„Ein gutes Bier erkennt man auch am Tag danach“

Heinrich Kiener
Heinrich Kiener(c) Stiegl
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Seit 100 Jahren ist die Stiegl-Brauerei im Mehrheitsbesitz der Familie Kiener. Heinrich Dieter Kiener sieht sich als Unternehmer „zwischen Bauer und Brauer“.

Salzburg. Für Heinrich Dieter Kiener ist 2015 ein besonderes Jahr. Es ist das Jahr, in dem ein Herzensprojekt umgesetzt worden ist. Das Bier-Gut Wildshut. Seit Mai ist es in Betrieb und für Besucher geöffnet. In St. Panaleon an der salzburgerisch-oberösterreichischen Grenze werden fast schon in Vergessenheit geratene Getreidesorten angebaut, um damit Bier zu brauen. Weingüter gibt es hierzulande viele. Aber Bier-Gut gibt es nur eines. Jenes von Stiegl.
Für Stiegl-Geschäftsführer und Mehrheitseigentümer Heinrich Dieter Kiener ist das Bier-Gut Wildshut mehr als ein neues Geschäftsfeld, mehr als ein idyllischer Bier-Themenpark. Es ist auch ein Ausdruck seiner persönlichen Unternehmensphilosophie. Kiener sieht sich als Unternehmer „zwischen Bauer und Brauer“, erzählt er im Gespräch mit der „Presse“. Wenn heute von Nachhaltigkeit in der Wirtschaft die Rede sei, dann seien damit bäuerliche Tugenden gemeint. „Kreislaufwirtschaft“, sagt Kiener. Langfristiges, ökologisches Denken, hohe Qualitätsansprüche, starke Mitarbeiterbindung. Das habe aus der Salzburger Brauerei den größten österreichischen Bierkonzern gemacht. Stiegl beschäftigt in Österreich insgesamt 700 Mitarbeiter. Neben der Brauerei in Salzburg Maxglan und dem Bier-Gut Wildshut hat Stiegl weitere neun Niederlassungen in Österreich.
Das Wort Konzern würde Kiener allerdings in Anbetracht der Größenverhältnisse in seiner Branche für seinen Betrieb nicht gelten lassen. Erst vor wenigen Tagen wurde bekannt, dass Bier-Weltmarktführer Anheuser-Busch Inbev die Nummer zwei SAB Miller schlucken möchte. Käme diese Megafusion zustande, wäre ein Drittel des weltweiten Biermarkts in einer Hand. Auch Österreichs größte Brauerei, die Brau Union, mit Sorten wie Gösser, Zipfer und Schwechater gehört längst Heineken, dem drittgrößten Bierkonzern der Welt.
Stiegl ist verglichen mit den internationalen Biergiganten ein Zwerg. „Ziel ist es, als Österreichs führende Brauerei zu gelten“, sagt Kiener. Deshalb setzt er ganz auf Rotweißrot. 85 Prozent der Wertschöpfung bleibt in Österreich. Der Hopfen kommt aus dem Mühlviertel, das Malz aus dem niederösterreichischen Weinviertel. Den Vertragsbauern werden faire Preise bezahlt.
Der Exportanteil ist verschwindend gering. Stiegl-Bier wird fast ausschließlich in Österreich getrunken. „Unsere Farben sind Rot und Weiß“, sagt Kiener. Und wenn 50.000 Fußballfans das österreichische Nationalteam im Stadion anfeuern, schwenken sie rot-weiß-rote Stiegl-Fahnen.
1492, das Jahr, in dem Columbus Amerika entdeckt hat, ist auch das Gründungsjahr der Stiegl-Brauerei. Seit etwa 100 Jahren ist sie nun in Besitz der Familie Kiener. Für Heinrich Dieter Kiener stellt Stiegl einen „Gegenpol zu den großen Bierriesen dar“. Das Sortiment der Privatbrauerei erstreckt sich über mehr als 20 Biere. Vielfalt statt Einheitsbräu, lautet die Devise. Stiegl ist schließlich Mitglied des Vereins Slow Brewing, einem Klub für Prädikatsbrauereien. Woran man gutes Bier erkennt? Nicht nur am Geschmack, sagt Kiener: „Gutes Bier erkennt man auch am Tag danach.“ (gh)


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