieren Korruptionsvorwürfe gegen Lieberman. In den nächsten Tagen soll er von der Polizei deshalb verhört werden. Liebermans Popularität taten die Korruptionsvorwürfe bisher aber keinen Abbruch, sie förderten sie ganz im Gegenteil sogar noch. Umfragen zufolge nämlich waren viele Israelis davon überzeugt, dass es sich im Endspurt des Wahlkampfs um einen politisch motivierten Schritt handelte.