Sag mir, was du isst, und ich sag dir, was du schreibst

Über die oftmals recht seltsamen Essgewohnheiten von Journalisten.

Magdalena Klemun hat für „Leben“ eine Geschichte über ein verstörendes Phänomen geschrieben: Es gibt Menschen, die nicht etwa, weil sie arm wären, sondern aus Prinzip in Mülltonnen stierln. Freeganer nennen sich diese Zeitgenossen, sie ernähren sich deshalb von weggeworfenem Essen, weil sie damit gegen Supermarktketten protestieren wollen, die Essen wegwerfen.

Von Müll, allerdings nur im übertragenen Sinn, ernähren sich auch viele Redakteure in unserer Erdberger Buchstabenhalle. Seit wir in einem Großraumbüro zugange sind, ist ja alles transparenter geworden, auch das Essverhalten. Was da von der Leberkässemmel bis zur Stelze (Thomas Seifert!) angeschleppt wird, hebt den Cholesterinspiegel schon beim Riechen. Wobei die größte Geruchsbelästigung die Außenpolitik entwickelt. Gefürchtet sind die Massenbestellungen, die Helmar Dumbs beim Kroaten vis-à-vis aufgibt: Dann darf sich die ganze Redaktion, Onliner inklusive, an der adriatischen Duftnote laben. Wenigstens sind Fisch und Knoblauch gesund. Wie ja überhaupt auch bei uns das Gesundheitsbewusstsein steigt. Als vorbildlich muss Olliver Mayer, einer der Art-Direktoren der „Presse am Sonntag“, gelten, der sich in der Redaktion ausschließlich mit Obst und Rohkostgemüse stärkt; Würstel isst er erst nach Dienstschluss.

Tofukönig und Avantgardist der Biofraktion ist der Infografiker Gregor Käfer. Die Schar seiner Jünger wächst. Auch die Mittagsrunden um Meinungsredakteurin Katharina Ertl, die sich in der Lobby zumindest 15 Minuten (und damit mehr als viele andere) Zeit fürs Essen nimmt, sind ziemlich bio.

Dass Redakteure ständig zum Essen eingeladen werden, ist ein Mythos. Am besten hat es noch der Nowak: in seiner Nebenfunktion als Gastrokritiker, aber auch das nur abends und sicher nicht vegan. CU

christian.ultsch@diepresse.com

("Die Presse", Print-Ausgabe, 12.04.2009)

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