Der Fall Kampusch
Chronologie: Eine Entführung, elf Jahre Aufregung

Vor mehr als elf Jahren wurde Natascha Kampusch entführt, vor zweieinhalb Jahren gelang ihr die Flucht.
Immer wieder sorgt der Fall seitdem für Aufregung
Im Folgenden eine Chronologie der Ereignisse.
Immer wieder sorgt der Fall seitdem für Aufregung
Im Folgenden eine Chronologie der Ereignisse.
(c) APA (MARKUS LEODOLTER)

2. März 1998
Natascha Kampusch verschwindet auf dem Weg zur Schule. In der Früh verlässt sie die elterliche Wohnung am Rennbahnweg, um die Volksschule am Brioschiweg zu besuchen. Dort kommt sie jedoch nie an.
(c) Die Presse (Clemens Fabry)

Eine groß angelegte Suchaktion bleibt ohne Erfolg.
(c) AP

3. März 1998
Eine Schülerin erzählt der Polizei, dass sie beobachtet hat, dass Kampusch in einen weißen Bus mit Gänserndorfer Kennzeichen gezerrt worden ist.
(c) EPA / Bundeskriminalamt

27. März 1998
Die Polizei gibt bekannt, 700 weiße Kleinbusse aus Wien und Umgebung zu überprüfen.
(c) APA / Bundeskriminalamt

1. April 1998
Neuerlich sucht ein Großaufgebot der Polizei nach dem Mädchen: Zu Lande, in der Luft und unter Wasser fahnden die Beamten nach Kampusch.
(c) AP

6. April 1998
Wolfgang Priklopil wird in Strasshof von Beamten des Sicherheitsbüros aufgesucht. Er hat einen weißen Lieferwagen, den er laut eigener Aussage für Bauarbeiten benutzt. Alibi für die Tatzeit habe er keines. Die Ermittler machen Fotos und fahren wieder nach Wien.
(c) APA / Bundeskriminalamt

14. April 1998
Ein Hundeführer der Wiener Polizei macht das Sicherheitsbüro erneut auf den Entführer in Strasshof aufmerksam. Der "Eigenbrötler" habe Kontaktprobleme und habe eventuell Waffen. Außerdem solle er sexuell einen "Hang zu Kindern" haben, warnt der Beamte. Er will aber nicht namentlich auftauchen und wird in den Akten anonym geführt. Der Kriminalbeamte bringt den Hinweis zu Papier und gibt ihn seinem Vorgesetzten weiter.
(c) APA (Repro/Hans Klaus Techt)

Juli 2002
Der Fall wird einer neuen "SOKO Kampusch", geleitet von der burgenländischen Kriminalabteilung, übergeben. "Manchmal befindet man sich in einer festgefahrenen Situation, eine Sichtweise von Außen kann da durchaus weiterhelfen", heißt es aus dem Innenministerium
(c) AP (Ronald Zak)

Juli 2004
Das Bundeskriminalamt lässt auf dem Amtshilfeweg überprüfen, ob es beim Verschwinden Nataschas einen Zusammenhang mit den Taten des französischen Serienmörders Michel Fourniret gibt.
(c) APA (Hans Klaus Techt)

23. August 2006
In Strasshof taucht eine Frau auf, die behauptet, Natascha Kampusch zu sein. Sie sei jahrelang von einem Mann gefangen gehalten worden und habe nun die Flucht gewagt. In einem Garten unweit ihres Gefängnisses bittet sie eine Frau um Hilfe, die daraufhin die Polizei verständigt.

Die Eltern von Kampusch werden verständigt, die die junge Frau eindeutig als ihr Kind identifizieren.
(c) Die Presse (Clemens Fabry)

Als ihr Entführer, Wolfgang Priklopil, entdeckt, dass Kampusch die Flucht gelungen ist, steigt er in seinen roten BMW und rast davon. In Wien wirft sich der 44-Jährige vor einen Zug.
(c) APA

Priklopil ist sofort tot.
(c) APA

24. August 2006
Die Ermittler geben bekannt, dass es sich bei der jungen Frau tatsächlich um Natascha Kampusch handelt. Die damals 18-Jährige hat an der selben Stelle eine Narbe wie das damals zehnjährige Mädchen.
(c) EPA

Außerdem ist bei der Tatortbegehung in Strasshof in dem Verlies Nataschas Reisepass gefunden worden.

Dass Kampusch ihrem Peiniger entkommen konnte, liegt an dem lockeren Umgang, den Priklopil zum Schluss an den Tag gelegt hat. Er hat das Mädchen auch zu Einkäufen und Ausflügen mitgenommen, sagen die Ermittler.
(c) Die Presse (Fabry)

Am Tag der Flucht sollte Kampusch das Auto Priklopils reinigen. Wegen des Lärms hat er sich einige Meter entfernt, um ein Telefongespräch zu führen. Diesen Moment nützte Kampusch für ihre Flucht.
(c) APA

Es wird außerdem bekannt, dass die Behörden seit 1999 mehrmals in das Haus des Entführers kamen, Kampusch wurde dabei aber nicht entdeckt. Das Mädchen war in einer Montagegrube unter der Garage versteckt. Das Verlies war durch eine Tresortür gesichert.

Kampusch flüchtet, Ministerin beschönigt
Ministerin Prokop und der Ermittlungsleiter Nikolaus Koch dementieren Ermittlungsfehler. Priklopil habe bei einer Überprüfung ein stichhaltiges Alibi vorweisen können. Im Akt vom 6. 4. 1998 steht das Gegenteil.
(c) APA (Roland Schlager)

6. September 2006:
Natascha Kampusch stellt sich erstmals seit ihrem Entkommen den Medien. In Interviews mit "News", "Kronen Zeitung" und dem ORF sagt sie unter anderem: "Ich dachte nur an Flucht."
(c) AP (RONALD ZAK)

5. Februar 2008
Der ehemalige Bundeskriminalamts-Chef Herwig Haidinger sorgt im Innenausschuss des Parlaments für einen Eklat. Dabei spricht er auch von Hinweisen, die zu einer früheren Aufdeckung des Falls Kampusch geführt hätten, aber vertuscht worden seien.
(c) AP (Ronald Zak)

Tags darauf setzt Innenminister Günther Platter (ÖVP) eine Evaluierungskommission in der Causa fest, der letztendlich der ehemalige Verfassungsgerichtshof-Präsident Ludwig Adamovich vorsteht.
(c) Die Presse (Clemens Fabry)

18. April 2008:
Nachdem in Medien geheime Akten des Falls Kampusch aufgetaucht sind, entbrennt ein heftiger politischer Schlagabtausch um undichte Stellen im Innenministeriums-Untersuchungsausschuss. Kampusch selbst übt heftige Kritik an der Weitergabe und der Veröffentlichung der Akten.
(c) Hans Klaus Techt

11. Juni 2008
Die Evaluierungskommission übergibt ihren Bericht zum Fall Kampusch dem Innenminister. Im Kern steht darin, "dass die sachdienlichen Ermittlungsansätze bisher nicht vollständig ausgeschöpft wurden". Im deutschen Magazin "stern" wird berichtet, dass die Polizei in der Causa die Ermittlungen wieder aufnimmt. Das wird dementiert.
(c) Roland Schlager

18. September 2008:
Der Prozess Brigitta Sirnys gegen den pensionierten Richter Martin Wabl wird abgeschlossen. Wabl behauptet fortgesetzt, Sirny wäre an der Entführung ihrer Tochter beteiligt gewesen.
(c) EPA (Markus Leodolter)

23. Oktober 2008:
Der Fall Kampusch wird neu aufgerollt. Das Innenministerium setzt eine Kommission ein, die sich mit den ungeklärten Fragen aus dem Bericht der Evaluierungskommission auseinandersetzen soll. Beispielsweise geht es um die Aussage einer bei der Entführung Zwölfjährigen, die von zwei Tätern berichtete.
(c) EPA (Markus Leodolter)

17. März 2009
Das Landesgericht in Graz hat in zweiter Instanz das Urteil in der Causa Brigitta Sirny - Martin Wabl bestätigt. Damit ist laut dem Gericht keine ordentliche Revision mehr zugelassen. Wabl war zur Unterlassung der Behauptung verurteilt worden, Brigitta Sirny, sei an einem möglichen sexuellen Missbrauch sowie an der Entführung ihrer Tochter beteiligt gewesen.

Mai 2009
Es gab in der achteinhalb Jahre andauernden Entführung von Natascha Kampusch auf jeden Fall Mitwisser. Ganz sicher, sagt einer, der sich in den vergangenen Monaten fast ausschließlich damit beschäftigte, im Gespräch mit der Presse. Ob es sich auch um Mittäter handle, müsste nach Abschluss der neuerlichen Polizeiarbeit das Gericht klären, heißt es.

15. Juli 2009
Die Soko Kampusch darf die Akten - auf die Anregung des neu eingesetzten Grazer Oberstaatsanwalts Thomas Mühlbacher - unter bestimmten Sicherheitsvorkehrungen einsehen. Bisher wurde das aus Angst vor der Veröffentlichung intimer Details nicht erlaubt. Die Oberstaatsanwaltschaft erteilte nun eine entsprechende Weisung.
(c) APA (MARKUS LEODOLTER)